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MeinungLetzte Ausfahrt: Die Linke vor der Spaltung

Meinung / Letzte Ausfahrt: Die Linke vor der Spaltung
Amira Mohamed Ali kandidiert nicht mehr für den Fraktionsvorsitz der Partei Die Linke Foto: Michael Kappeler/dpa

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Wie lange geht das noch gut? Die Linke steht vor der größten Zerreißprobe ihrer Geschichte als gesamtdeutsche Partei. Die Ankündigung von Amira Mohamed Ali, aus politischen Gründen nicht mehr für den Fraktionsvorsitz im Bundestag zu kandidieren, ist nur die Spitze eines sehr großen Eisberges aus Missverständnissen, aus Missgunst, aus Konkurrenz und politischen Überzeugungen, die einfach nicht mehr zusammengehen. Die Partei steht, wenn nicht noch eine grundlegende Wende gelingt, vor der Spaltung. Ob die Linke das überlebt, ist mehr als fraglich. Ob eine neue Partei, mit deren Gründung die langjährige Linken-Ikone Sahra Wagenknecht seit Monaten kokettiert, ein Projekt wird, das nach einem ersten Strohfeuer tatsächlich eine Basis hat, ist ebenfalls offen. Eine Parteineugründung ist harte Arbeit. Wagenknecht muss sich sehr genau überlegen, ob sie das kann – nach Burn-out und Zwangspause von der Politik vor gut vier Jahren. Vor allem: Wer will schon mit einem Flop von der politischen Bühne abtreten?

Doch wenn nicht alles täuscht, ist der Austritt einer Gruppe von Abgeordneten um Wagenknecht und Mohamed Ali nur noch eine Frage der Zeit. Wäre die Noch-Fraktionschefin Mohamed Ali vom eigenen Verbleib in ihrer Partei noch überzeugt, müsste sie nicht derart formal auf etwas Selbstverständliches verweisen: Sie sei erstens Mitglied bei der Linken, was stimmt, und zweitens werde man (also sie) sehen, was die Zukunft bringe. Das klingt schon wie ein leises Abschiedslied, komponiert von Wagenknecht, die die Linke bereits auf dem Weg zur bedeutungslosen Splitterpartei sieht. Alles ziemlich traurig, was die Linken da mit sich selbst veranstalten, weil sie wissen sollten, dass eine Rückkehr in den Bundestag, wenn sie erst mal raus sind, sehr schwer werden dürfte. Letzte Ausfahrt. Auf der anderen Seite konnte sich die Parteiführung die Hinhaltetaktik von Wagenknecht, die nicht mehr für die Linke für den Bundestag kandidieren will, nicht länger bieten lassen. So wenig Bekenntnis ist Statement genug.

Partei für jene, denen es nicht so gut geht

Eigentlich war die Linke schon immer zwei (oder mehr) Parteien in einer, ein quasi eingebauter Dauerkonflikt. Ostdeutsche Reformer wie auch alte Apparatschiks stritten mit westdeutschen Vertretern der reinen Lehre über den richtigen Kurs der Partei, die 2007 aus ostdeutscher PDS und westdeutscher WASG zur gesamtdeutschen Partei Die Linke wurde. Heute will die Linke Bewegungspartei sein, die mit Klimaaktivisten demonstriert und die Flüchtlingshelferin Carola Rackete ins Spitzenteam für die Europa-Wahl im kommenden Jahr holt. Die Linke würde und wird von einem Teil der Bevölkerung, dem es nicht gut geht, zur Wahrnehmung ihrer Interessen gebraucht – aber nicht in diesem desolaten Zustand. So schafft sich die Linke selbst ab. Im Prinzip könnte der Elder Statesman der Partei, Gregor Gysi, seine Rede vom Göttinger Parteitag 2012 heute wieder halten, als er auf offener Bühne über Hass in der Bundestagsfraktion sprach und dazu aus der Bergpredigt zitierte: „Liebet eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.“ Die Linke muss jetzt sehr viel beten – für Zusammenhalt.