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18. AprilFür Frieden und gegen Kriegshysterie: „Friddensplattform“ und OGBL rufen zur Demonstration auf

18. April / Für Frieden und gegen Kriegshysterie: „Friddensplattform“ und OGBL rufen zur Demonstration auf
V.l.: Frédéric Krier (OGBL), Raymond Becker und Gary Diderich („Friddensplattform“) stellten den Friedensmarsch vor Foto: Editpress/Hervé Montaigu

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Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz kündigten die „Friddensplattform“ und der OGBL am Montagmorgen ihren diesjährigen gemeinsamen Friedensmarsch am 18. April an.

„Wütend und ratlos.“ Aktivist Raymond Becker von der „Friddensplattform“ verbirgt seine Reaktion auf die aktuellen Bilder aus der Ukraine nicht. Die Bilder wiegen schwer. Das eigentlich banale Motto des diesjährigen Friedensmarsches – Nein zum Krieg! – kriegt unter dem Eindruck eines Krieges in Europa eine besondere Aktualität. Doch Becker stimmt nicht ein in den Chor der Menschen, die nun fordern, dass Europa wieder aufrüsten muss. Dem Krieg müsse eine friedenspolitische Ordnung entgegengestellt werden, fordert der erfahrene Aktivist auf einer Pressekonferenz am Montag. Entspannung sei das Gebot der Stunde, schreiben die Veranstalter des Friedensmarsches in ihrer gemeinsamen Deklaration. Immer wieder pocht Becker darauf, dass eine diplomatische Lösung her muss. Vermitteln könnte etwa der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, meint Becker. Dass Rüstung mehr Frieden bringen könnte, sei ein Irrtum.

„Putin-Russland bombardiert nicht nur in einem völkerrechtswidrigen Krieg die Ukraine. Sinngemäß bombardiert er auch die Gedanken und Ideen der Friedensbewegung. Und nicht zuletzt bombardiert er indirekt auch seine eigene Bevölkerung, weil er sich in ein totales Abseits in der Weltgemeinschaft begeben hat“, so Becker. Heute gebe die NATO bereits zwanzig Mal mehr für Rüstung aus als Russland. „Wir sollten nicht glauben, dass wir einen Krieg verhindern können, indem wir 25 Mal mehr ausgeben!“ Eine neue Friedensordnung müsse her, die sich von immer mehr Panzern und Waffen lossagt.

Becker will aber nicht den Eindruck entstehen lassen, dass es bei der Demonstration alleine um den Krieg in der Ukraine geht – auch wenn er in der oben genannten Deklaration explizit genannt wird. Das Papier mit den Forderungen und Slogans der Demo sei größtenteils bereits vor dem Ausbruch des Krieges geschrieben worden. „Den Slogan haben wir ein wenig angepasst“, erklärt er. Das ganze Programm der Demonstration ausschließlich auf den Krieg in der Ukraine zu münzen, wollen die Aktivisten nicht. Sie sind der Meinung, dieses Jahr die Themen Frieden, soziale Gerechtigkeit und Klimawandel enger miteinander zu verknüpfen und so – mehr noch als in der Vergangenheit – klarzumachen, dass diese drei Themen eng zusammenhängen.

Der OGBL nehme als Gewerkschaft an den Demonstrationen teil, weil es schlussendlich um die arbeitenden Menschen ginge, die unter Krieg zu leiden haben, erklärt Frédéric Krier von der Gewerkschaft am Montagmorgen. Die Gewerkschaft zeige sich nicht nur solidarisch mit den Menschen in der Ukraine, sondern auch mit den Russinnen und Russen, die sich Putin entgegenstellen und dafür Gefängnisstrafen riskieren – und mit russischen Deserteuren, die sich weigern, am Krieg teilzunehmen. Der Gewerkschaft sei vorgeworfen worden, nicht solidarisch mit den Ukrainern zu sein, weil sie Einbußen für die Arbeiter und Arbeiterinnen in Luxemburg nicht in Kauf nehmen will. „Es stirbt kein Ukrainer weniger, wenn wir den Index manipulieren“, stellt Krier klar.

