Es scheint, als müssten sich die Radprofis und auch die Fans erneut auf eine ungewöhnliche Saison einstellen. Schon der fast traditionelle Saisonauftakt in Australien fällt der Corona-Pandemie zum Opfer. Weder die beiden World-Tour-Rennen, die Tour Down Under (19.-24. Januar) und das Cadel Evans Great Ocean Road Race (31. Januar), noch das Torquay Race (1.1/28. Januar) oder die Herald Sun Tour (2.1/ 3. bis 7. Februar) werden stattfinden. Auch in Asien sind bereits die Tour de Langkawi (2.Pro/30.1 – 6. Februar) sowie die Tour of Antalya (2.1/11. – 14. Februar), bei der im letzten Jahr Luc Wirtgen mit einem 11. Platz im Gesamtklassement überzeugte, abgesagt.
In Argentinien hätten unter anderem Peter Sagan (Bora-hansgrohe) und Chris Froome (Israel Start-Up Nation) bei der Tour de San Luis (2.Pro/24.-31. Januar) starten können, doch die Organisatoren wollen den Start europäischer Teams nicht zulassen. Den Auftakt werden also einige Teams in Europa verbringen. Am 24. Januar startet die Saison mit der Clàssica Comunitat Valenciana 1969 (1.2), die seit 2005 wieder in den Kalender aufgenommen ist – damals gewann Alessandro Petacchi. Es folgen drei weitere Eintagesrennen in Spanien, ehe auch auf den französischen Straßen wieder Rennen gefahren werden. Beginnend mit dem GP de la Marseillaise (1.1/ 31. Januar), folgend mit der Etoile de Bessèges (2.1/ 3. – 7. Februar) und der Tour de Provence (2.Pro/ 11.-14. Februar).
Bis zum Saisonauftakt haben auch die luxemburgischen Radprofis also noch ein paar Wochen Zeit. Alex Kirsch ist seit dem 26. Dezember in einem privaten Trainingslager auf Mallorca, in Begleitung seiner Frau Sophie und seines Sohnes Nicolas, der vergangenen Oktober das Licht der Welt erblickte. „Es ist etwas Neues als Vater“, sagt Kirsch, der bereits in den letzten Jahren mit seiner Frau nach Palma reiste, um sich dort auf die Saison vorzubereiten. „Aber wir hatten zwei Monate, um uns daran zu gewöhnen. Es ist im Wesentlichen nicht anstrengender, man muss nur organisierter in den Tag gehen.“ Das erste Trainingslager von Trek-Segafredo findet dann vom 9. bis zum 25. Januar an der Costa Blanca in Denia (E) statt. Die Bedingungen zwischen Denia und Pilar de la Horadada im Süden sind optimal und gelten daher zu Beginn des Jahres als Hotspot für viele Teams.
Quartett in Denia
Kirsch wird dann auch seinen Landsmann Michel Ries treffen, der seine vergangene Saison erst am 8. November bei der Vuelta a España beendete. Zu Beginn des Trainingslagers der US-Mannschaft wird dann vor allem die Saisonplanung eine Rolle spielen. „Es gab schon im Vorfeld einen Austausch mit der sportlichen Leitung wegen der Saison, aber auch wegen der Vorbereitung“, sagt Kirsch. Für den 28-Jährigen steht in dieser Saison keine große Überraschung an, für ihn werden weiterhin die Klassiker im Frühjahr das Highlight sein. „Viele Möglichkeiten gibt es nicht, sich auf diese Rennen vorzubereiten. Es wird auf Etappenrennen hinauslaufen und dann wohl auf Paris-Nizza oder Tirreno Adriatico.“ Im letzten Jahr überzeugte Kirsch mit seinen Helferdiensten beim Sieg von Jasper Stuyven beim Omloop Het Nieuwsblad, auch zum Erfolg von Mads Pedersen bei Gent-Wevelgem trug Kirsch seinen Teil bei. Ein kleiner Wermutstropfen bleibt, nachdem Kirsch im letzten Jahr zum erweiterten Kader von Trek für die Tour gehörte, dann aber nicht nominiert wurde. „Ich hoffe dieses Jahr auf die Tour“, erklärt er. Über eine Teilnahme bei Olympia macht er nicht zu viele Gedanken. „Ich werde von Trek bezahlt, die Aufgaben des Teams haben klar Vorrang. Wenn ich für Olympia nominiert werden würde, würde mich das sehr freuen. Im Gegensatz zu anderen Sportarten ist es beim Radsport aber so, dass wir für ein Team zuständig sind.“
In Denia könnte das luxemburgische Trek-Duo auf ein weiteres Duo aus dem Großherzogtum treffen. Denn auch Ag2r-Citroën plant, dort sein Lager aufzuschlagen. Ben Gastauer trainiert bereits seit etwa zwei Wochen in Südfrankreich. Der Schifflinger, der sich am 10. Oktober 2020 beim Giro d’Italia das linke Schlüsselbein brach, kann seit Ende November wieder auf das Rad steigen. Gastauer musste sich einer Operation unterziehen, bei der ihm eine Metallplatte eingesetzt wurde. „Ich habe keine Probleme und kann normal trainieren“, sagt der 33-Jährige. „Ich merke die Platte zwar, aber es stört mich nicht. In meinem Trainingsprogramm sind nun mehr Übungen für die Schultermuskulatur, um diese wieder zu stärken und zu stabilisieren.“ Aktuell befindet er sich in St-Paul-de-Vence, das etwa 20 Kilometer von Nizza entfernt liegt. Gastauer hat dort ein Haus mit seiner Frau und seinen beiden Kindern Weihnachten verbracht. Das Trainingslager von Ag2r, das traditionell im Dezember stattfindet, wurde abgesagt. Stattdessen mussten sich die Fahrer nach Chambéry begeben, um dort die neue Bekleidung und Ausstattung abzuholen. Das erste gemeinsame Trainingslager wird vom 11. bis um 24. Januar in Denia (E ) stattfinden.
