Headlines

LeserforumWie lange noch dürfen Menschen ihren Israelhass ungebremst ausleben?

Leserforum / Wie lange noch dürfen Menschen ihren Israelhass ungebremst ausleben?
 Foto: AFP

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am 11.11. d.J. erschien ein Leserbrief von Frau Schleimer im Tageblatt, in dem sie freimütig zahlreiche antisemitische Äußerungen tätigt, als moralisierende Israelkritik getarnt. Das klingt weit neutraler als es ist, und deshalb ist es an der Zeit, Leserbriefe wie den von Frau Sch. zu analysieren und offenzulegen, warum es antisemitisch ist, wenn man schreibt, was diese Frau schreibt.

Eine Stichwortauswahl aus Zeitungsberichten soll die im Titel vorgenommene Verteufelung Israels als Staat, der Nazimethoden anwendet, festigen. Danach folgt ein Beispiel angeblicher israelischer Militärgewalt gegen eine alleinstehende Frau, deren Haus brutal abgerissen worden sei. Die gewählten Worte Sippenhaft, Nacht-Nebel-Aktion, Nazimethoden … und die Situation als solche setzt Israelis den Nazis gleich. Nach den gängigen Arbeitsdefinitionen von IHRA, dem Dokument Nr. 9 der ECRI vom 1.7.2021 und der aktuellen Antisemitismusforschung wird die Gleichsetzung von Israelis mit Nazis als antisemitisch eingestuft.

Frau Sch. spricht sich selbst vom Antisemitismusvorwurf frei (was aber nun mal so nicht funktioniert!) und attackiert dafür die israelische Regierung. Dann wendet sie sich den „Nachkommen der verfolgten Juden in Europa“ zu; Nazi-Mörder werden zu „Peinigern“ degradiert. Diese Ausdrucksweise reduziert den Holocaust auf „Verfolgung“ und „Peinigung“, blendet ihn begrifflich aus. Der Holocaust wird damit verharmlost. Die ätzende Frage „Darf man anderen das antun, nur weil die Verwandtschaft das ja auch erlitten hat?“ verstärkt das noch. Das gilt als antisemitisch; dafür gibt es keine andere Kategorie, auch wenn man das nicht wahrhaben will.

Pseudowissenschaftlich hantiert sie mit dem Stockholm-Syndrom und weiß offenkundig nicht, worum es dabei geht. Nämlich, dass Geiseln unter Gefangenschaft und Isolierung Wahrnehmungsverschiebungen durchleiden und positive Gefühle gegenüber ihren Geiselnehmern entwickeln können. Was hat das mit Israel und den Palästinensern zu tun? Gar nichts. Und es hat auch nichts mit Juden, Israel und Nazis zu tun. Das ist so bösartig wie absurd. Das ist keine Psychologie, sondern lediglich die aberwitzige Verkleidung wirrer Thesen. Es sind von Antisemitismus durchtränkte Phrasen.

Wo immer sie kann, arbeitet sie an der Delegitimierung des Staates Israels, frontal oder mit beiläufigen Formulierungen wie „zivilisierte Völker, die sich für rechtsstaatlich halten“. Gleichzeitig legitimiert sie sämtliche Aktionen militanter Palästinenser, verharmlost deren mörderische Attacken und stuft sie als reine Notwehr ein, die von den Israelis selbst zu  verantworten sei. Eine abstruse Umkehr-Argumentation.

Sätze wie „Israel muss endlich lernen, mit einem eigenständigen palästinensischen Staat zu leben“ sind so anmaßend wie verblendet. Ein Blick in die Geschichtsbücher der freien Welt zeigt schnell, dass alle Angebote, diesen Staat sich gründen zu lassen, von Beginn an freimütig von arabischen Politikern abgelehnt und mit Krieg beantwortet wurden. Weil die Kriege verloren wurden, gibt es Israel noch. Weil die Kriege regelmäßig verloren wurden, verlegte man sich auf Terroranschläge. Weil sich Israel dagegen zur Wehr setzt, gibt es Israel noch. Den Konflikt auf den Siedlungsbau reduzieren zu wollen, ist im besten Fall naiv.

Frau Sch. scheut kein Klischee und fordert, dass wir (?) nicht vergessen sollten, dass Israel der Ursprung der Aggression in den 1940er Jahren (!) sei. Und käut damit die Vorstellung vom bösen Juden wieder, dessen aggressives Verhalten ganze Nationen mit dem Untergang bedroht. Hitlers Formel „Die Juden sind unser Unglück“ wird so zu „Israel ist das Unglück der Palästinenser“. Das ist antisemitisch. Was sollte es sonst sein?