Es werde immer deutlicher, wie sehr Klima und Krieg zusammenhängen, sagt Gary Diderich, Mitbegründer der „Friddensplattform“ auf der Pressekonferenz. Er verweist auf Europas Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Die Tragweite davon ist zuletzt überdeutlich geworden, weil einige Länder Europas (insbesondere Deutschland) von russischen Gaslieferungen abhängig sind und die Sanktionierung von Energieimporten deshalb nicht durchsetzbar ist. Um schnell von russischen Brennstoffen unabhängig zu werden, sehen sich diese Länder nun nach alternativen Lieferanten um. Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck war vor kurzem nach Katar gereist, um dort eine „Energiepartnerschaft“ zu schließen. In diesem Kontext meint Gary Diderich, es sei heuchlerisch, sich jetzt auf andere Autokraten zu verlassen. Er stellt auch fest, dass derzeit weltweit sechsmal mehr für Aufrüstung als für Klimaschutz ausgegeben wird.

Der diesjährige Friedensmarsch findet am Montag, den 18. April um 15 Uhr in Luxemburg-Stadt statt. Treffpunkt ist der Glacis. Der Demonstrationszug bewegt sich dann in Richtung der Place Clairefontaine, wo die Abschlussmanifestation stattfindet. Unter den Rednern sind auch Aktivisten und Aktivistinnen aus der „Youth for Climate“-Bewegung.

Die Organisatoren fordern unter anderem von der Regierung, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln, und auf allen Ebenen (UNO, OSZE, EU und NATO) für eine diplomatische Lösung im Ukraine-Konflikt starkzumachen. Sie fordern außerdem die Regierung dazu auf, sich für Abrüstung und gegen eine Militarisierung Europas einzusetzen. Eine weitere Forderung lautet, Luxemburg solle sich dem Atomwaffenverbotsvertrag anschließen. Dabei handelt es sich um eine internationale Vereinbarung, die jeglichen Umgang mit Kernwaffen verbietet und die am 22. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Luxemburg zählt noch nicht zu den Unterzeichnern.

Höhen und Tiefen

Woher kommt die Idee eines Friedensmarsches in Luxemburg? „Die Friedensbewegung in Europa hatte ihre Höhen und Tiefen“, erklärt Becker. In Luxemburg haben einige Aktivisten und Aktivistinnen 2018 entschieden, eine Friedensplattform zu gründen. Einen ersten Einsatz hatte die Organisation noch im selben Jahr, als rund 30 Luxemburger an einer Demonstration im rheinland-pfälzischen Büchel teilnahmen. Am Fliegerhorst Büchel werden US-amerikanische Atomwaffen gelagert. „Weniger als 100 Kilometer Luftlinie von Luxemburg entfernt“, unterstreicht Becker. Die Aktivisten warnten damals vor einem atomaren Konflikt, der ihrer Meinung nach immer wahrscheinlicher wurde. Als Hinweis dafür nannten sie auch die Modernisierung der Atomwaffenarsenale durch die Regierungen von Donald Trump, Wladimir Putin, Theresa May und Emmanuel Macron.

Im April 2019 organisierte die Friedensplattform zusammen mit dem OGBL ihren ersten Friedensmarch in der Tradition der Ostermärsche, wie sie in Europa früher oft stattfanden. 2020 wurde der Friedensmarsch aufgrund der Pandemie in den Juni verlegt und 2021 fiel er aus demselben Grund ganz aus. In diesem Jahr findet der Friedensmarsch also zum dritten Mal statt.

Raymond Becker fordert, dass Militärbündnisse wie die NATO aufgelöst werden. Der OGBL fordert hingegen keine Auflösung der NATO. (Zur Erinnerung: Obwohl die NATO im aktuellen Konflikt keine Kriegspartei ist, spielt sie eine wichtige Rolle. Der russische Machthaber Putin wirft der NATO vor, sich immer weiter in Richtung Russland ausgedehnt zu haben. Würde ein Mitgliedstaat der NATO angegriffen, würde der sogenannte „Bündnisfall“ in Kraft treten. Ein Angriff auf ein NATO-Mitglied wird als Angriff auf alle Mitglieder gewertet und kommt einer kollektiven Aufforderung zum Beistand leisten gleich.)

„Es war und bleibt wichtig, dass es in allen Diskussionen, die geführt worden sind und geführt werden, immer eine Stimme gibt, die versucht, etwas anderes durchzusetzen als Rüstung“, unterstreicht Becker die Bedeutung der Friedensaktivisten. Es sei schade, dass es in den unzähligen Diskussionsrunden rund um die Ukraine, die das Fernsehen ausstrahlt, nicht mehr solcher Stimmen gibt, bedauert Becker. „Ethisch und moralisch ist es wichtig, dass sich eine Friedensbewegung, eine soziale Bewegung, die Zivilgesellschaft dafür einsetzen, Mittel und Wege zu finden, die nicht auf Waffen und Gewalt beruhen“, so Becker abschließend.