Normal dauere es nicht länger als eine Nacht, bis Christine Majerus ein Rennen verarbeitet hat. Doch manche Nächte sehen nach besonderen Rennen bei der 35-Jährigen ganz verschieden aus. „Es hängt vom Rennen und vom Verlauf ab“, sagt Majerus. „Bei der Tour des Flandres sind wir zum Beispiel abends gegen 18 Uhr angekommen. Nach dem Sieg von Lotte Kopecky waren wir noch essen, es war sehr euphorisch. Dann ist es schwer, herunterzukommen und einzuschlafen.“
Ähnlich erging es Majerus nach Paris-Roubaix am Samstag. Doch nicht, weil die Euphorie überwog, sondern im Gegenteil – mit dem 26. Platz war sie alles andere als zufrieden. „Man sucht nach solchen Rennen vor allem nach Erklärungen. Man denkt nach, doch als Sportler muss man solche Rennen so schnell wie möglich abhaken.“ Eine Erklärung für ihre Leistung, die nicht die Erwartungen erfüllte, hat die sechsfache Sportlerin des Jahres aber schnell gefunden. „Ich hatte bei der Tour des Flandres (3. April) die Form, die ich wollte. Auf der Streckenbesichtigung von Paris-Roubaix (6. April) fühlte ich mich sehr gut. Die Vorfreude war groß. Am letzten Wochenende vor dem Rennen habe ich aber dann schnell gemerkt, dass irgendwas nicht läuft, wie es sollte.“
Majerus bekam Halsschmerzen, die Nase war verstopft. „Ich musste die Handbremse ziehen und meinem Körper so viel Ruhe wie möglich geben.“ Zwei Tage pausierte sie komplett, ehe sie wieder ins Training einstieg. Zwar sah man das luxemburgische Landesmeistertrikot in der ersten Hälfte des Rennens immer wieder weit vorne, doch der Eindruck täuschte – Majerus fühlte sich nicht wohl. „Ich habe schnell gemerkt, dass mir die Leichtigkeit auf dem Kopfsteinpflaster fehlte. Ich wollte die ersten eineinhalb Stunden abwarten, weil es danach, vor allem nach einer Krankheit, manchmal besser geht. Das war aber leider nicht der Fall.“
Roubaix bleibt ein Ziel
Viel besser lief es für Elisa Longo Borghini (Trek-Segafredo). Die Italienerin attackierte 34 Kilometer vor dem Ziel und erarbeitete sich einen Vorsprung, den sie bis ins Ziel rettete. 23 Sekunden später fuhr Majerus’ Teamkollegin Lotte Kopecky als Zweite über den Zielstrich. Dritte wurde Lucinda Brand, die einen perfekten Tag für Trek-Segafredo abrundete. Majerus selbst hatte 4:35 Minuten Rückstand auf die siegreiche Italienerin. „Ich bin persönlich enttäuscht, aber auch für das Team. Ich war Co-Leader und konnte somit nicht das zurückgeben, was von mir erwartet wurde. Ich kann mir aber keinen richtigen Vorwurf machen, weil ich gut aufgepasst habe, um nicht krank zu werden. Es sollte nicht sein.“
Doch Majerus will zurückkommen – ihr Vertrag läuft zwar in diesem Jahr aus, Sorgen macht sie sich aber nicht. „Ich bin voller Hoffnung, noch einmal die Chance in Roubaix zu bekommen. Das Rennen bleibt ein Ziel, weil es mein absolutes Lieblingsrennen ist. Ich bin 100 Prozent davon überzeugt, dass ich zu den Besten auf dieser Strecke gehöre. Egal welche Bedingungen – ob trocken oder nass.“
Für Majerus steht nun erst mal eine zweiwöchige Rennpause bevor. Bei der Flèche wallonne (20. April) und Liège-Bastogne-Liège (24. April) ist das Ardennen-Team der Mannschaft dran, zu dem die Luxemburgerin nicht gehört. Die erste Saisonhälfte wird sie dann beim heimischen Festival Elsy Jacobs (29. April – 1. Mai) abschließen. Rückblickend ist Majerus doch schon „extrem zufrieden. Es war eins meiner besten Frühjahre. Ich bin bei Gent-Wevelgem und der Flandern-Rundfahrt sehr offensiv gefahren. Dazu kommt mein Sieg beim Drentse Acht van Westerveld. Ich habe meine Arbeit immer mehr als erfüllt. Zwar hätte ich das Frühjahr mit einer positiven Note bei Paris-Roubaix viel lieber abgehakt, doch schlussendlich soll das Resultat bei Paris-Roubaix nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich ein gutes Frühjahr gefahren bin.“
Ergebnis
2. Paris-Roubaix, Eintagesrennen von Denain nach Roubaix (124,7 km):
1. Elisa Longo Borghini (Italien/Trek-Segafredo) 3:10:54 Stunden, 2. Lotte Kopecky (Belgien/SD Worx), 3. Lucinda Brandt (Niederlande/Trek-Segafredo), 4. Elise Chabbey (Schweiz/Canyon//SRAM Racing), 5. Marta Cavalli (Italien/FDJ), 6. Floortje Mackaij (Niederlande/DSM), 7. Ellen van Dijk (Niederlande/Trek-Segafredo) alle 0:23 Minuten zurück, 8. Chantal van den Broek-Blaak (Niederlande/SD Worx) 0:32, 9. Pfeiffer Georgi (Großbritannien/DSM), 10. Sandra Alonso (Spanien/Ceratizit-WNT Pro Cycling) beide 2:22, … 26. Christine Majerus (Luxemburg/SD Worx) 4:35
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