„Ich glaube es erst, wenn ich den Spielerbogen sehe.“ Der Differdinger Pedro Resende hatte das Pokerspiel seines Gegenübers, Damir Krznar, im Vorfeld des Rückspiels in Maribor durchschaut: Dieser hatte sich in der Presse über zahlreiche Ausfälle beklagt und u.a. durchblicken lassen, dass ein Einsatz von Brnic fraglich sei. Der D03-Coach sollte mit seiner Vermutung recht behalten, denn der Kroate, der noch keine Minute im Europapokal verpasst hatte, stand wieder in der Startelf. Lediglich einen Wechsel gab es gegenüber der Vorwoche zu vermelden: Bei den Slowenen ersetzte Uskokovic Karic in der Innenverteidigung. Resende vertraute der gleichen Elf, die zu Hause ein 1:1 geholt hatte.
In Differdingen hatte man sich auf einen Sturmlauf vorbereitet. Und nach nicht einmal zwei Minuten stand fest: Von langsamem Abtasten würde keine Rede sein, denn beide Teams hatten ihre erste, wenn auch auf jeder Seite zu unpräzise Offensivaktion bereits gestartet. Zum ersten Mal eingreifen musste Ruffier in der 4., als ein Schuss, inklusive Aufsetzer, aus zweiter Reihe auf sein Tor kam. Eine Minute später gab es die erste Ecke für Maribor – und das Szenario, das D03 unbedingt vermeiden wollte, trat ein: Nach zwei Ballkontakten drückte Kolar das Leder über die Linie (5.).
Über Maribor schüttete es wie aus Eimern, zudem gab es diesen frühen Rückstand: D03 stand eine unangenehme Aufgabe bevor. Die Reaktion folgte dennoch zugleich. In der Mitte nahm Oliveira einen Ball an, ging noch ein paar Meter und versuchte es aus dem Mittelkreis heraus mit einem weiten Ball: Der weit aufgerückte Jug konnte den Ausgleich noch in extremis verhindern. Und so übernahm Maribor wieder das Sagen, D’Anzico unterband (9.) die nächste Torchance. Auf der anderen Seite eroberte Trani einen Ball, der Abschluss flog allerdings am Gehäuse vorbei (12.).
Diese Momente der Entlastung gehörten eher der Ausnahme an, denn immer wieder brannte es im D03-Strafraum. Maribor ging gegen die Fünferkette der Differdinger mit scharfen Flanken von den Flügel vor. Jakupovic (14.) und Kolar (21.) hatten es beide versucht, ehe es eine längere Verletzungspause bei Ruffier gab: Eine Verschnaufpause vergönnte man ihm nicht, Maribor knüpfte nahtlos an sein Offensivspektakel an.
Die erste D03-Ecke holte Naïfi nach einer Tempoverschärfung heraus (26.): Obschon diese Aktion nichts einbrachte, blieben die Roten am Drücker. Trani gab auf Castro, der im Strafraum mit dem Rücken zum Tor stand. Der Angreifer wurde von Uskokovic zu Fall gebracht und trat unter einem gellenden Pfeifkonzert gegen Jug an: Der trockene Schuss landete im Netz (28.) – und die Welt sah wieder ganz anders aus, obschon es eigentlich bei einem Spiel gegen den Ball blieb. Die Zweikampfhärte war hoch, das Duell äußerst intensiv. Watson (33.) und Lausic (37.) gaben nächste Torschüsse ab, doch, wie aus dem Nichts, leitete Naïfi die Wende ein: Mit seinem wunderbaren Pass in die Schnittschnelle bediente er Trani, der sich alleine in den Strafraum aufmachte und dort einen Schuss ins linke untere Eck abgab (42.). Es waren nicht die Differdinger, die dieses Spiel in der Hand gehalten hatte – doch die weitaus bessere Chancenverwertung an den Tag gelegt hatten.
