Aus Lausanne
Es waren noch ungefähr 30 Fahrer in der Spitzengruppe vertreten, als es ins Finale in die Côte du Stade Olympique in Lausanne ging. Ein Anstieg, der dem Finale vom vergangenen Donnerstag in Longwy ähnelte. Nur war das Finale am Samstag in der Schweiz länger, was Jungels in die Karten spielte. Etwa 300 Meter vor dem Ziel war dann ganz vorne Bob Jungels zu sehen. Der 29-Jährige hatte sich zuvor stets gut positioniert, wirkte noch frisch und lancierte den Sprint.
Am Ende fuhren acht vorne noch an Jungels vorbei. Ganz vorne siegte Wout van Aert (Jumbo-Visma) vor Michael Matthews (Team BikeExchange – Jayco) und dem Führenden der Gesamtwertung, Tadej Pogacar (UAE). Jungels zog sein Tempo durch und fuhr als Neunter in die Top Ten. Der Profi von Ag2r-Citroën bestätigt damit seine Leistungen aus den Vorwochen. Die Formkurve zeigt stetig nach oben. „Es deutet sich seit ein paar Tagen an, dass ich langsam ganz vorne mitfahren kann“, sagte ein sichtlich zufriedener Jungels nach der Zielankunft. Die Glückwünsche seines Teams nahm er lächelnd entgegen und auch im Gesicht des Siegers von Liège-Bastogne-Liège 2018 war Zufriedenheit zu erkennen. Doch der Luxemburger gibt sich nicht komplett glücklich. „Es ist eine große Freude für mich, auch wenn ich ein bisschen wütend bin. Ich habe durch einen Amateur-Fehler einen besseren Platz verspielt.“
? @WoutvanAert wins another stage after an incredibly tense finish!
? Watch the last KM now!
? Wout van Aert accroche un 2e succès sur le #TDF2022 au terme d'un final palpitant !
? Revivez le dernier KM de la 8e étape ! pic.twitter.com/S06m5JalxC
— Tour de France™ (@LeTour) July 9, 2022
Jungels zog den Sprint der Gruppe zwar etwas früh an, doch die Tatsache, dass er dies überhaupt tat, zeugt einerseits von einer hohen körperlichen Leistungsfähigkeit, andererseits von großem Selbstvertrauen. „Ich bin bis 300 Meter vor dem Zielstrich ruhig geblieben. Ich hatte dann Angst, eingesperrt zu werden. Den Sprint 300 Meter vorher anzuziehen, war ein bisschen zu weit. Es ist schwer zu beschreiben, was da im Kopf los war. Ich habe mich etwas von Guillaume Martin (Cofidis) mitziehen lassen, er war vor mir. Wenn ich da ruhig geblieben wäre, wäre vielleicht ein Top-5-Resultat drin gewesen. Gegen Van Aert ist kein Kraut gewachsen. Ich bin aber vorne dabei gewesen und das ist eine große Sache für mich nach den letzten zwei, drei Jahren.“ Der Anstieg in Lausanne lag Jungels dabei besser. „Ein solch schwieriges ‚Plateau’ kannst du auch mit etwas mehr Kilogramm fahren. Auf den ‚faux-plats’ konnte ich mich ein wenig erholen“, erklärte der Rollinger.
Covid-Fälle im Peloton
Der Tag hatte für Ag2r-Citroën und Jungels dabei weniger gut angefangen. Am Morgen kommunizierte das Team, dass der französische Fahrer Geoffrey Bouchard positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Damit muss der 30-Jährige die Tour verlassen. Auch Vegard Stake Laengen wurde positiv auf Corona getestet. Pikanterweise ist Laengen Mannschaftskollege von Pogacar.
