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RadsportTeil der „Union sacrée“: Geniets will seinen nächsten Schritt bei Groupama-FDJ machen

Radsport / Teil der „Union sacrée“: Geniets will seinen nächsten Schritt bei Groupama-FDJ machen
Kevin Geniets, hier bei den Landesmeisterschaften im Zeitfahren, fokussiert sich in diesem Jahr erneut auf die Klassiker Archivbilder: Anouk Flesch/Tageblatt

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Kevin Geniets will sich in dieser Saison wieder auf die Klassiker konzentrieren. Der 25-jährige WorldTour-Profi von Groupama-FDJ will „einen Schritt weiter machen“ und auch in den Finals der Rennen dabei sein – sei es für seine Leader oder für sich selbst. Das Kollektiv der französischen Mannschaft hat in diesem Jahr Großes vor – auch, weil ihr Teamchef die Leidenschaft zum Radsport vorlebt.  

Zweifellos, Marc Madiot kann Menschen in seinen Bann ziehen. Zwar ist der Manager von Groupama-FDJ dafür bekannt, große Parolen auszugeben, doch das Entscheidende ist: Dem 62-Jährigen kauft man die Worte ab. „Für uns muss 2022 ein sehr aggressives Jahr sein“, sagt er im Vorstellungsvideo von Groupama-FDJ. „Sehr aggressiv in der Herangehensweise, sehr aggressiv im Verhalten und in der Haltung, die wir bei den Rennen einnehmen werden.“ 

Beim ersten Trainingslager in Calpe lädt der Teamchef zu einer einstündigen Sitzung – mit dabei ist unter anderem der komplette Kader der Mannschaft. Madiot spricht mit Feuer in der Stimme, läuft im Saal auf und ab, gestikuliert, als würde er seine Hände sprechen lassen wollen. „Ich will, dass meine Fahrer verstehen, dass es nichts gibt, was unerreichbar ist“, sagt er. Dann wird Madiot still, sagt vier bis fünf Sekunden gar nichts, sein Blick ist starr. Und dann wird er wieder lauter. „Es ist nicht einfach, da stimme ich zu, die anderen sind stark, da stimme ich zu, aber ihr habt auch Stärken in euch. Es sind diese Kräfte in euch, die ihr verzehnfachen werdet, um dort oben zu sein!“ 2022 soll anders werden – 2021 sei nicht außergewöhnlich gut gewesen, aber auch nicht ganz schlecht. Doch um es in diesem Jahr besser zu machen, hat Madiot für die neue Saison eine „Union sacrée“ ausgerufen.  

Fokus auf die Klassiker

Einer, der bei dieser Ansprache dabei war, ist Kevin Geniets. „Marc Madiot ist jemand, der sehr gut motivieren kann“, sagt er. „Das Team ist alles für ihn, dort steckt er seine ganze Energie rein. Das Team steht voll hinter seinen Plänen. Es ist gut, dass er immer wieder anregende Projekte lanciert, damit wir uns nicht auf irgendetwas ausruhen.“ Persönlich habe Geniets kaum Kontakt zu ihm, lediglich im Trainingslager setze sich der Franzose ab und zu mal zu den Fahrern an den Tisch. „Er ist und bleibt halt der Boss“, erklärt Geniets. Insgesamt hat Groupama-FDJ nun fast 100 Mitarbeiter – umso wichtiger ist also ein Leitwolf, wie Madiot es ist. „Wenn es da nicht einen gibt, der die Rollen verteilt, wird es schwierig“, sagt der in Aix-les-Bains (F) lebende Luxemburger. 

Das Jahr der „Union sacrée“ soll sich vor allem darum drehen, Top-Ergebnisse einzufahren. Die Mannschaft will sich nicht mit zwei oder drei Fahrern in den Top Ten platzieren, sondern das bestmögliche Resultat für den Leader herausholen. „Wir wollen mit gebündelter Kraft unsere Kapitäne ganz nach vorne bringen“, sagt Geniets. „Zusammen wollen wir in diesem Jahr was Großes schaffen.“ 

2022 will Geniets trotz starkem Konkurrenzkampf bei der Tour dabei sein
2022 will Geniets trotz starkem Konkurrenzkampf bei der Tour dabei sein

Geniets selbst will in diesem Jahr einen weiteren Schritt in seiner Entwicklung machen. Der 25-Jährige hat nun zweieinhalb Jahre in der WorldTour hinter sich, hat sich bei den Klassikern etabliert und seine erste Grand Tour bestritten. „Bei der Vuelta habe ich einige Watt-Rekorde gehabt – sonst bin ich auch nie in die Top Ten bei großen Rennen gefahren. Im letzten Jahr aber gleich dreimal (Anm d. Red.: Geniets wurde beim Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT) 9., beim Tro-Bro Léon (1.Pro) 10. und auf der 14. Etappe der Vuelta (2. UWT) 8.). Auch ein Rennen wie Strade Bianche (Anm. d. Red.: Geniets beendete das Rennen auf Platz 16) wäre in den Jahren zuvor nicht möglich gewesen. Über mehrere Faktoren sehe ich, dass ich stärker war. Meine besten Jahre habe ich noch vor mir.“ 

