Es waren unschöne Szenen, die sich 52 Kilometer vor dem Ziel beim Amstel Gold Race abspielten. Vor allem aus luxemburgischer Sicht: Bob Jungels (Ag2r-Citroën) war mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Asphalt der niederländischen Straßen zu sehen. Der 28-Jährige kollidierte zuvor auf einer schmalen Straße im hinteren Drittel des Pelotons mit Sylvain Moniquet (Lotto Soudal). Beide Fahrer wurden auf der Stelle behandelt, Jungels hatte eine Platzwunde an der Stirn. Bis zu diesem Zeitpunkt fuhr der Luxemburger im Peloton mit den Favoriten – nach der Behandlung musste er genau wie sein belgischer Mitstreiter das Rennen aufgeben.
Am Abend gab es dann erst von seiner Mannschaft Entwarnung. „Nach seinem Sturz beim Amstel Gold Race erleidet Bob Jungels eine Hautabschürfung an der Stirn und der linken Schulter.“ Kurze Zeit später meldete sich auch Jungels. „Es war ein dummer Sturz“, sagte der Landesmeister im Zeitfahren. „Vor mir ist jemand gestürzt und ich konnte nicht mehr ausweichen. Ich habe ziemlich geblutet, was unangenehm war. Es geht mir aber in Ordnung. Ich glaube, dass es keine großen Probleme gibt, um auf ein Rad zu steigen.“ Ob Jungels am Mittwoch wie geplant an der Flèche Wallonne teilnehmen wird, entscheidet sich heute Morgen. Sicher ist, dass es für Jungels eine Fortsetzung seines unglücklichen Saisonbeginns ist.
Wirtgens lange vorne dabei
Für Luc Wirtgen (Bingoal Pauwels Sauces WB) hingegen war es eine erfolgreiche Premiere beim Amstel Gold Race. Der 22-Jährige kam am Ende der 218,6 Kilometer als 46. mit 2:12 Minuten Rückstand auf Wout van Aert (Jumbo-Visma) ins Ziel. „Ich glaube, dass ich damit sehr zufrieden sein kann“, erklärte Luc Wirtgen, der bis zum letzten Anstieg auf den Cauberg in der Gruppe der Favoriten fuhr. „Zwei Plätze vor mir hat dann jemand eine Lücke reißen lassen. Ich war dann nicht mehr in der ersten Gruppe. Das ist das Einzige, was ich momentan noch bedauere. Es hat nicht viel zur ersten Gruppe gefehlt.“
Insgesamt waren gestern nur 16 Fahrer im 175 Mann großen Peloton jünger als Luc Wirtgen – von ihnen kamen nur Thomas Pidcock (Ineos), Ben Tulett (Alpecin-Fenix) und Marc Hirschi (UAE) jeweils als 2., 17. und 35. vor dem Luxemburger im Ziel an. „Ich bin einer der jüngsten im Feld und lerne viel. Ich mache immer noch den einen oder anderen Fehler. Wichtig ist aber, dazuzulernen“, sagt Luc Wirtgen, der gleichzeitig auch das beste Resultat für seine belgische Mannschaft Bingoal Pauwels Sauces WB einfuhr. Kapitän Arjen Livyns stürzte etwa zur Rennhälfte und zog sich eine Platzwunde am Kopf zu. Der Belgier musste das Rennen aufgeben. „Wir haben nach dem Sturz die Taktik geändert. Jeder sollte seine Chance bekommen, sich zu zeigen und so weit wie möglich im Finale zu fahren. Es ist aber das beste Niveau der Welt und deswegen ist es nicht einfach, in die Top 20 zu fahren.“
Bereits am vergangenen Mittwoch machte Luc Wirtgen mit einem 34. Platz bei der Flèche Brabançonne (1.Pro) einen starken Eindruck. „Ich habe im Vergleich zum letzten Jahr einen Sprung nach vorne gemacht. Ich hoffe, dass es so weitergeht.“ Für ihn steht nun am Mittwoch die Flèche Wallonne (1.UWT) an, ehe am Sonntag Liège-Bastogne-Liège mit ihm stattfinden wird.
Auch Tom Wirtgen (Bingoal Pauwels Sauces WB) musste an der letzten Passage des Caubergs abreißen lassen, allerdings etwas früher als sein zwei Jahre jüngerer Bruder. „Hinten raus wurden viele Fahrer abgehängt“, erklärt Tom Wirtgen. „Man musste wirklich gut positioniert sein. Mit jedem Kilometer, der näher ans Ziel geführt hat, spürte man, dass das Rennen nervöser wurde.“ Der 25-Jährige kam am Ende als 106. mit 6:17 Rückstand ins Ziel. „Ich bin zufrieden. Es war mein letztes Rennen für die erste Saisonhälfte. Es war nicht geplant, dass ich hier starte – auch, weil es nicht mein Terrain ist. Gerade deswegen bin ich glücklich, so lange im Hauptfeld dabei gewesen zu sein.“
Tom Wirtgen wird sich nun erholen, ehe am 4. Mai die 4 Jours de Dunkerque (2.Pro) anstehen – falls das Rennen stattfindet. Die erste Saisonhälfte stimmt ihn aber zufrieden. „Das Niveau war sehr hoch. Leider habe ich keine Ausreißergruppe erwischt. Vom Team war aber immer jemand drin, das war das Hauptziel. Meine Arbeit war es, unseren Kapitän Livyns immer gut zu platzierten. Ich hatte keine Freikarte, sondern war als Edelhelfer dabei. Das ist momentan meine Rolle im Team und es gefällt mir. Es gibt viele Fahrer, die ihre Karriere so gestalten. Das Team ist zufrieden damit und Mannschaften benötigen solche Fahrer.“
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