Dann wird das Bild vom allmächtigen Israeli bemüht, „dem sich niemand entgegenzustellen wagt“, der also in der „internationalen Politik“ alles unter Kontrolle hat. Auch das triggert die alten, verqueren Vorurteile vom Streben der Juden nach Weltherrschaft an und es macht Angst, dass dies so beiläufig daherkommt.

Die Phrase vom „schlechten Gewissen aus dem 2. Weltkrieg“ impliziert, dass Israel dieses „schlechte Gewissen“ ausnutzen würde und diskreditiert Israel so auf besonders perfide Weise. Es überhöht die Nachkriegsereignisse ebenso infam. Der Begriff „schlechtes Gewissen“ in diesem Zusammenhang verhöhnt die Opfer noch bis heute. Wenn er dann noch dazu benutzt wird, um gegen Israel zu argumentieren, liegt eine judenfeindliche Einstellung nahe.

Den fairen Frieden zwischen Palästinensern und Israelis will Frau Sch. damit erreichen, dass die „Israelis auch mal zurechtgestutzt werden“ … in diesem Leserbrief finden sich so viele antisemitische Elemente, dass er insgesamt als antisemitisch einzuordnen ist und dass er einfach nicht unwidersprochen bleiben darf.

Paule Schleimer
27. Januar 2022 - 20.23

Ist Kritik an Israel gleich Israelhass?
Ich habe lange überlegt, ob ich auf den Leserbrief von Frau Stober vom 25.11.21 im Tageblatt antworten soll, der meine Haltung in meinem Leserbrief vom 11.11.21 als „antisemitisch“ abstempelte, weil ich es wagte, Position zu beziehen gegen die Politik des Staates Israel in Bezug auf die Palästinenser. In meinen Augen ist es wichtig, dass in einer Demokratie jeder seine freie Meinung äußern darf, so also auch Frau St. und ich.

Was ich aber bedenklich finde, ist, dass Frau St. sich das Recht nimmt, mich persönlich als „antisemitisch“ zu verunglimpfen und meine Position als „Israelhass“ zu bezeichnen. Ist Kritik an einer Regierungspolitik gleich Hass? Ich glaube nicht. Aber, mit ihrem Leserbrief hat sie genau das bestätigt, was ich in meinem Leserbrief angesprochen hatte, nämlich, dass jeder, der es wagt, sich gegen die Politik des Staates Israel zu stellen, als antisemitisch abgestempelt und in die rechte Ecke gedrängt wird. Und deshalb meine ich, dass meine Stellungnahme dazu auch erfolgen soll. Es muss in einer Demokratie möglich sein, politische Meinungen zu vertreten und Missstände aufzuzeigen, auch wenn diese verschiedenen Leuten nicht gefallen, ohne dass man dafür persönlich an den Pranger gestellt wird. Denn in meinen Augen ist es ein großer Unterschied, ob ich die Politik eines Staates kritisiere oder einen Menschen wegen seiner Meinung öffentlich angreife.

Ich bin ein zutiefst friedliebender Mensch, der die Hoffnung nicht aufgegeben hat, dass alle Menschen in Frieden zusammen leben können, wenn sie dies wollen. Und das gilt auch für Palästinenser und Israelis. Ich respektiere die jüdische Religion und Menschen jüdischen Glaubens sowie Menschen aller Religionen und Glaubensrichtungen. Anderssein ist eine Bereicherung des Lebens und verlangt nach Toleranz und gegenseitigem Respekt. Ich verhöhne weder die Opfer des Holocausts noch hänge ich irgendwelchen Vorurteilen oder Verschwörungstheorien gegenüber Menschen jüdischen Glaubens an. Ganz im Gegenteil. Mit meinem Leserbrief wollte ich ganz bewusst sagen, dass es den Palästinensern heute ähnlich ergeht, wie es den Juden früher erging: sie werden aus ihrer Heimat vertrieben, in die ganze Welt verstreut, sie werden unterdrückt, enteignet, getötet und die meisten Menschen schauen einfach weg. Als die große Tragik und besonders schlimm in diesem Fall finde ich, dass die Vertreter eines Volkes, das so unter Verfolgung und Völkermord gelitten hat, anderen Menschen ähnliches Leid zufügen können. Und ich glaube nicht, dass man eine solche Einstellung als „antisemitisch“ und „böse“ abtun kann.