Zu Beginn der 8. Etappe war auch Jungels nach einem Massensturz zu Boden gegangen. Bis auf ein paar Kratzer zog sich der Luxemburger aber keine weiteren Verletzungen zu. Nicht gut sieht weiterhin Ben O’Connor aus. Der Australier fuhr die ganze Etappe auf den letzten Plätzen des Pelotons, am Ende büßte er 9:11 Minuten ein. Doch auch Aurélien Paret-Peintre, der die beste Aussicht für eine Platzierung im Gesamtklassement hat, büßte am Samstag 18 Sekunden ein und fällt damit in der Zwischenwertung auf Platz 15 zurück. Jungels, der keine Platzierung im Gesamtklassement anpeilt, liegt dort nach acht von 21 Etappen auf dem 24. Platz. Jungels hat 6:52 Minuten Rückstand auf Pogacar.
Geniets kritisiert Peloton
Einen ordentlichen Tag erwischte der zweite Luxemburger im Feld, Kevin Geniets (Groupama-FDJ). Der 25-Jährige fuhr die Etappe über an der Seite von Teamleader David Gaudu, der beim großen Sturz zu Beginn der Etappe auch betroffen war. „Wir mussten auf ihn warten“, sagte Geniets, der dann deutliche Worte für das Verhalten der anderen Fahrer nach dem Sturz findet. „Die Ausreißergruppe war schon weg, aber es wurde einfach weiter attackiert. Es ist kein Respekt mehr im Peloton vorhanden.“
Gaudu schaffte es am Ende, die Etappe ohne weitere Verletzungen und vor allem ohne Zeitverlust zu überstehen. Nach erledigter Arbeit ließ es Geniets langsamer angehen und fuhr 3:10 Minuten nach Van Aert als 67. durchs Ziel. „Es war ein langer Tag. Die Beine waren ein bisschen weniger gut, aber das ist normal, das kommt vor.“
Am Sonntag geht es nach dem Start in Aigle, dem Sitz des Radsport-Weltverbandes UCI, erstmals in die Alpen. Auf der Bergetappe hinauf nach Châtel-les Portes du Soleil müssen die Fahrer unter anderem zwei Anstiege der ersten Kategorie bezwingen. Die Top-Favoriten dürften hier nochmals in Erscheinung treten, ehe am Montag, eine Woche nach dem Transfer von Dänemark nach Frankreich, der erste „echte“ Ruhetag der Tour auf dem Programm steht.
Im Überblick
8. Etappe: Dole – Lausanne (186,5 km):
1. Wout van Aert (Belgien/Jumbo-Visma) 4:13:06 Stunden, 2. Michael Matthews (Australien/Team BikeExchange-Jayco), 3. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates), 4. Andreas Kron (Dänemark/Lotto Soudal), 5. Alberto Bettiol (Italien/EF Education-EasyPost), 6. Alexander Wlassow (Bora-hansgrohe), 7. Thomas Benjamin (Frankreich/Cofidis), 8. Jonas Vingegaard (Dänemark/Jumbo-Visma), 9. Bob Jungels (Luxemburg/Ag2r Citroën Team), 10. Thomas Pidcock, 11. Thomas Geraint (beide Großbritannien/Ineos Grenadiers), 12. David Gaudu (Groupama-FDJ) alle gleiche Zeit, … 67. Kevin Geniets (Luxemburg/Groupama-FDJ) 3:10 Minuten zurück
Gesamtwertung nach 8 von 21 Etappen:
1. Pogacar 28:56:16 Stunden, 2. Vingegaard 0:39 Minuten zurück, 3. Geraint 1:14, 4. Adam Yates (Großbritannien/INEOS Grenadiers) 1:22, 5. Gaudu 1:35, 6. Romain Bardet (Frankreich/Team DSM) 1:36, 7. Pidcock 1:39, 8. Neilson Powless (USA/EF Education-EasyPost) 1:41, 9. Enric Mas (Spanien/Movistar Team) 1:47, 10. Daniel Felipe Martinez (Kolumbien/Ineos Grenadiers) 1:59, … 24. Jungels 6:52, … 58. Geniets 21:24
Na also. Geht doch. Weiter so Bob..