Tageblatt: Die Corona-Infektionszahlen sind weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. War es die richtige Entscheidung, bis auf den Futsal-Betrieb alle anderen Indoor-Meisterschaften und -Turniere abzusagen?
Paul Philipp: So etwas ist ja immer schwer zu beurteilen. Es ist allerdings so, dass es sich, wie beispielsweise beim LaLux-Cup, um Turniere mit mehreren Mannschaften handelt. Dort werden also vier Teams in einer Halle vereint, mit bis zu 70 Teilnehmern. Wäre es nur jeweils ein Spiel gewesen, hätte man es sich überlegen können … Wir haben uns immer wieder von Woche zu Woche entschieden. Es sind ohnehin schon ein paar Gemeinden vor drei, vier Wochen an uns herangetreten, die bereits zu diesem Zeitpunkt keine Indoor-Turnier-Form in ihrer Halle austragen lassen wollten.
Hatten Sie in den vergangenen Wochen auch Zweifel, dass Omikron die Wiederaufnahme der BGL Ligue beeinflussen könnte?
Wir haben in den letzten beiden Jahren ja eigentlich schon alles gesehen und teilweise auch gedacht, wir wären damit durch. Als die Zahl an positiven Fälle derart in die Höhe schnellte, hat man sich natürlich ein paar Fragen gestellt. Andererseits haben die Klubs ihre Testspiele in der Vorbereitung durchgezogen. Unsere Nachbarländer wie Belgien, Deutschland oder Frankreich haben den Spielbetrieb wieder aufgenommen, deshalb sind auch wir guter Dinge. Aber man muss nach wie vor aufpassen … Obschon ich hoffe, dass wir das Schlimmste überstanden haben – was nicht bedeutet, dass wir nicht noch die eine oder andere Partie werden verlegen müssen.
Wurde bereits von der FLF definiert, in welchen Fällen eine Partie verlegt werden wird?
Ja. Wir haben anfangs der Woche allen Vereinen mitgeteilt, unter welchen Bedingungen – Stand jetzt – eine Partie verlegt werden kann. Momentan sind es fünf positive Fälle. Ich betone ganz klar, dass diese Regel nicht nur für die BGL-Ligue-Klubs gilt, sondern für alle. Ich hoffe, dass diesmal wirklich alle Ligen, Jugendmannschaften und die Damen, ihre Saison zu Ende bringen können. Es sind Reglemente, die der Situation angepasst werden mussten. Da gibt es aber noch eine Ausnahme: Da die Torwartposition speziell zu behandeln ist, kann der Verein ebenfalls eine Verlegung beantragen, wenn beide Keeper (die an den drei letzten Spieltagen auf dem Schiedsrichterbogen standen) aufgrund einer Infektion ausfallen.
Am Freitag wurden die ersten Lockerungen angekündigt – mit u.a. einer Rückkehr zum allgemeinen 3G-Regime. Wie wichtig ist dieser Schritt für die Fußballklubs?
Für die Zuschauer gilt zumindest an diesem Wochenende noch das 2G. Die Klubs konnten ihr Konzept bei der „Santé“ einreichen, damit sie eine Sondergenehmigung bekommen, um mehr als 200 Zuschauer einzulassen. Das haben u.a. der F91 und die Jeunesse gemacht. Die Neuerungen sollten jetzt vieles einfacherer machen. Man darf nicht vergessen: Für unsere Klubs sind „en Thüringer an e Béier“, wie man so schön sagt, etwas ganz Wichtiges. Teilweise leben die kleinen Vereine davon.
Die Aufruhr war im Dezember relativ groß. Welchen Einfluss hat die derzeit noch geltende 2G-Regel auf die unterschiedlichen Divisionen?
Inzwischen wurden die damals angedachten 2G-Regeln ja bereits etwas abgewandelt. Wir haben es natürlich begrüßt, dass die Spieler sich impfen ließen. Das Reglement mit dem zusätzlich erforderlichen Schnelltest für Geimpfte wurde jetzt rückgängig gemacht. Das war ein wichtiger Schritt von offizieller Seite. Laut dem Text von damals hätten nämlich geimpfte und genesene Personen einen zusätzlichen Schnelltest machen müssen. In der Praxis hat der Spieler zum Beispiel vier- bis fünfmal Training. Über die Kosten des Materials rede ich nicht, aber es wäre ein enormer Aufwand geworden, besonders da ja auch die Reserven und Jugendmannschaften betroffen gewesen wären.
Insgesamt denke ich nicht, dass viele Spieler aufgrund der zwischenzeitlichen 2G-Regelung verloren gingen. Man muss es andersrum sehen und sagen, dass es positiv war, dass sich viele der Situation bewusst geworden sind und sich haben impfen lassen. Ob das allein wegen des Fußballs war, kann ich nicht behaupten. Es gab in der Tat ja ein paar bekannte Vereine, die im Dezember noch ein Dutzend ungeimpfte Spieler hatten. Bis auf die wenigsten Ausnahmen ist das inzwischen alles geregelt. Es ist im positiven Sinne viel geschehen.
Wie bewerten Sie die Zuschauerzahlen der Hinrunde?