Wieder Mann
29. November 2021 - 16.04

@Orelie: In der rezenten Zeitgeschichte der Palästinenser, haben diese keine Wandlung vom mordenden Terroristen München 72 , vom Flugzeugentführern im Schulterschluss mit RAF, den Attentaten in Israel, den Raketenangriffen auf Israel,… zum Samariter erfahren . Im Gegenteil die vom Iran gesteuerte Hamas , die religiösen Fanatiker, …..sind eine ernste Gefahr für Israel.Auge um Auge, Zahn um Zahn. Allerdings müssten Sie als Unterstützer der radikalen Palästinenserpolitik wissen , es etliche , gemeinsame Friedensaktivistengruppen von Palästinenser, Israelis gibt, die eine Konföderation der beiden Seiten als Weg zum Frieden befürworten. Die Palästinenser die sich für den friedlichen Weg entschieden haben, von jenen Palästinensern deren Politik der Gewalt sie nicht vertreten als Verräter abgestempelt, ausgegrenzt werden und ihres Leben nicht sicher sind. Arte hatte vor zwei Wochen eine Reportage zu diesem Thema , wo Palästinenser , israelische Siedler in diesem Sinne zusammenarbeiten . Interessant in diesem Bericht , durch die Siedlungspolitik der Israelis eine Mehrheit an Palästinenser vom Unternehmer bis zum Müllmann einen Arbeitsplatz, Einkommen haben. Ohne Israelis hätten die Palästinenser weder Strom, Straßen,……noch eine abgesicherte Versorgung mit Waren. Die Hamas und co rührt eher die Trommel der Propaganda und schiesst lieber Raketen ab,….als sich um Frieden , die Versorgung ihrer Anhänger zu kümmern.

Orélie
29. November 2021 - 12.53

@Wieder Mann

"@Orelie :Die bilateralen Übereinkünfte , die zwischen Israel und den Palästinensern ausgehandelt worden sind und ihre Beziehungen regeln , beinhalten kein Verbot von Siedlungsbau "

Enthalten sie denn Übereinkünfte, dass Häuser von Palästinensern platt gemacht werden oder ihre Kinder erschossen werden und ihre Siedlungen bombardiert?

Wir haben auch keine Vereinbarung mit Frankreich, dass wir 'keine Siedlungen in Frankreich' errichten dürfen.
Die würden uns was husten wenn wir es versuchen würden.

Wieder Mann
27. November 2021 - 4.46

@Orelie :Die bilateralen Übereinkünfte , die zwischen Israel und den Palästinensern ausgehandelt worden sind und ihre Beziehungen regeln , beinhalten kein Verbot von Siedlungsbau . Informationen zum Thema finden Sie „Israelische Siedlungen und Internationales Recht „ ( embassies.gov.il).Ihr Vergleich mit den Briten hinkt , außer die Briten dem Terror der IRA ausgesetzt waren , Israel dem der Hamas & co. Die politische Zeitgeschichte hat bewiesen , mit Terroristen man nicht verhandeln kann.

Orélie
26. November 2021 - 20.51

Israelhass?
Nur weil man sagt, dass sie Gebiete besetzt haben?

Wir sagen dasselbe von den Briten, die noch immer 6 counties in Irland besetzt halten.

Deshalb hassen wir sie nicht.

Wieder Mann
26. November 2021 - 10.24

@Hoersplecker: Völkerrechtlich ist der Staat Palästina umstritten , erfüllt er nicht die Attribute der Staatlichkeit der deklarativen Theorie. (Montevideo Konferenz) Regierung - definiertes Staatsgebiet - ständige Bevölkerung. Palästina hat kein definiertes Staatsgebiet, noch einheitliche Regierung. Die Fatah regiert im Westjordanland , die Hamas beansprucht den Gazastreifen. Unsere westliche Welt vergisst zu leicht der Staat Palästina nicht von einer Befreiungsarmee 1988 in Alger gegründet worden ist , sondern von der PLO . Die PLO in Europa für etliche Terroranschläge die Verantwortung trug , die RAF ausbildete . Fatah,Hamas die Nachfolgeorganisationen segeln ebenfalls nicht in friedlicheren Gewässer und mir scheint den Staat Israel an den Pranger stellen , falsch ist . Die Kritiker des Staates Israel unterstützen , gewollt oder ungewollt , radikale Organisationen, fördern das Gewaltpotential.

den Hoersplécker
25. November 2021 - 23.45

Wie lange noch darf Israel seinen Hass auf seine Nachbarn ungebremst ausleben und Kritik daran als antisemitisch verunglimpfen?

Bei aller möglicherweise berechtigten Kritik an der ein oder anderen Wortwahl in besagtem Artikel und am Verhalten anderer Staaten: Der Staat Israel tut seit Jahren und Jahrzehnten wahrlich wenig um dort friedlich leben zu können. Sobald es aber jemand wagt dies zu sagen wird mit der Nazikeule auf Ihn eingedroschen.

In diesem Sinne, Feuer frei...

Realist
25. November 2021 - 7.24

Danke. Es gibt also noch Menschen, die ihren Verstand nicht sogleich zum Fenster hinaus schmeissen, sobald die Trigger-Worte "Israel" oder "Nahostkonflikt" fallen.