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LeserforumÜber Lehren aus der Krise und Voraussetzungen in pädagogischen Berufen

Leserforum / Über Lehren aus der Krise und Voraussetzungen in pädagogischen Berufen
 Foto : Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Aus der Corona-Pandemie kann man Lehren ziehen. Manche Lehren müssen sogar aus dem Erlebten gezogen werden. Beispiele hierfür liefern verschiedene Politiker, in einfach gehaltenen platten Phrasen, auf Glanzfotos in gut leserlicher Schrift gedruckt, in ihren Beiträgen in den sozialen Medien. Anscheinend mussten diese Politiker eine globale Pandemie durchleben, um festzustellen, dass „man den ländlichen Raum harmonisch gestalten muss“, dass „das Benevolat einen großen gesellschaftlichen Wert hat“ bis hinzu dass „das Zuhören manchmal hilft“.

Nun gibt es aber auch solche Lehren, die man zwar aus der Pandemie ziehen könnte, aber nicht sollte! Zum Beispiel die falsche Erkenntnis, dass fast jeder von heute auf morgen in den Beruf des Erziehers katapultiert werden kann.

Leider zwang die Pandemie den Staat, die Gemeinden und die sozialen Träger, Hilfs-Erzieher (ohne Erzieher-Ausbildung) für Betreuungsstrukturen auf begrenzte Zeit einzustellen. Erfreulicherweise sind unter diesen Eingestellten einige Talente mit Potenzial, die mit viel Engagement gute Arbeit leisten. Jedoch darf man nicht zum Entschluss kommen, dass man die mehrjährige Ausbildung zum Erzieher über Bord werfen kann, nur um einen Rückstand an benötigten Erziehern aufzuholen.

In der Überlegung, die Ausbildung des Erziehers von drei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen, erkenne ich die mangelnde Anerkennung und Wertschätzung der Regierung für pädagogische und soziale Berufe. Ich wage zu behaupten, dass man wohl kaum wegen eines Ärztemangels eine Verkürzung der Ausbildung von Ärzten anstreben würde. Es drängt sich der Gedanke auf, dass hier das Motto gilt, „mit Erziehern kann man es ja machen“, und das laut den Reaktionen in der Presse sogar im Alleingang ohne Rücksprache mit den Gewerkschaften und den Ausbildern. Ich kann mir auch nur schlecht vorstellen, dass der Vorstoß des Bildungsministeriums mit der gesamten Regierung abgesprochen war. Denn Minister, die persönlich eine Ausbildung im edukativen Bereich abgeschlossen haben, können die Idee wohl kaum gutheißen.

Eine solche Abwertung des Berufsbildes wird aber vor allem den vielfältigen Aufgaben des Erziehers nicht gerecht. Es wird vielmehr das Klischee bedient, dass Erzieher bessere Animateure sind, deren Aufgabe es ist, mit den Kindern zu basteln, malen und singen. In der Realität ist der Erzieher jedoch viel mehr: ein Impulsgeber in der Entwicklung des Kindes, ein Ansprechpartner und eine Vertrauensperson, ein Begleiter durch gesellschaftliche Heraus- und Anforderungen usw.

Eine solide Ausbildung bereitet das Personal im edukativen Bereich auf die wachsenden gesellschaftlichen Anforderungen vor. Hierfür wird das zukünftige Personal neben der praktischen Tätigkeit auch in pädagogischen, entwicklungspsychologischen, psychologischen, sozialen und rechtlichen Fragestellungen geschult. Neben Medienkompetenzen werden in der Ausbildung auch unterschiedliche erzieherische Methodologien gegenübergestellt, evaluiert und an gesellschaftliche Veränderungsprozesse adaptiert. Jeder Bereich der vielfältigen Ausbildung ist wichtig und wohl kaum kürzbar.

Wenn Politiker schon Lehren aus der Pandemie ziehen, dann sollte eine wesentliche hiervon sein, dass gerade auch die Kinder und Jugendlichen die Verlierer der sanitären Krise sind! Nicht nur in der schulischen, sondern auch in der emotionalen, mentalen und sozialen Entwicklung stellte die Covid-Situation uns als Gesellschaft und vor allem das pädagogische Personal vor neue Herausforderungen. Der Begriff einer „geopferten Generation“ von Kindern und Jugendlichen wird dieser Tage nicht von ungefähr immer häufiger aufgegriffen.

Die Lehre, dass dem tragischen Impakt der Pandemie auf die Entwicklung einer Generation von Kindern und Jugendlichen auch in der Ausbildung und Fortbildung vom pädagogischen Personal Rechnung getragen werden muss, wäre daher wohl eine der wichtigsten gewesen. Bestrebungen, Investitionen und Anpassungen bezüglich der Qualität in der Betreuung der Kinder und Jugendlichen sind daher solchen in die Quantität vorzuziehen.

Jemp
28. Mai 2021 - 13.02

Sie werden doch nicht etwa glauben, dass man Meisch mit stichhaltigen Argumenten zum Umdenken bewegen kann ?!?