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SchulsportFür eine Zukunft auf dem Rad: Nathalie Lamborelle will Kindern das Radfahren näherbringen

Schulsport / Für eine Zukunft auf dem Rad: Nathalie Lamborelle will Kindern das Radfahren näherbringen
Nathalie Lamborelle ist „Directrice sportive“ der Rad-Abteilung der Lasel  Foto: Editpress/Julien Garroy

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„Erschreckend“ findet Nathalie Lamborelle, ehemalige Profi-Radsportlerin, die Kenntnisse der Kinder über das Fahrrad. Die Lehrerin des „Lycée des garçons“ in Esch will ihren Schülerinnen und Schülern jedoch dabei helfen, ihr Bike besser in den Griff zu bekommen – damit sie es in Zukunft mehr nutzen. 

Als langjährige Profi-Radsportlerin liegt es doch sehr nahe, dass Nathalie Lamborelle ihren Schülerinnen und Schülern das Radfahren näherbringen möchte. Es geht ihr vor allem darum, den Kindern den Umgang mit dem Rad beizubringen – um eine Nachfolgerin von Christine Majerus zu finden, unterrichte sie nicht, sagt sie lächelnd. „Wir sind im Schulbereich, da muss man abwägen und seine sportlichen Ambitionen herunterschrauben“, sagt Lamborelle. „Am Anfang dachte ich nicht, dass mir dieser Job als Lehrerin zusagt – eben weil ich aus dem Leistungssport komme. Ich habe aber sehr viel Spaß an der Arbeit und möchte, dass sich vermehrt Schülerinnen und Schüler trauen, das Rad zu nehmen.“ 

Lamborelle wirkt locker und strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Doch wenn die 33-Jährige über die Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen auf dem Rad spricht, beginnt sie, viele Punkte zu kritisieren. „Mir fällt auf, wie wenig Fahrrad gefahren wird, wenn ich sehe, was die Kinder auf dem Rad können“, sagt die dreifache luxemburgische Landesmeisterin im Straßenrennen. „Schaltung? Kennen sie nicht. Sie wissen nicht, was diese Hebel am Lenker sind. Das wissen fast 70 Prozent einer Klasse nicht – und das finde ich erschreckend.“ Zudem beobachte sie immer wieder, dass es Schüler gebe, die kein Rad fahren können. „Zuhause können einige auch nicht üben – weil sie kein Rad haben.“ Dass einige Schülerinnen und Schüler kein Rad fahren können, bezeichnet sie als „Problem der Zeit und der Gesellschaft“. Eltern hätten nach der Arbeit oftmals kein Interesse daran, mit dem Nachwuchs aufs Rad zu steigen. Gerade zu einer Zeit, in der man in Luxemburg mehr auf andere Verkehrsmittel umschwenken möchte, sei dies schwierig, sagt die Lehrerin. 

Lamborelle, die bis jetzt die letzte luxemburgische Fahrerin ist, die Christine Majerus bei den Landesmeisterschaften besiegen konnte, setzt sich stark dafür ein, den Kindern den Umgang mit dem Bike näherzubringen. Die Schule sei dafür ein geeigneter Ort. „In Luxemburg stehen überall Leihräder. Aber wenn wir auf die Jugend schauen, die nicht sicher fahren kann, dann bringt das nicht viel. Man muss mehr in der Schule machen, damit die Jugend für das Rad sensibilisiert wird.“ Insgesamt gibt es drei Veranstaltungen, die von der Lasel organisiert werden, um den Schülern beim Radfahren weiterzuhelfen: der „Bike Day“, die „Randonnée“ sowie ein Mountainbike-Rennen. Eigentlich hätte der „Bike Day“ als erstes Event am Donnerstag im Baumbusch stattfinden sollen, aufgrund der Sturmwarnungen musste er jedoch kurzfristig abgesagt werden. Ein neuer Termin ist nun für das dritte Trimester vorgesehen.

Große Verantwortung

Lamborelle ist für diese Veranstaltungen als „Directrice sportive“ der Radsport-Abteilung der Lasel verantwortlich. „Für mich ist das die schönste Veranstaltung“, sagt sie. „In zwei Stunden lernen die Schüler, ihr Fahrrad zu beherrschen – ohne Zwang, ohne Wettkampf.“ Auf zehn oder elf Stationen, was je nach Anzahl der Teilnehmer variiert, bekommen die Kinder von einem fahrradbegeisterten Lehrer die verschiedensten Dinge beigebracht: Berghoch fahren, Wheelies oder Sprünge. Ziel dieses Tages ist, dass die Schüler „einen schönen Nachmittag auf dem Rad verbracht haben“, erklärt Lamborelle, mit der Hoffnung, dass sich das eine oder andere Kind nach diesem Tag öfter auf das Bike setzt. 

Doch so viel dieser Tag auch wert sein mag, bringt er auch wieder Probleme mit sich. Denn aus dem „Lycée des garçons“ – der Schule, an der sie unterrichtet – hatten sich nur drei Schüler eingeschrieben, weil die Schule keine eigenen Bikes hat. Lamborelle, die ihre „Travail de candidature“ über Mountainbike im Schulsport geschrieben hat, sagt, dass bis auf zehn Schulen in Luxemburg jede ihre eigenen Mountainbikes hat. „Das hat mich am Anfang überrascht – doch es macht mir großen Spaß, den Kindern meine Sportart näherzubringen.“ Dass sie das im Moment nicht am Gymnasium in Esch machen kann, möchte sie in Zukunft ändern. In den Schulen, wo sie vorher unterrichtete, dem „Lycée Michel Lucius“ in Luxemburg-Stadt und dem „Lycée Josy Barthel“ in Mamer, waren solche Touren mit den Schülerinnen und Schülern möglich.

