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RadsportChantal Hoffmann: „Christine und das Kopfsteinpflaster sind eine Einheit“

Radsport / Chantal Hoffmann: „Christine und das Kopfsteinpflaster sind eine Einheit“
Christine Majerus gehört bei Paris-Roubaix zu den Favoritinnen Archivbilder: Anouk Flesch/Tageblatt

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Christine Majerus (SD Worx) gilt am Samstag bei Paris-Roubaix (1.UWT) als eine der Favoritinnen – auch in den Augen der ehemaligen Radsportlerin Chantal Hoffmann. Die 34-jährige Luxemburgerin, die Ende des Jahres 2019 ihre aktive Karriere beendete, ist im Radsport noch immer fest verankert. 

An ein Comeback hat Chantal Hoffmann nie gedacht. „Außer es sollte eines Tages ein Paris-Roubaix für Damen geben“, erklärt sie schmunzelnd. „Das ist das einzige Rennen, das ich bereue, nie gefahren zu sein. Dort wäre ich sehr gerne gestartet.“ Am Ende der Saison 2019 beendete Hoffmann ihre Karriere – etwa zwei Jahre zu früh, um also die Chance zu bekommen, bei der „Hölle des Nordens“ zu starten. Ein wenig Reue sei zwar da, doch sie habe die richtige Entscheidung getroffen. „Nein, ich habe einen Strich unter meine Karriere gezogen und dazu stehe ich. Ich bin absolut zufrieden.“ 

Nach ihrer sportlichen Karriere blieb Hoffmann Lotto-Soudal, für das sie von 2014 bis 2019 fuhr, erstmal als Physiotherapeutin erhalten. 2020 gab es aufgrund der Pandemie jedoch wenig Rennen. Anschließend verließen einige Personen, zu der die 34-Jährige einen guten Draht hatte, das Team. „Vieles ging nicht schön aus und ich hatte keine Lust mehr, mit dem Team zusammenzuarbeiten. Es war nicht mehr die Familie, die ich kannte“, sagt die Luxemburgerin.

Chantal Hoffmann beendete 2019 ihre aktive Karriere, blieb dem Radsport aber treu
Chantal Hoffmann beendete 2019 ihre aktive Karriere, blieb dem Radsport aber treu

Ein neues Kapitel öffnete sich im Januar 2021 mit der Geburt ihrer Tochter Lena. „Die Prioritäten haben sich damit geändert“, sagt Hoffmann, die mit dem Team Support Manager von Trek-Segafredo, Glen Leven, verlobt ist. Im Radsport-Geschehen ist sie jedoch weiterhin „voll drin“. Zuletzt war sie bei Rennen in Belgien vor Ort – auch ein Einsatz als Physiotherapeutin der norwegischen Mannschaft Uno-X war geplant, doch Tochter Lena erkrankte kurzfristig. „Ich lebe für diesen Sport“, sagt Hoffmann. „In naher Zukunft möchte ich wieder als „Soigneur“ oder als „Directeur sportif“ aktiv sein.“ 

Starkes Team als Vorteil

Auch für sie ist dieses Wochenende ein besonderes. Die zweite Ausgabe des Damenrennens von Paris-Roubaix verspricht auch aus luxemburgischer Sicht interessant zu werden. „Wenn ich sage, was ich ihr zutraue, wird Christine (Majerus) böse“, schmunzelt Hoffmann. „Man kann aber sehr viel von ihr erwarten. In meinen Augen hat sie sich von allen Fahrerinnen im letzten Jahr am wohlsten gefühlt. Außerdem ist sie am saubersten gefahren. Wenn der Sturz nicht gewesen wäre, wäre sie viel weiter vorne gelandet. Christine und das Kopfsteinpflaster sind eine Einheit. Sie lebt dafür.“ Interessant wird die Herangehensweise von SD Worx, das am Samstag erneut zu den stärksten Teams zählt, sein. Wesentlich wird dabei die Taktik sein. Mit der belgischen Landesmeisterin Lotte Kopecky und der Niederländerin Chantal van den Broek-Blaak hat das Team zwei weitere heiße Eisen im Feuer. 

Majerus selbst hatte das Rennen bereits vor der Saison in ihrem Kalender markiert. „Das ist mein Traumrennen. Dieses Rennen verkörpert alles, was ich am Radsport liebe. Es ist ein ständiger Kampf mit den Bedingungen, den Wetterelementen, dem Kopfsteinpflaster und den Gegnern. Jeder Meter ist ein Kampf. Man muss sich auf dem Kopfsteinpflaster sicher fühlen und an die eigenen Fähigkeiten, die Teamkollegen und die Ausrüstung glauben“, erklärt Majerus.

Im Gespräch mit Specialized France sagt Majerus, dass vor aller der mentale Aspekt eine Rollte spielt. „Man muss keine Angst haben. Paris-Roubaix wird nicht umsonst die ‹Hölle des Nordens› genannt. Ja, man kann das Rennen durch einen Sturz eines anderen verlieren. Man muss die ganze Zeit in einer guten Position sein. Seit Boels-Dolmans und später dem Team SD Worx sind die Klassiker sozusagen ‹unsere Rennen›. Wir würden gerne Paris-Roubaix in unser Palmarès aufnehmen, aber dank unserer Siege bei der Strade Bianche und der Flandern-Rundfahrt leben wir ohne Druck bei Paris-Roubaix. Letztes Jahr wollten wir dieses Rennen unbedingt gewinnen, aber das Pech hat uns aus dem Rennen genommen. Bei einem trockenen Paris-Roubaix haben wir einen Vorteil, weil wir im Team variabel sind.“

Lücke im luxemburgischen Radsport

Für ihre Freundin Christine Majerus, aber auch für den luxemburgischen Sport, hofft Hoffmann auf ein gutes Resultat. Sie weiß, dass sich viele Nachwuchstalente im Großherzogtum mit Majerus identifizieren und sie als Vorbild sehen. Dadurch erhofft sie sich, dass mehr Mädchen den Weg zum Radsport finden. „Es ist kein Geheimnis, dass hinter Christine eine Lücke klafft. Claire Faber hatte leider diesen schweren Unfall, Marie Schreiber ist ein großes Talent, bei dem man noch nicht weiß, ob sie auf die Straße möchte. Auf der anderen Seite war ich in diesem Jahr ein paar Crossrennen schauen – da war ich schon überrascht, wie viele Mädchen am Start waren.“

Durch Fernsehübertragungen und Erfolge von Majerus hofft Hoffmann darauf, dass sich Mädchen in Luxemburg für den Radsport begeistern. Auch im Hause Hoffmann ist der Samstag vor dem TV-Bildschirm fest eingeplant. Mit dabei wird dann auch Nachwuchs Lena sein, die ihr zweites Paris-Roubaix erleben darf – und sich so vielleicht auch schon für den Radsport begeistern wird. „Sie darf in Zukunft gerne Rad fahren lernen“, sagt Hoffmann, bei der dann doch Muttergefühle hochkommen. „Ich weiß aber, wie gefährlich es auf den Straßen ist. Da werden wir ziemlich aufpassen müssen. Ob sie dann aber auch an Rennen teilnehmen wird, bleibt ihr überlassen“, lächelt sie.