Es ist etwa zwei Wochen her, dass sich die beiden Ag2r-Citroën-Neuzugänge Bob Jungels und Greg Van Avermaet am Standort der Mannschaft in Chambéry trafen. Am Fuße der Savoyer Alpen angekommen, traf das luxemburgisch-belgische Duo auf seine neuen Teamkollegen Nans Peters, Oliver Naesen und Benoît Cosnefroy. Das Quintett sollte an diesem Tag das neue Trikot der Mannschaft präsentieren. In den letzten Jahren überzeugte die französische Mannschaft mit Stilsicherheit. So fand das Trikot in den vergangenen Saisons große Anerkennung und ließ die Fahrer der französischen Mannschaft in seinem braun-weiß-hellblauen Trikolore-Design elegant über den Asphalt fahren.
Beim Unboxing des diesjährigen Trikots fiel selbst die Reaktion von Naesen, nun ja, eher gemäßigt aus. „Sympa, ça change“, sagte der Belgier im von Ag2r gedrehten Video. In den sozialen Netzwerken fand man deutlichere Worte für das weiße Stück Stoff, das ziemlich groß den Namen des neuen Sponsors in Braun und Rot abgedruckt hat. „Das wurde wahrscheinlich von einem Praktikanten auf Paint erstellt“, schreibt ein Nutzer auf Twitter. Ein anderer Nutzer bekommt viel Zuspruch, indem er schreibt: „Es ist das schlimmste Trikot in der Geschichte des Radsports.“
Doch auch wenn das Trikot wohl nicht den nächsten Fashion-Award gewinnen wird, steht es symbolisch für die radikale Veränderung der Philosophie von Ag2r. Blicken die Verantwortlichen des Teams auf die jüngere Vergangenheit zurück, dann bleibt da sicherlich der dritte Platz bei der Tour de France von Romain Bardet 2017 in Erinnerung. Oder jüngst der Etappensieg bei der Tour 2020 auf der achten Etappe von Nans Peters. Ab diesem Jahr soll sich das Team vor allem aber auch an Triumphe bei den Frühjahrsklassikern erinnern – ungewöhnlich für eine französische Mannschaft.
Taktische Flexibilität
Die Neuzugänge belegen diese neue Strategie: Mit Van Avermaet und Jungels hat das Team neben Naesen zwei weitere Hochkaräter für die Rennen im Frühjahr in seinen Reihen. Hinzu kommen starke Helfer wie Neuzugang Michael Schär oder Stan Dewulf, Gijs Van Hoecke, Julien Duval oder Lawrence Naesen. Lawrence’ Bruder Oliver ist seit 2017 Teil des Teams und sorgte erstmals dafür, dass Ag2r zumindest ein wenig Interesse an den Klassikern zeigte – ein großer Erfolg sprang dabei aber noch nicht heraus. Naesen gehört bereits zu den besten zehn Fahrern der Welt auf Kopfsteinpflaster. Im letzten Jahr wurde er jeweils siebter bei Omloop Het Nieuwsblad und der Flandern-Rundfahrt. Anders als in den letzten Jahren muss er sich die Leaderrolle in dieser Saison wohl aber mit Van Avermaet und Jungels teilen.
Taktisch hat die Mannschaft nun gleich mehrere Möglichkeiten. Die taktische Flexibilität, die die Neuzugänge bieten, könnte das fehlende Puzzlestück in der Strategie des Teams von Vincent Lavenu sein. Mit Van Avermaet hat Ag2r Citroën außerdem einen 35-jährigen Olympiasieger verpflichtet, der immer noch für große Siege brennt. „Wenn ich bei hundert Prozent bin, bin ich in der Lage, Mathieu Van Der Poel und Wout Van Aert zu schlagen“, sagte er im Interview mit der französischen Zeitung Le Dauphiné Libéré. „Ich bin überzeugt davon, dass ich immer noch einen gewissen Wert habe und Rennen gewinnen kann. Ich war immer ein beständiger Fahrer. Obwohl ich nichts gewonnen habe, war ich 2019 der beste Eintagesfahrer in der UCI-Rangliste.“
Seit Van Avermaets überragender Saison 2017, in der er Omloop Het Nieuwsblad, E3 Harelbeke, Gent-Wevelgem und Paris-Roubaix gewann, hat er allerdings keinen Frühjahrsklassiker mehr gewonnen. Dennoch zählt er weiterhin zum Favoritenkreis und kann seiner neuen Mannschaft mit seiner Erfahrung bei den Klassikern sicherlich weiterhelfen. Es wird wichtig für das Team sein, früh in der Saison gute Ergebnisse einzufahren. Damit erhofft sich Lavenu, dass seine Nachwuchstalente Aurélien Paret-Peintre und Clément Champoussin sich in Ruhe weiterentwickeln können. Paret-Peintre ist 24 Jahre alt und fuhr letztes Jahr beim Giro auf den 16. Platz in der Gesamtwertung. Der zwei Jahre jüngere Champoussin feierte im letzten Jahr bei der Vuelta seine Grand-Tour-Premiere und wurde 31. Das französische Duo sorgte außerdem bei der letzten Tour de Luxembourg gleich für zwei Top-Ten-Platzierungen. Champoussin wurde Achter, Paret-Peintre Zehnter.
