Anfang des Jahres verschwand der Einwegplastik aus dem Wiltzer „Pëtz“. Die Pommes wurden seither in Papierschalen verkauft, Getränke nur noch in Gläsern oder in wiederverwendbaren Bechern serviert. In den Startlöchern steht auch bereits das nächste, umweltschonende Produkt: die „Mubowl“. Die in Luxemburg hergestellte Mehrweg-Halterung für Essen und Trinken wird von der lokalen Firma „yoursolution.lu“ angeboten. Bevor das neue Material in der Rückrunde in den Einsatz geht, wird der alte Stock noch aufgebraucht. „Anfangs waren viele Leute natürlich skeptisch, da sie dachten, die Umsetzung unserer Konzepte würde zusätzlichen Aufwand für sie bedeuten. Letztlich muss aber jetzt niemand mehr zerdrückte Plastikbecher einsammeln, denn Mehrwegbecher bringen die meisten Zuschauer zurück zur Theke“, erklärte Michael Schenk, Präsident des Fußballklubs.
Die neuen Wege der Öslinger haben bereits über die Landesgrenzen hinaus Eindruck hinterlassen. Im März wird der Verein eine internationale Konferenz zum Thema Nachhaltigkeit auf die Beine stellen, mit Vorträgen von Teilnehmern „aus der ganzen Welt“. Angemeldet hat sich u.a. der FC St. Pauli, nachdem sich bereits der ehemalige Geschäftsführer von Bundesligist Hoffenheim in Wiltz einen Eindruck verschafft hat, wie Schenk und Co. die Ideologien einer „grüneren“ Vereinsführung umsetzen.
Inspiriert wurden die Wiltzer derweil auch von Green Forest Rovers, einem absoluten Pionier in puncto Klimaneutralität: Die Trikots des englischen Viertligisten bestehen aus Bambusfasern, die Bratwurst im Stadion ist vegan und der Energiebedarf wird vollständig aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt. Ganz so weit geht man im Norden Luxemburgs nicht – auch wenn der Ausrüster für die Uniformen, Playerlayer, der gleiche ist. „Wir nutzen die Trikots jetzt seit sechs Monaten und haben noch absolut keine Probleme damit. Unsere Jugend erhielt vom Nikolaus ebenfalls eines dieser Shirts, die aus Bambusfasern und recyceltem Kaffeemark hergestellt werden.“
National, regional und lokal
Der Fußballklub kann sich bei der Umsetzung seiner Projekte zudem auf die Unterstützung der lokalen Produzenten verlassen. Die drei Elektroautos stellte der lokale Autohändler zur Verfügung und „unser Bier brauen wir bekanntlich hier in Wiltz“. Doch auch die nationale Bio-Cola und die regionale Wurst vom Metzger gehören zur Produktpalette im Stadion. Geputzt und gespült wird mit Produkten einer nachhaltigen Firma. „Die Mittel werden genau dosiert und mit Wasser vermischt. Im Endeffekt wird das sogar billiger, denn man benutzt weniger große Quantitäten.“ Die Preis-Leistungs-Frage lasse sich einfach beantworten, ist sich der Präsident sicher: „Die Elektroautos verbrauchen weniger, unsere Trikots wurden vom Hersteller gesponsert und das Wasser kommt aus dem Spender und nicht aus teuren Flaschen.“
Mit dem Atelier Hondsburren ATP wurde zuletzt ein weiterer Akteur ins Boot geholt: Die Werkstatt betreut 40 Personen mit Suchtproblemen, die Müsli-Riegel herstellen. Langfristig wird angestrebt, dass die Inhaltsstoffe in Wiltz angebaut werden – beispielsweise ist nicht ausgeschlossen, dass die Stadt bald ein eigenes Quinoa-Feld anlegen wird. „Wir werden jetzt gemeinsam mit dem Atelier einen Müsli-Riegel für die Mannschaft entwickeln. Unser Ernährungsberater wird mit ATP einen Snack entwickeln, den die Spieler vor und während einer Begegnung essen können.“ Die Verpackung besteht selbstverständlich nicht aus Plastik, sondern aus recyceltem Karton.
Der Erfolg gibt dem Fußballklub recht. Sowohl national als auch international haben die Konzepte des FC Wiltz von sich reden gemacht. Für Schenk ist die Vorreiterrolle seines Vereins von langfristiger Bedeutung, weit über die Resultate vom Wochenende hinaus: „Als Verein hat man einen Einfluss auf seine Jugendsportler und die gesamte Region. Man kann ein paar Denkanstöße geben, auch wenn es nicht direkt etwas mit dem Sportlichen zu tun hat.“
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