Dann wird Gastauer auf seine neuen Teamkollegen um Landsmann Bob Jungels und Greg van Avermaet treffen. „Ich wollte mit Bob eigentlich schon vorher ein wenig fahren, um ihm einiges zu erklären“, sagt Gastauer. „Aber ich war zu sehr mit der Schulter beschäftigt. Er ist aber schon gut integriert, Staff und Trainer kümmern sich sehr gut um ihn.“ Gleich elf neue Teamkollegen wird Gastauer im Trainingslager kennenlernen. Eine derartige Anzahl neuer Teamkollegen durfte der Schifflinger, der seit 2009 für das World-Tour-Team von Ag2r fährt, nur 2013 erleben. In Denia wird er dann auch sein Rennprogramm festlegen, bis jetzt hat er nur einen provisorischen Plan bekommen. Am 31. Januar soll er beim Grand Prix Cycliste la Marseillaise starten und weitere Rennen in Südfrankreich angehen, um sich auf den Giro vorbereiten zu können.
Viva España
Luc Wirtgen reiste bereits vor Weihnachten für acht Tage nach Mallorca, um dort ein paar Trainingseinheiten zu absolvieren. „Das hat gutgetan“, sagt der 22-Jährige. „Es ist schwierig, die Stunden hier zu fahren, die du in der Sonne trainieren kannst.“ Gestern flog er zu seinem Team ins Trainingslager nach Altea, das nur unweit von Denia entfernt ist. Vom 4. bis zum 19. hält sich die belgische Mannschaft Bingoal-Wallonie Bruxelles dort auf. Dann wird Wirtgen auch sein Rennprogramm besprechen. „Mein Ziel ist es, zu 100 Prozent für das Team da zu sein. Ich würde aber auch gerne die Gelegenheit nutzen, mich zu präsentieren. Eins der Hauptziele ist aber, regelmäßig zu fahren.“ Sein zwei Jahre älterer Bruder Tom Wirtgen war ebenfalls bereits in Spanien und kam vergangene Woche heim. Tom Wirtgen war für zehn Tage in der Gegend von Girona.
Jempy Drucker war mit seiner Equipe hingegen in Dreiergruppen im Trainingslager bei Saint-Aygulf (F). Im Januar wird der 34-Jährige, der ab dieser Saison für Cofidis fährt, dann sein Team bei einem weiteren Trainingslager in Oliva (E) kennenlernen. Drucker plant seinen Saisonauftakt bei der Algarve-Rundfahrt (17.-21. Februar/2. Pro). Kevin Geniets war bereits in einem privaten Trainingslager, zusammen mit seinen Teamkollegen Tobias Ludvigsson, Fabian Lienhard und Stefan Küng. In Fréjus hatte sich das Quartett ein Haus gemietet, um über acht Tage das hügelige Terrain der Côte d’Azur zu nutzen. Ende Januar wird der Landesmeister dann in der Sierra Nevada ein Höhentrainingslager absolvieren, um sich auf die Eintagesrennen im März und April vorbereiten zu können.
Auch Christine Majerus bereitet sich auf die Straßensaison vor. Seit gestern befindet sie sich im Tainingslager in Calpe (E). Nachdem sie die Einheiten mit ihrem Team SD Worx hinter sich hat, wird sich die 33-Jährige aber erst einmal wieder auf den Cyclocross konzentrieren. Am 24. Januar nimmt sie am Weltcup im belgischen Overijse teil, am 30. Januar folgt dann das Rennen der Querfeldein-Weltmeisterschaft in Ostende (B).
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können