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NationalmannschaftDie „Roten Löwen“ und die Minimalchance: Ein heißer Tanz in Istanbul

Nationalmannschaft / Die „Roten Löwen“ und die Minimalchance: Ein heißer Tanz in Istanbul
Die „Roten Löwen“ haben den Glauben an die Minimalchance nicht verloren Foto: sportspress.lu/Jeff Lahr

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Die Nations League neigt sich dem Ende zu. Zwei Spieltage vor Schluss sind die Chancen auf einen Gruppensieg des Tabellenzweiten Luxemburg minimal – doch FLF-Nationaltrainer Luc Holtz fordert volle Konzentration und den Willen, später nichts bereuen zu müssen. Der Gegner Türkei, mit komfortablen fünf Punkten Vorsprung, will dagegen nicht nur seine Siegesserie fortsetzen, sondern, angetrieben von einem aufgeheizten Publikum, auch ohne Gegentor bleiben.

Selbst das Maximum ist nicht genug. Der Deutsche Stefan Kuntz, inzwischen seit einem Jahr Nationaltrainer der Türkei, bekommt dies regelmäßig zu spüren. Erst vergangene Woche musste Hamit Altintop (u.a. Ex-Schalker und Bayern-Profi), als Mitglied des türkischen Verbands, Gerüchte aus der Welt schaffen, der Nachfolger des 59-Jährigen stünde bereits fest. Während die heißblütigen Fans noch der verpassten WM-Qualifikation nachtrauern – und dem Coach falsche Entscheidungen vorwerfen –, sieht ihn sein Luxemburger Pendant mit ganz anderen Augen: „Die Türkei hat einen hervorragenden Trainer, der diese Mannschaft auf die richtige Schiene gebracht hat.“

51 Plätze liegen in der FIFA-Weltrangliste zwischen beiden Nationen. Einen Vorteil habe die Außenseiterrolle schon, meinte Holtz: „Niemand erwartet einen Sieg von uns. Aber wer mich kennt, der weiß, dass ich nicht den Charakter habe, um schon vorher aufzugeben. Es erwartet uns eine Herausforderung. Wir möchten dem großen Favoriten weh tun. Ich will die Mentalitäten ändern und die Ängste einer hohen Niederlage aus den Köpfen bekommen. Wir müssen couragiert sein.“

Die Voraussetzungen für das letzte Auswärtsspiel der Nations League sind allerdings nicht die besten. Die Verletztenliste ist lang: Olivier Thill (Eyüpspor), Christopher Martins (Spartak Moskau), Mathias Olesen (1. FC Köln), Dirk Carlson (ADO Den Haag) und seit Sonntag auch Chris Philipps (Wiltz). Ausschlaggebend werden in solchen Momenten ohnehin nicht die individuellen Qualitäten sein, sondern „Wille, Einstellung und Zweikampfbereitschaft“, hatte der Coach bereits klargestellt, als er seine Liste vor einer Woche vorgestellt hatte.

Auch dem Gegner fehlt ein Prunkstück. Die Lücke, die Kapitän Hakan Calhanoglu (Knieprobleme) im Mittelfeld hinterlässt, könnten Irfan Kaveci und Orkun Kokcu füllen. Der Profi von Inter Mailand war neben Serdar Dursun übrigens Torschütze im Hinspiel. Dass auch der Dortmunder Salih Özcan passen muss, ändert aber nichts an den klaren Zielen des Gruppenleaders: Die Kampagne mit sechs Siegen und ohne Gegentor abzuschließen – und das, obwohl ein Punkt gegen die FLF-Auswahl den Aufstieg in die Liga B eigentlich schon besiegeln würde. 

Gefahr von überall

Einen besonderen Spieler hervorheben wollte Holtz nicht. „Die Gefahr der Türken kann von überall kommen. Sie sind dribbelstark, schnell und in den Luftduellen nach Flanken sehr effizient. Deshalb können wir uns auch nicht auf ein bestimmtes Schema einstellen.“ Die Basics, wie er es nannte, haben Priorität. Gemeint ist eine stabile Defensive: „Sei es individuell oder kollektiv, wir müssen absolut zielorientiert agieren. Es werden sicherlich Phasen geben, während denen sie uns hinten reindrücken. Aber dann müssen wir zusammen halten und zusammen stehen. Wir dürfen den Druck nicht einfach über uns ergehen lassen. Wichtig ist, das Spiel dann auch ohne Ball zu beherrschen und zu versuchen, sie von unserem Tor fernzuhalten.“

Eine Vielzahl an Offensivaktionen wird es für die Luxemburger wohl nicht geben. Umso effizienter muss jede Chance genutzt werden. Im Hinspiel wurde den „Roten Löwen“ der Treffer aufgrund eines diskutablen Fouls aberkannt. „Wir hatten kaum Zeit, etwas zu testen“, sagte Holtz. „Die einzige komplette Trainingseinheit hatten wir bislang gestern (am Dienstag). Auslosen, wer spielen wird, werden wir trotzdem nicht. Wir beobachten den Gegner. Zu Hause waren wir mit ihnen auf Augenhöhe. Kleine Dinge haben entschieden. Wir wollen die Null so lange wie möglich halten. Dass sie noch kein Gegentor in dieser Kampagne kassiert haben, sagt eigentlich genug über ihre defensiven Stärken aus.“

Holtz, der auf dem Weg zum Presseraum durch die Katakomben des Stadions hindurchlief, war ein Detail nicht entgangen: die Dekoration an den Wänden. In Neon-orange erstrahlten Kernwörter wie Entschlossenheit, Ambition, Glaube, Selbstvertrauen und Courage. „Die werde ich den Spielern auch nochmal wiederholen. Wir müssen fokussiert auftreten und unser Spiel aufziehen wollen. Einerseits dürfen wir unsere Fehler nicht wiederholen und andererseits müssen wir von denen der Türken profitieren. Ich werde ihnen auf den Weg mitgeben, dass niemand später etwas bereuen darf.“

Mit Personalsorgen hat die FLF-Auswahl Erfahrung. Mit der Underdog-Rolle auch. Immerhin fehlten beim historischen 0:0 in Toulouse sieben potenzielle Akteure auf der Liste. Ob eine ähnliche Erfolgsgeschichte aus der Türkei-Reise wird, entscheidet sich ab 21.45 Uhr Lokalzeit (20.45 Uhr in Luxemburg).