Tageblatt: Christine Majerus, wie haben Sie das Finale des Driedaagse Brugge-De Panne erlebt?
Christine Majerus: Jolien D’hoore wusste wohl kurz, nachdem sie den Zielstrich überquert hatte, dass sie einen Fehler gemacht hatte, weil sie nicht jubelte. Ich denke aber, dass so etwas zu einem Sprint dazugehört. Vor zwei Jahren wäre das wohl noch durchgegangen, aber mit all den schweren Stürzen im Radsport ist die Jury strenger geworden. Für das Rennen ist es wirklich schade, weil wir sehr viel gearbeitet haben, aber wir können dennoch stolz auf uns sein.
Geht die Entscheidung der Jury denn in Ordnung?
Die Sicherheit der Fahrerinnen geht immer vor. Ich habe den Fehler allerdings noch nicht genau gesehen und weiß somit nicht, ob ihr Manöver ausschlaggebend war. Letztendlich hat die Jury aber immer recht und wir müssen das akzeptieren. Sie greifen in solchen Situationen strenger durch, weil die Fahrerinnen für ihre Sicherheit plädieren – ich bin aber der Meinung, dass die Sicherheit auf der Strecke viel wichtiger ist, vor allem weil es beim Schlussspurt heute auch nicht zum Sturz kam. Auf der Strecke kam uns eine Tram entgegen. Wenn wir in diesem Moment im Peloton stürzen, werden wir überfahren. Die Organisatoren von Driedaagse Brugge-De Panne haben sich zwar schon verbessert, aber es sind immer wieder kleine Details, die nicht sein müssen. Solche Situationen sehe ich kritischer als die Situationen im Sprint.
War es für Sie persönlich dennoch ein versöhnlicher Abschluss mit der Saison auf der Straße?
Wir haben ein perfektes Rennen geleistet. Mein Team und ich haben zu Beginn des Rennens auf viel Wind gehofft, leider wehte er ab und an in die falsche Richtung. Wir haben das Peloton verkleinert und am Ende attackiert, wenn auch erfolglos. Letztendlich hätten wir das Rennen im Sprint gewinnen können, aber ich bin dennoch sehr zufrieden, auch mit meiner persönlichen Leistung. Bei der Flandern-Rundfahrt vergangene Woche war ich krank und nach dem Rennen extrem unzufrieden. Es war schade, dass es mich gerade bei so einem Rennen erwischte. Ich wollte die Saison heute mit einem besseren Gefühl abschließen und das ist mir auch gelungen.
Insgesamt weisen Sie in diesem Jahr lediglich 16 Renntage auf.
Es war eine durchwachsene Saison. Ich habe kein Etappenrennen bestritten, was mir eigentlich liegt und was mir hilft, in Form zu kommen. Ich habe nie einen Rhythmus gefunden und letztendlich auch kein Ergebnis eingefahren. 80 Prozent der Rennen, an denen ich teilgenommen habe, waren Rennen für Kletterer. Ich habe meine Arbeit gemacht, bin dann aber mit viel Rückstand ins Ziel gefahren. Ich habe mich bei der Europameisterschaft mit dem zwölften Platz gut geschlagen oder war auch heute gut dabei – immerhin bin ich, ähnlich wie bei Gent-Wevelgem, in die Top 20 gefahren, obwohl ich viel für meine Teamkolleginnen gearbeitet habe. Das zeigt mir, dass die Form da ist. Es war also nicht alles schlecht, aber insgesamt war es eine sehr frustrierende Saison, die ich hinter mir lassen will.
Werden Sie noch Cross-Rennen bestreiten?
Ich werde nun eine Pause einlegen. Obwohl ich nicht viele Rennen gefahren bin, war die Saison anstrengend und ich bin körperlich und mental müde. Ich muss nun richtig abschalten. Die Organisatoren wissen noch nicht genau, welche Rennen stattfinden können und welche abgesagt werden. Ich habe mich dazu entschieden, nichts zu planen und ab Dezember dann Woche für Woche zu schauen, wo ein Rennen stattfindet und ob ich Lust habe, daran teilzunehmen.
Haben Sie die Probleme mit dem Coronavirus mental heruntergezogen?
Nein, ich denke nicht, dass es unbedingt darum geht, auch wenn ich sehr vorsichtig bezüglich des Virus bin. Was mich wirklich heruntergezogen hat, war der Fakt, dass ich Rad fahren will, um Rennen zu fahren – und nicht um zu trainieren. Das konnte ich in diesem Jahr nicht und das hat mich frustriert. Ich war lange zuhause und habe viel trainiert, obwohl ich nicht mal wusste, wofür. Die großen Rennen in der Women World Tour fanden statt, aber Rennen in Schweden, Norwegen oder England wurden abgesagt. Diese Rennen liegen mir eher. Es gab im ganzen Jahr im Prinzip nur drei Rennen, in denen ich potenzielle Chancen auf ein ordentliches Resultat hatte: Gent-Wevelgem, Flandern-Rundfahrt und das Rennen von heute. Bei den anderen Rennen wusste ich von vornherein, dass ich meine Arbeit fürs Team erledigen müsste. Das ist auch okay und das Team ist zufrieden damit, aber persönlich habe ich kein gutes Ergebnis gemacht und das ist wichtig für einen Sportler – sonst fängt man an, sich Fragen zu stellen.
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