Hollywoodreif
Nach der Pause blieb Monge (Wadenprobleme) in den Kabinen. Er wurde von Costa ersetzt. Es war aber ein anderer, der sich auf der internationalen Bühne ganz groß in Szene setzte: Die Zuschauer waren noch nicht einmal alle zurück auf ihre Plätze gekehrt, als Trani sich im Strafraum gegen die Hinterreihe der Hausherren durchsetzte und das Leder unter die Latte hämmerte (48.). Es herrschte Weltuntergangsstimmung im Stadion, die Intensität der Regenschauer war inzwischen hollywoodreif.
Doch die nächste Hiobsbotschaft folgte: Mittelfeldchef Oliveira verletzte sich wenig später im eigenen Strafraum (Verdacht auf Rippenbruch), binnen weniger Minuten war das komplette Mittelfeld ausgewechselt worden. Es waren 60 Minuten gespielt und die Bedingungen wurden nicht besser. D03 hatte zwar mehr Spielanteile als im ersten Durchgang, doch Maribor blieb gefährlicher. Einen Brnic-Schuss konnte Ruffier entschärfen, bei der schnellen Kombination der Slowenen eine Minute später flog der Ball dann ins Tor (62.).
Es waren über 70 Minuten gespielt, als es die nächsten Personalwechsel gab, um die Stürmerreihe aufzufrischen. Auf dem Platz stand das Wasser und das Unheil deutete sich zusehends an. Die fatale Aktion, die zum Ausgleich führte, ereignete sich in der 83.: Brnic war im Strafraum auf der linken Seite völlig vergessen worden. Er donnerte den Ball gegen den zweiten Pfosten – und zum 3:3 ins Tor.
Resende hatte seine beste Offensivpower ausgewechselt. Ein Weitschuss von Bedouret (86.) änderte nichts am Spielstand, stattdessen kullerte die Kugel noch einmal gefährlich am Ruffier-Kasten vorbei. Acht Minuten wurden nachgespielt, doch der Thriller ging in die Verlängerung.
Die Beine wurden schwer und D03 hatte Probleme, Zweikämpfe zu gewinnen. In der zweiten Hälfte fiel Comachi auf, während es Franzoni aus der zweiten Reihe versuchte (109.). Die Duelle wurden weiterhin hart geführt, was viele Unterbrechungen zur Folge hatte. D03 kam dies mehr entgegen als Maribor: Die Slowenen wollten die Lotterie eines Elfmeterschießens umgehen. Und irgendwie schafften sie es auch. Es waren exakt 29:10 Minuten der Nachspielzeit abgelaufen, als der Pfiff im Strafraum ertönte. Dort war Skuka erstaunlich leicht zu Boden gegangen und ließ d’Anzico als Pechvogel stehen. Ilicic verwandelte – und für Déifferdeng 03 platzte ein Traum auf bitterste Art und Weise.
Statistik
NK Maribor: Jug – Milec, Watson, Uskokovic (46, Karic), Urata – Lausic (46. Pihler), Repas, Lorber (54. Ilicic), Brnic – Kolar (65. Bozic), Jakupovic (106. Skuka)
Déifferdeng 03: Ruffier – d’Anzico, Bedouret, Brusco – Franzoni, Oliveira (54. Rauch), Monge (46. Costa), Pruzzo – Naïfi (73. Bei), Castro (73. Lamas), Trani (80. Comachi)
Schiedsrichter: Jakubik –Wojcik, Miemirowski (alle POL)
Gelbe Karten: Uskokovic, Krznar (Trainer), Pihler, Repas, Bozic, Skuka – Pruzzo, d’Anzico, Bei, Nibra (auf der Bank), Costa, Bedouret
Torfolge: 1:0 Kolar (5.), 1:1 Castro (28,. Foulelfmeter), 1:2 Trani (42.), 1:3 Trani (48.), 2:3 Repas (62.), 3:3 Brnic (83.), 4:3 Ilicic (120., Foulelfmeter)
Beste Spieler: Brnic, Repas – Oliveira, Trani, Bedouret
Zuschauer: 7.000 zahlende
Mann gewinnt auch ein Spiel in der Verteidigung