Im Überblick

Voraussichtliches Rennprogramm von Kevin Geniets:
18.-20.2.: Tour des Alpes Maritimes et du Var (2.1)
26.2.: Omloop Het Nieuwsblad (1.UWT)
27.2.: Kuurne-Brüssel-Kuurne (1. Pro) 
23.3.: Brügge-De Panne (1.UWT)
25.3.: E3 Saxo Bank Classic (1.UWT)
27.3.: Gent-Wevelgem (1.UWT)
30.3.: Dwars door Vlaanderen (1.UWT)
3.4.: Ronde van Vlaanderen (1.UWT)
5.-12.6.: Critérium du Dauphiné (2. UWT)

Was ist nun der nächste Schritt, Kevin Geniets? „Definitiv bei den Klassikern weiterkommen“, sagt er zielbewusst. „Ich möchte da ins Finale fahren und einen weiteren Sprung schaffen. Außerdem möchte ich mich weiter im Berg verbessern, ähnlich wie ich es im letzten Jahr beim Dauphiné tat.“ Mit diesen zwei Rollen hat sich Geniets ambitionierte Ziele gesetzt. „Klassiker sind außerdem immer offen. Wenn Stefan Küng sehr stark ist, werden wir für ihn fahren. Es kann aber viel passieren – irgendwann bekommst du sicherlich auch die Chance auf deinen eigenen Freifahrtschein. Diese Chance muss man dann nutzen.“ 

Kampf um die Tour

Um diese Ziele zu erreichen, hat Geniets drei Trainingslager geplant. Im Dezember war er zehn Tage mit der Mannschaft in Calpe (E), aktuell ist er in einem privaten Trainingslager in Nizza (F), ehe es dann Ende Januar auf den Pico del Teide (E/Teneriffa) ins Höhentrainingslager geht. Erste Wettkampfpraxis wird er dann bei der Tour des Alpes Maritimes et du Var (2.1/18.-20.2) haben. Richtig ernst wird es schon eine Woche später, wenn mit dem Omloop Het Nieuwsblad (26.2./1.UWT) und Kuurne-Brüssel-Kuurne (27.2/1. Pro) das Eröffnungswochenende der Klassiker in Belgien ansteht. 

Geniets wird dann Paris-Nice bestreiten, ehe er voraussichtlich alle Klassiker bis zum Amstel Gold Race (10. April) fahren wird – dazu gehören Brügge-De Panne (23.3),  E3 Saxo Bank Classic (25.3.), Gent-Wevelgem (27.3), Dwars door Vlaanderen (30.3) sowie die Flandern-Rundfahrt (3.4./alle Rennen 1.UWT). Nachdem der luxemburgische Landesmeister im Straßenrennen und Zeitfahren dann eine Wettkampfpause eingelegt haben wird, will er sich beim Critérium du Dauphiné (5.-12.6/2. UWT) für die Tour de France empfehlen. Mit Michael Storer (AUS), Stefan Küng (CH), Thibaut Pinot, David Gaudu und Valentin Madouas (alle F) hat die Mannschaft am Dienstag bereits den Start von fünf Fahrern bei der Grand Boucle bestätigt – bleiben also nur noch drei Plätze offen. 

Bei der Klassiker-Kampagne hoffte Geniets darauf, die Rennen vor Zuschauern zu fahren. Zweimal war er schon in Antwerpen am Start, beide Male durfte er die besondere Atmosphäre auf der Strecke nicht spüren. Wie viele andere Menschen auch, betont Geniets, setze ihm die Corona-Pandemie zu. „Man hört ständig nur von dem Virus, überall. Es ist als Mensch belastend, aber auch für unseren Sport. Ein positiver Test bedeutet sofort, dass man nicht trainieren kann oder Rennen fahren kann.“ Der 25-Jährige, der in der kommenden Woche seine dritte Impfung erhalten wird, habe immer sehr auf die Hygienemaßnahmen geachtet, sagt aber auch, dass er im Winter etwas „normaler gelebt“ habe. „Ich habe jetzt wieder angefangen, mich abzuschotten. Als Radsportler achtest du schon auf sehr viel: dein Training, deine Ernährung, deine Erholung – mit Corona kam noch ein großer Faktor dazu. Ich war gestern (Dienstag) mit Romain Bardet fahren – er sagt das Gleiche. Für viele ist die Situation mental sehr schwierig.“