Ende einer Ära
Mit den Abgängen von Romain Bardet (Team DSM, ehemals Sunweb) und Pierre Latour (Total Direct Energie) wechseln die zwei großen Säulen des französischen Teams. Der Abgang von Bardet, der seit 2012 in der World Tour für Ag2r fuhr, symbolisiert gar das Ende einer Ära. Es klafft also eine Lücke im Team, wenn es um Gesamtklassements bei großen Rundfahrten geht, die nicht gefüllt werden konnte – aber vielleicht auch nicht gefüllt werden wollte. Mit Bob Jungels hat man immer noch einen Fahrer in der Hinterhand, der bei großen Rundfahrten in die Top Ten fahren kann. Es wird interessant zu sehen sein, wie das Team mit dem Luxemburger umgehen wird. Klar ist jedenfalls, dass sich die Mannschaft in diesem Jahr bereits früh ein Zwischenzeugnis für die Saison aushändigen wird. Eine weitere grundlegende Änderung ist, dass sich die Mannschaft ab dieser Saison mit Rädern des Schweizer Herstellers BMC ausstattet. Eine richtige Kennenlernphase wird es für das Team im Januar geben, wenn ein Trainingslager in Spanien ansteht.
Lavenu zeigt Interesse an Alaphilippe
Ganz aus den Augen wird Ag2r Citroën die Tour de France sicherlich nicht verlieren. Das Team könnte in diesem Jahr Etappensiege anvisieren, denn einen wirklichen Kandidaten für eine gute Platzierung im Gesamtklassement haben sie nicht. In den letzten Tagen häuften sich die Gerüchte, dass Manager Vincent Lavenu an einer Verpflichtung von Julian Alaphilippe interessiert sei. Der Vertrag des Franzosen bei Deceuninck-Quick Step endet nach diesem Jahr. „Wir haben immer auf alle Möglichkeiten geachtet“, sagte Lavenu gegenüber der französischen Zeitung Sud Ouest. „Wir werden uns nicht zurückhalten, um zu sehen, wie unsere Chancen stehen. Er ist ein Fahrer, den die Leute wirklich mögen, einer der besten der Welt. Wenn man einen Partner vom Kaliber von Citroën hat, gibt es keinen Grund, es nicht zu versuchen.“ Die Ankunft der französischen Automarke Citroën wird Lavenu zufolge ein Budget von 23 Millionen Euro für 2021 erlauben. Bei einer Verpflichtung Alaphilippes könnte aber auch mehr herausspringen. „Nachdem ich die Weltmeisterschaft gewonnen habe, würde ich jetzt natürlich gerne die Tour de France gewinnen“, sagte Alaphilippe zuletzt.
Im Überblick
Kader: Ben Gastauer, Bob Jungels (beide L), François Bidard, Geoffrey Bouchard, Lilian Calmejane, Clément Champoussin, Mikael Cherel, Benoît Cosnefroy, Julien Duval, Tony Gallopin, Dorian Godon, Alexis Gougeard, Anthony Jullien, Aurélien Paret-Peintre, Nans Peters, Nicolas Prodhomme, Marc Sarreau, Damien Touzé, Clément Venturini (F) Stan Dewulf, Lawrence Naesen, Oliver Naesen, Greg Van Avermaet, Gijs Van Hoecke (alle B) Mathias Frank, Michael Schär (CH), Jaako Hänninen (FIN), Ben O’Connor (AUS), Andrea Vendrame (ITA), Larry Warbasse (USA)
Neuzugänge: Bob Jungels (Deceuninck-Quick Step), Greg Van Avermaet, Gijs Van Hoecke, Michael Schär (alle CCC), Lilian Calmejane (Total Direct Energie), Marc Sarreau (Groupama-FDJ), Damien Touzé (Cofidis), Ben O’Connor (NTT), Stan Dewulf (Lotto Soudal), Nicolas Prodhomme (Cofidis)
Abgänge: Romain Bardet (F/Team DMS), Alexis Vuillermoz, Alexandre Geniez, Pierre Latour (alle F /alle zu Total Direct Energie), Quentin Jauregui (F/B&BHotels), Harry Tanfield (GB/Qhubeka Assos), Silvan Dillier (CH/Alpecin Fenix), Stijn Vandenbergh (B/Karriereende), Axel Domont, Clément Chevrier (beide F/beide Karriereende)
och wann êch deen eenzege sin
êch wênschen deene zwee ee gudde Start a vill Erfolleg an hirer neier Equipe
êch free'e mêch op déi nei Saison an hoffen, trotz Corona, dat Allerbescht
sên och rêm dobäi, wéi êmmer
schéi Wênsch fiir d'Feierdeg
och fiir d'Tageblatt-Team all Guddes
max