Es waren nicht genug – das ist klar. Corona ist sicherlich eine Erklärung dafür. Innerhalb von ein paar Wochen sind die Zahlen nämlich rapide runtergegangen. Ich will nicht behaupten, dass auch die Bequemlichkeit dazu beiträgt, aber es ist halt inzwischen auch möglich, sich die Partien auf einem Bildschirm zu Hause anzusehen – ohne eben auf Maske und Abstand zu achten, oder wenn man mittags dann doch etwas mehr gegessen hat als geplant. Das ist ein Thema, über das wir uns in Zukunft mit den Vereinen unterhalten müssen. Erst wenn die Maßnahmen weggefallen sind, muss man die Zahlen dann vergleichen.
Zum rein Sportlichen: Die Liga hat keinen richtigen Überflieger mehr. Wie hat sich das Niveau seit der Aufstockung auf eine 16er-Meisterschaft inzwischen entwickelt?
Das ist ja noch nicht so schrecklich lange her. Zum Glück stießen damals mit Hesperingen und Wiltz zwei Mannschaften hinzu, die dem Niveau nicht geschadet haben. Auf lange Sicht – wenn Covid vorbei ist – muss man das alles analysieren und im Auge behalten. Es gab allerdings schon vor dieser Aufstockung eine Abflachung der Entwicklungskurve. Das kann man zwar nicht wirklich messen, es sind nur Eindrücke. Dadurch wurde allerdings alles spannender. Es gab in den vergangenen Saisons eben keine Mannschaft, die schon zehn Spieltage vor Schluss Meister war. Ich muss den Vereinen auch ein Kompliment dafür aussprechen, dass alle bis zum Ende durchgespielt haben, obschon es nach unten hin um nichts ging.
Am Beispiel Strassen sah man auch, dass es immer noch möglich ist, als sogenanntes „kleines Team“ vorne mitzumischen.
Das ist die positive Überraschung der Hinrunde. Es zeigt, dass der Klub im Sommer das richtige Händchen beim Management hatte. Sie haben sich verstärkt – und zwar richtig. Sie haben mit Nicolas Perez einen Stürmer geholt, der sich in diesem Umfeld wohlfühlt. Der Kopf spielt eine Rolle, das hat er ja auch selbst bereits gesagt. Egal, wie das ausgehen wird, Strassen hat bewiesen, dass mit Geschlossenheit und Willen vieles möglich ist, sogar mit einem Budget, das, so nehme ich an, kleiner ist als das der aktuellen Konkurrenten.
Wieder einmal hat auch eine handvoll Spieler Luxemburg in Richtung ausländische Profivereine verlassen. Welchen Ruf genießt die BGL Ligue im Ausland?
Der Ruf wird immer besser. Es ist ja ein Ganzes. Die beste Werbung machen allerdings die Spieler, die bereits im Ausland unter Vertrag stehen. Man nennt gerne Leandro Barreiro, da eben viele Menschen sich für die Bundesliga interessieren. Daneben haben aber gleich drei Luxemburger in diesem Jahr die Chance, Meister zu werden: Anthony Moris in Belgien, Sébastien Thill in Moldawien und Maxime Chanot, der den Titel in den USA bereits gewonnen hat. Hinzu kommen dann die Europapokal-Spiele unserer Vereine im Sommer. Auch unsere Nationalmannschaft trägt ihren Anteil – und die kann immer nur so gut sein, wie es die Spieler eben sind, die zur Verfügung stehen. Wir sehen das ja selbst aufgrund der Anzahl an Scouts, die sich jetzt für uns interessieren.
Welchen Einfluss hatte die Pandemie in diesem Winter auf den nationalen Transfermarkt?
Laut unseren Statuten sind ja im Winter nur zwei Transfers zugelassen. Ich finde, dass man Leuten, die sich im Sommer geirrt haben, nicht vier Monate später schon wieder die Gelegenheit lassen sollte, ihre Fehler auszubügeln. So ist das eben im Fußball. Wer die wenigsten Fehler im Sommer macht, braucht auch im Winter nicht viele Transfers. So war das schon immer. Es kann natürlich auch an den Finanzen liegen … Ich habe die Transfers zwar verfolgt, aber bei vielen kann ich mir keine Beurteilung erlauben, da ich sie gar nicht kenne. Es reicht ja nicht, Zidane zu kennen, oder der Bruder von X zu sein.
Zum Abschluss dann noch Ihr Geheimtipp: Wem trauen Sie derzeit den Meistertitel zu?
Obwohl es ja nach der Pause wieder einen Neustart geben wird, denke ich, dass die Mannschaft, die den komplettesten Eindruck hinterlässt, der F91 ist. Vor der Saison hatte ich an dieser Stelle den Swift Hesperingen als einen der Favoriten genannt. Dank ihrer individuellen Klasse sind sie zwar noch im Rennen, es müsste aber schon sehr viel zusammenkommen – und die vorne drin einen Durchhänger haben. Aber, und das ist sehr interessant, es gibt noch eine ganze Reihe Teams, die sich Hoffnungen machen können. Dann bleibt ja noch der Pokal. Das Finale wird im neuen Stadion stattfinden – mit demnach den beiden ersten Vereinsmannschaften, die dort antreten können. Das dürfte ja ein riesiger Anreiz sein. Ich hoffe zudem, dass es wieder Absteiger gibt. Nicht, weil ich irgendeinem Verein etwas Schlechtes wünsche, aber das gehört eben auch zum Sport dazu.
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