Tageblatt: Claire Faber, wie geht es Ihnen aktuell gesundheitlich?
Claire Faber: Mir geht es ganz okay. Mein Gesundheitszustand hat sich im Allgemeinen verbessert und ich kann meinem Alltag nachgehen, ohne eingeschränkt zu sein. Von Juli bis September habe ich eine Therapie in der Schweiz wegen anhaltender Gehirnerschütterungssymptome gemacht, das hat mir sehr geholfen. Ich habe aber immer noch Probleme, mich lange zu konzentrieren, und habe oft Migräne. An Tagen, an denen es mir nicht so gut geht, bin ich lichtempfindlicher als sonst. Ich gehe immer noch zu vielen Doktoren, zum Physiotherapeuten, zum Osteopathen oder ins Krankenhaus. Das macht mich sehr müde.
War der Unfall, den Sie hatten, der ausschlaggebende Grund zum Karriereende?
Der Unfall war ein relativ krasser Einschnitt in meinem Leben. Nach dem Unfall war nichts mehr wie früher. Es war eine Art Schutzmechanismus von meinem Kopf, dass ich nicht wirklich realisieren konnte, was passiert ist. 2022 wurde alles erst viel präsenter. Immer wieder wurde ich gefragt, wie es mir geht. Sobald ich irgendwo hinkam, hieß es, dass ich diejenige sei, die den Unfall hatte. Ich wurde immer wieder darauf angesprochen und an den Unfall erinnert. Das war nicht gerade positiv und sehr anstrengend. Ich habe immer probiert, den Unfall irgendwie hinter mir zu lassen, aber es war immer wieder das Hauptthema, sobald ich irgendwo hingegangen bin.
Dabei war eine Karriere im Profi-Radsport zum Greifen nah …
Es ist schon sehr schade. Am Tag nach dem Unfall hätte ich ein Gespräch mit einem WorldTour-Team gehabt. Ich habe lange für so ein Gespräch gekämpft, aber ich kann mir nichts vorwerfen. Ich habe alles probiert, um in den professionellen Sport zu kommen. Es sollte aber einfach nicht sein.
Ihr Team Andy Schleck-CP NVST-Immo Losch hat sich aufgelöst. Im Sommer wussten die Fahrerinnen darüber schon Bescheid. Haben Sie nach anderen Teams gesucht?
Ich bin im letzten Jahr schon kein Rennen mehr gefahren, weil ich mir andere Prioritäten gesetzt habe. Ich wollte gesund werden und in meinem Alltag beschwerdefrei sein. Der Radsport wurde nebensächlich. Ich wollte letztes Jahr eigentlich schon aufhören.
Welche positiven Erinnerungen behalten Sie aus dem Radsport?
Ich habe sehr viele schöne Erlebnisse gehabt. Die ganzen Weltmeisterschaften, an denen ich teilnehmen durfte, oder meine Landesmeistertitel. Sportlich war meine beste Zeit um März 2020. Ich bin bei zwei belgischen Klassikern mitgefahren und konnte beim Le Samyn des Dames Neunte werden und damit meine erste Top Ten in einem UCI-Rennen einfahren. Das war ein Moment, in dem es bei mir Klick gemacht hat. Ich habe verstanden, wie so ein Rennen läuft. Mein Training lief sehr gut, meine Werte wurden besser und ich hatte Resultate. Eine Woche später kam dann der Lockdown. Meine ganze Karriere war nie einfach. Vor großen Rennen war ich immer in Form, dann wurde ich krank oder stürzte. Es lagen immer Steine in meinem Weg.
Können Sie Ihr Studium problemlos fortführen?
Im August habe ich angefangen, halbtags zu arbeiten. Mit meinem Studium ist das schon eine größere Belastung für mich, aber es tut mir gut. Ich arbeite bei Clubee (digitale Verwaltungsplattform für Sportvereine) als Operations Manager. Ich studiere außerdem Sportmanagement und Digitalisierung an der Lunex und mache dort meinen Master-Abschluss. Im September werde ich das erste Semester nachholen, weil ich wegen der Gehirnerschütterung pausieren musste. Im besten Fall bin ich im März 2024 fertig.
Werden Sie weiterhin Rad fahren?
Ich habe mir ein neues Rad zugelegt. Es ist nicht so, dass ich nicht mehr fahren möchte. Aber ich mache es aus Lust und genieße es, bei dem Wetter nicht fahren zu müssen, weil ich mich auf nichts vorbereiten muss. Im Allgemeinen nutze ich den Sport für mich als Ausgleich. Damit kann ich abschalten. Nach der Uni fahre ich gerne mal eine Stunde raus. Länger schaffe ich es noch nicht.
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