Sanktionen werden beschlossen, nicht nur gegen russische Firmen, sondern auch gegen russische Künstler, Intellektuelle, Wissenschaftler und Sportler: diese werden boykottiert, ausgeschlossen, verbannt. Man löst ihre Kontrakte auf, lässt sie nicht mehr auftreten, nicht mehr ihren Tätigkeiten nachgehen. Menschen mit russischer Nationalität sollen damit stigmatisiert, gedemütigt, gebrandmarkt werden. Russische Tennisspieler, im Gegensatz zu andern Sportlern, können zwar zurzeit noch an Turnieren teilnehmen, aber nicht unter dem Namen Russland. Sie sind sozusagen mit einem Schlag staatenlos gemacht worden. Ihre Namen werden mit einem Sternchen versehen, d.h. eine Art „scharlachroter Buchstabe“ wird ihnen an die Brust geheftet. Man nimmt ihnen ihre Identität, macht sie zu Nicht-Personen, zu Parias der Weltgesellschaft. Diese Menschen müssen also, egal wie ihre Haltung gegenüber dem Krieg und der russischen Regierung sein mag, für die Taten dieser Regierung büßen. Die Organisatoren des Tennisturniers von Wimbledon wollen anscheinend sogar ein Bekenntnis von den russischen Tennisspielern, in dem diese sich von Präsident Putin distanzieren und die russische Regierung desavouieren.
Ist den Regierungen, ist der Öffentlichkeit im Westen bewusst, dass dieses Vorgehen Gesinnungsschnüffelei darstellt, ja eine Form von Sippenhaft und kollektiver Geiselnahme? Während ein Diskurs von Demokratie, Freiheit und Menschenrechten geschwungen wird, greift man auf totalitäre, quasi-neostalinistische Methoden zurück oder auch Prozeduren, die an die „Heilige Inquisition“, die ja eigentlich eine unheilige war, erinnern. Nicht nur ein Volk als Ganzes, sondern die einzelnen Bürger werden, unabhängig von ihrer Einstellung, schuldig gesprochen, haftbar gemacht für die Politik einer Regierung, mit der sie doch vielleicht überhaupt nicht einverstanden sind. Im Übrigen könnte sich dieses Verhalten westlicher Regierungen als kontraproduktiv erweisen, da es auch kritisch gesinnte russische Bürger, die ihre Würde, ihren Stolz verteidigen wollen, dazu bringen könnte, sich wohl oder übel mit der Regierung ihres Landes zu solidarisieren.
Der Westen wirft die Prinzipien, die er lauthals verkündet, bedenkenlos über Bord. Man mag sich fragen, wie viele Menschen in Europa empört sind über dieses Gebaren. Proteste jedenfalls scheint es bisher nicht gegeben zu haben.
Krieg ist ein Entlarver. Er bringt durchweg wenig Heroismus, aber viel Niedertracht hervor. Der derzeitige Krieg in der Ukraine richtet neben vielem anderen auch Schaden an der politischen Kultur des Westens an. Eifern und Geifern statt kritische Auseinandersetzung. Eine Art politischer und moralischer Kollateralschaden.
Ëmmer gi mir hei am Weste geschleeft, wat hunn déi Stengeforter Iech ugedoen?
@W.D.
argumentieren sie ohne persönlich zu werden.Das ist das mindeste in einer Diskussion, wenn sie denn etwas bringen soll.
Ob sie sich schämen oder nicht ist mir ziemlich egal.
Guten Tag Herr Clesse,
meine katholischen luxemburgischen Eltern wurden von amnesiekranken Inquisitionstätern zur niederträchtigen Solidarität mit Kriegstreibern und Holocaustfanatikern gezwungen. Die fehlende kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema wirft ewige Schatten über ein nährbodenreiches Land.
MfG
Robert Hottua
@HTK da habe wir ihn ja wieder, den Druck aus der Mitte heraus Befürworter, den kleinen Revoluzer. Den geografisch und politisch bis zum Rhein denkenden.
Und von Zeit zu Zeit muss man sich sogar für seine Mitmenschen im eigenen Land schämen, da muss man nicht weit gehen!
Es soll ja nicht mehr heißen dürfen "DAS haben wir nicht gewusst." (Holocaust) Wenn das Volk ,respektiv dessen Widerstand gegen ein Regime,noch das einzige Mittel ist,dann ist es doch nur legitim auch dieses letzte Mittel einzusetzen.Wenn das russische Volk den Druck aus dem Ausland nicht spürt und ohne zu mucken zusieht wie die Ukraine abgefackelt wird weil die Regale voll bleiben und der Alltag normal dahinfließt,dann wird Putin sich einen Dreck scheren.
"Wenn irgendwo eine Ungerechtigkeit herrscht,dann ist es die Pflicht jedes rechtschaffenen Bürgers aufzustehen und lautstark zu protestieren." ( T.Jefferson ) Und ich nehme doch stark an dass auch Tennisspieler & Co rechtschaffene Menschen sind.Zur Zeit würde ich mich schämen Russe zu sein.Und es gibt deren ja viele.Nur die müssen sich verstecken weil sie eine Minderheit sind.