Das Bücherlesen ist für viele Menschen mehr als nur ein visuelles Erlebnis. Das Seitenrascheln zu hören, den Duft des Papiers einzuatmen, mit den Fingern über die Seiten zu fahren, das Gewicht des Buchs in den Händen zu spüren, vielleicht auch mit Eselsohren die Stationen seines Lektüre-Weges zu markieren … Am Bücherlesen mögen viele die Tatsache, dass es alle Sinne mit einbegreifen kann. Dass die Reize, die man über die Haut, die Nase und die Ohren aufnimmt, zwar nicht unbedingt notwendig sind, um diese Kunst zu praktizieren – denn ja, Bücher richtig zu lesen, ist durchaus eine Kunst –, aber die Erfahrung dennoch so bereichern, dass etwas an der Lesefreude und vielleicht auch am Verständnis dessen, was man liest, verloren geht, wenn man notgedrungen darauf verzichten muss.
Und eben dieses Prinzip findet man auch in der Literaturbranche an sich vor, wo die Lust am Buch auf so viele Weisen gelebt und gefördert wird, unter Gebrauch aller Sinne und – und das ist ihre Stärke – am liebsten in Gemeinschaft und im Austausch mit anderen Menschen. Man denke an Schreibwerkstätte und Lesegruppen, Lesungen und Buchmessen: All diese Veranstaltungen, auf denen sich Buchliebhaber treffen, garantieren ein ganzheitliches Erleben von Literatur.
Besser denn je konnte man dieses Jahr beobachten, wie groß der Hunger nach eben diesem direkten Kontakt war. Berge wurden versetzt, um Großveranstaltungen wie die Frankfurter Buchmesse oder auch – auf nationaler Ebene – die „Walfer Bicherdeeg“ unter angemessenen sanitären Bedingungen zu ermöglichen. Im Herbst spürte man deutlich den Aufwind, der den Luxemburger Literaturbetrieb durch das erneute Stattfinden dieser Events erfasste. Ein Glück für den Sektor, der sich mitten in einem Prozess der Professionalisierung befindet. So wurde erst im September 2020 die Schriftstellervereinigung „A:LL Schrëftsteller*innen“ gegründet und im Laufe dieses Jahres erhielt das ebenfalls noch junge Exportbüro „Kultur|lx“ mit Jean-Philippe Rossignol einen erfahrenen, interessierten und gut vernetzten Teamleader für die Literatursparte.
Also alles Zeichen, die in eine bessere Zukunft weisen … Hätte sich die Pandemielage in den vergangenen zwei Monaten nicht wieder verschärft. Zunächst waren es nicht die hochschnellenden Infektionszahlen, sondern der ellenlange Corona-Rattenschwanz, der dem Literaturbetrieb zu schaffen machte: Lieferkettenprobleme und steigende Rohstoffpreise führten zu einer anhaltenden Papierknappheit, unter der besonders die Verlage leiden. Dazu gesellt sich nun die neue Virusvariante Omikron, die Anfang nächsten Jahres, wenn der Luxemburger Kulturbetrieb wieder aus dem Winterschlaf erwacht, sicher für weitere Probleme sorgen wird.
Wie und in welcher Geschwindigkeit sich der Luxemburger Literaturbetrieb fortentwickelt, bleibt also eine spannende Frage. Die Tatsache, dass die Menschen aus der Branche dieses Jahr eine Vielzahl an Hürden erfolgreich genommen haben, lässt einen aber optimistisch aufs nächste Jahr blicken.
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