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Wirtschaft„Improof“ für eine gerechtere Ökonomie: CSL stellt neue Plattform vor

Wirtschaft / „Improof“ für eine gerechtere Ökonomie: CSL stellt neue Plattform vor
CSL-Direktor Sylvain Hoffmann, Kommunikationsberater Nermin Plavsic und Wirtschaftsberater Dylan Theis stellten am Donnerstag die neue Reflexionsplattform „Improof“ vor Foto: Editpress/Didier Sylvestre

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Die Arbeitnehmerkammer CSL hat am Donnerstag die neue Reflexionsplattform „Improof“ vorgestellt. Sie soll in erster Linie ein elektronisches Angebot sein, aber nach und nach durch Diskussionsrunden und Konferenzen ergänzt werden.

Die Webseite ist unter der URL improof.lu erreichbar. Der Name ist eine Anlehnung an die englischen Begriffe „proof“ (Beleg, Fakten) und „improve“ (verbessern). Letzteres soll dazu beitragen, die Wirtschaft im Sinne einer größeren sozialen Gerechtigkeit und einer besseren Umweltverträglichkeit zu verbessern, erklärt CSL-Direktor Sylvain Hoffmann. „Proof“ erhebe den Anspruch, sich bei den Reflexionen auf faktenbasierte Analysen zu beziehen und die Wissenschaftlichkeit hervorzuheben. 

Es ist aber ganz klar, dass die Plattform nachher autonom funktionieren soll, unabhängig von der CSL

Sylvain Hoffmann, CSL-Direktor

„Die Initiative, aber auch die Finanzierung der Plattform gehen auf die Arbeitnehmerkammer zurück“, sagt Hoffmann. „Es ist aber ganz klar, dass die Plattform nachher autonom funktionieren soll, unabhängig von der CSL.“

Die dreisprachige Reflexionsplattform (auf Deutsch, Französisch und Englisch) befasst sich mit aktuellen und zukünftigen Problematiken, die unsere Wirtschaft betreffen. Zu den Zielen der Initiative zählt Hoffmann die Aufklärung über bestimmte ökonomische Phänomene. Es sollen neue Daten und Analysen ins Gespräch gebracht werden. Dazu sollen analytische Artikel bestimmte Phänomene aufarbeiten und auf der Plattform veröffentlicht werden, sagt er. Auch neue Ideen sollen auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt werden.

Bessere Arbeitsbedingungen

Die Schwerpunkte der Plattform sind Themen aus der Wirtschafts- und Sozialpolitik, sagt Hoffmann, um etwa Verbesserungen bei gesellschaftlichen Entwicklungen anzuspornen. Dabei werde das Kernthema der CSL, die Arbeit, im Mittelpunkt stehen, etwa bessere Arbeitsbedingungen. Auch das Thema Nachhaltigkeit werde eine wichtige Rolle spielen. Weitere Themen sind laut Hoffmann eine gerechtere Gesellschaft, eine bessere Umverteilung, Vorgehen gegen Ungleichheiten, Aus- und Fortbildungen oder neue Arbeitsformen. Die bereits online gestellten Artikel auf der Webseite behandeln unter anderem die Themen Ungleichheit, Steuersystem und Arbeitswelt.

Bei den Autoren handelt es sich um Personen, die teils bei der CSL angestellt sind, sagt Hoffmann. In jüngster Zeit wurden mehrere junge Leute im juristischen und ökonomischen Bereich eingestellt. Die Artikel seien inhaltlich aber nicht von der CSL abgesegnet, sondern würden unter dem persönlichen Namen des jeweiligen Autors stehen, präzisiert der CSL-Direktor. Daneben greife man auf externe, nationale und internationale Autoren zurück. Ein Koordinationskomitee, das teils aus CSL-Mitarbeitern besteht, berate darüber, welche Themen für die kommenden Artikel relevant sind und welche Autoren, intern und extern, dafür infrage kommen, so der CSL-Direktor. Beim Inhalt mische sich die CSL nicht ein.

Der Kommunikationsberater Nermin Plavsic ist der Koordinator des Blogs. „Zurzeit befinden sich bereits neun Artikel von verschiedenen Autoren auf der Internetseite“, berichtet er. Einer davon ist ein Interview in englischer Sprache mit dem bekannten Ökonomisten und Autor Branko Milanovic, das sowohl in Textform als auch als YouTube-Video verfügbar ist. Der Blog ist in die verschiedenen Themenbereiche unterteilt. Einer der Autoren ist der ökonomische Berater der CSL, Dylan Theis. Er hat einen Artikel auf Französisch über die Ungleichheiten beim Vermögen in Luxemburg verfasst.

Ungleichheiten in Sachen Vermögen

Um exemplarisch zu illustrieren, was die Reflexionsplattform beinhaltet, geht Dylan Theis auf den Inhalt seines Artikels „Zoom sur les inégalités du patrimoine au Luxembourg“ ein. Hierin wird ein Fokusthema des Blogs, die Ungleichheit, analysiert. Der Artikel hat sich laut Theis mit der allgemeinen Annahme beschäftigt, dass die Ungleichheit beim Vermögen in Luxemburg größer ist als jene beim Gehalt aus einer Beschäftigung. Dazu gebe es allerdings nicht viele Daten in der öffentlichen Debatte, sagt er. Deshalb wollte er in seinem Artikel diese Daten anführen und erklären, damit sie in der Öffentlichkeit eine größere Sichtbarkeit erlangen. Dabei ging er folgenden Fragen nach: Wie stark ist die Ungleichheit tatsächlich? Wie konzentriert ist das Vermögen in Bezug auf die Haushalte?

Theis hat die gesammelten Daten zum Vermögen in zehn Zehntel eingeteilt. Dabei stellt das erste Zehntel die ärmsten und das letzte Zehntel die reichsten Haushalte dar. Dabei stellte er fest, dass die zehn Prozent der Haushalte mit dem meisten Vermögen mehr als die Hälfte des gesamten Vermögens in Luxemburg besitzen. „Das bedeutet, dass diese zehn Prozent mehr Vermögen haben als die anderen 90 Prozent der Haushalte“, erklärt Theis.

In Luxemburg seien zudem 65 Prozent der Bürger Hauseigentümer, was ebenfalls zu diesem Vermögen zählt. „Zählt man von diesem Vermögen die Wohnungen ab, in denen die Eigentümer selbst wohnen, sowie deren Autos, beides Objekte, mit denen man gewöhnlich nicht viel Geld machen kann, dann sieht die Konzentration viel schockierender aus“, sagt der Ökonomist. In diesem Fall sieht die Rechnung laut Theis folgendermaßen aus: Die zehn Prozent des höchsten Kapitals besitzen demnach mehr als drei Viertel des gesamten Kapitals in Luxemburg. Er stellt fest, dass das derart konzentrierte Kapital bewirke, dass auch die Einkünfte durch dieses Kapital, wie Mieten, Zinsen und Dividenden, sehr konzentriert seien. Zudem sei diese Ungleichheit weiter am Steigen. Deshalb stelle sich die Frage, wie stark der Staat sich bei der Reduzierung dieser Ungleichheit einbringt. Dieses Thema wird in einem anderen Artikel des Blogs, „Le faible système redistributif luxembourgeois – une analyse comparative“, behandelt.