Doch dass hinter der Idee, Mountainbikes in die Schule nach Esch zu bringen, viel mehr steckt als ein einfacher Gedanke, dessen ist sich Lamborelle bewusst. „Der Direktor hat mich danach gefragt und ich bin auch dafür – aber man braucht gewisse Voraussetzungen. Wer kümmert sich um Räder, wenn sie Schäden haben? Wo werden sie gelagert? Eine Schule, die am Stadtrand liegt, kann beispielsweise auch viel einfacher Mountainbike-Kurse anbieten als eine Schule, die im Stadtzentrum liegt.“ 

Die Verantwortung für den Lehrer sei umso größer, wenn man durch den Verkehr fahren müsse. „Es gibt aber Wege. Doch die Voraussetzungen müssen abgeklärt werden. Die Mountainbikes zu kaufen ist fast noch das geringste Problem“, sagt Lamborelle. „Was passiert, wenn unterwegs ein Fahrrad kaputt ist? Kann ich es vor Ort reparieren? Ein Sturz ist noch blöder.“ Bis jetzt hat Lamborelle noch keine negativen Erfahrungen gemacht. Doch sie weiß, dass eine Ausfahrt immer mit einem Risiko verbunden ist. „Es ist schon so, dass man ein Kreuz macht und durchatmet, wenn man zurückkommt und nichts passiert ist“, sagt die ehemalige Leistungssportlerin. 

Schwache Fahrradkultur

Lamborelle selbst geht mit gutem Beispiel voran und fährt den Weg zur Arbeit mit dem Rad. Drei Kilometer sind es von ihrem Wohnort Schifflingen nach Esch. Die Lehrerin weiß jedoch um die Gefährlichkeit des Rads – und denkt, dass dieser Aspekt viele Menschen davor abschreckt, das Fahrrad zu benutzen. „Es gibt kaum Radwege – und gerade mein Weg von Schifflingen nach Esch ist alles andere als fahrradfreundlich. Wenn man sich dann auf dem Rad nicht sicher ist, kann ich total nachvollziehen, dass man das Fahrrad nicht benutzt. Es braucht definitiv sicherere Fahrradwege. Luxemburg ist nicht aufs Fahrradfahren vorbereitet“, fasst sie zusammen. 

Auf dem Schulhof beobachtet sie, dass es „sehr ruhig“ um die Fahrradständer sei. Der Bus sei eben die „coolere“ Alternative. Doch auch der Aspekt der Sicherheit hält vor allem Eltern davon ab, ihre Kinder auf das Rad zu schicken. Zwar bewirbt die Lehrerin das Radfahren, doch als sie mit der Frage konfrontiert wird, ob sie denn ihre Tochter in einigen Jahren mit dem Fahrrad zur Schule schicken würde, gerät sie ins Grübeln. „Es ist eine gute Frage“, sagt Lamborelle nachdenklich. „Ich würde es ihr zumindest mal empfehlen. Für mich ist das Rad ein Freiheitsgefühl. Man kann noch fünf Minuten in der Schule bleiben, hat keinen Stress, die ganze Zeit nach den Abfahrtszeiten der Busse zu schauen.“ 

Doch trotz der ganzen negativen Aspekte, die das Radfahren mit sich bringt, kämpft Lamborelle für eine Zukunft, in der das Rad mehr in den Vordergrund geschoben werden soll. Der Anfang soll dafür in der Schule gemacht werden – damit auch die Fahrradkultur in Luxemburg verbessert wird. „Die Fahrradkultur in unserem Land ist sehr schwach“, sagt sie. „Viele üben Radsport aus – das auf jeden Fall. Aber danach? Im Alltag benutzt kaum noch einer das Rad.“ Und um dies zu ändern, veranstaltet Lamborelle unter anderem die diversen Veranstaltungen und so freut man sich bei der Lasel schon auf den Nachholtermin des „Bike Day“ im Frühling. 

Zur Person: Nathalie Lamborelle

Bereits während ihrer sportlichen Karriere studierte Nathalie Lamborelle von 2008 bis 2012 Sportwissenschaft. Ihr größter sportlicher Erfolg ist der Landesmeistertitel im Straßenrennen, den sie dreimal feiern konnte. 2008 fuhr sie auf den zweiten Platz des „Festival Elsy Jacobs“ und nahm insgesamt an vier Weltmeisterschaften auf der Straße teil. Nach ihrem Masterabschluss ging es zum „Lycée Josy Barthel“ nach Mamer, ehe sie für das „Lycée Michel Lucius“ in Luxemburg-Stadt nominiert wurde. Seit diesem Jahr ist sie in Esch am „Lycée des garçons“ als Sportlehrerin tätig. Lamborelle hat den Bezug zu ihrem Sport doch keineswegs verloren: Sie ist immer noch Präsidentin beim LP 07 Schifflingen – dort trainiert sie unter anderem Nachwuchsfahrer wie zum Beispiel Arno Wallenborn, der beim WM-Straßenrennen der Junioren in diesem Jahr auf den 14. Platz fuhr.