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Kopf des TagesDenis Goldberg, ein weißer Kämpfer gegen Südafrikas Apartheid

Kopf des Tages / Denis Goldberg, ein weißer Kämpfer gegen Südafrikas Apartheid
Denis Goldberg Foto: dpa

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Denis Goldberg trat gegen den Rassismus in Südafrika an

Denis Goldberg war einer der prominentesten weißen Gegner des rassistischen Apartheid-Regimes in Südafrika. Gemeinsam mit dem späteren Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela wurde er als einziger Weißer im Rivonia-Prozess gegen Apartheid-Gegner 1964 verurteilt, obwohl sogar der Weltsicherheitsrat die südafrikanische Regierung zur Einstellung des Prozesses gedrängt hatte.

Der Kampf für die Gleichberechtigung aller Menschen in Südafrika brachte Goldberg 22 Jahre Haft ein, gefolgt von Exil. Der engagierte Bürgerrechtler starb am Mittwochabend im Alter von 87 Jahren, wie der Denis Goldberg Legacy Foundation Trust am Donnerstag bestätigte.

Als Sohn einer liberalen jüdischen Familie aus Südafrikas Provinz Westkap engagierte er sich politisch schon als Student. Für den überzeugten Kommunisten waren alle Menschen gleich – ob weiß, schwarz, Arbeiter oder Professor. Im Südafrika der 1950er Jahre war das explosives Gedankengut. 1960 landete er wegen politischer Aktivitäten erstmals mehrere Monate im Gefängnis. Schon bald unterstützte er den bewaffneten Kampf der verbotenen Befreiungsbewegung des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC).

„Ein bewaffneter Kampf braucht technische Fähigkeiten. Ich war der Waffenlieferant. Das war meine Rolle“, sagte der Bauingenieur 2014 in einem Radiointerview mit dem SWR auf deutsch. Schwarze Aktivisten der Befreiungsbewegung wurden gnadenlos verfolgt, aber sie wurden von vielen unterstützt und gehörten zur Bevölkerungsmehrheit, wie er einst erklärte. Für Weiße wie ihn sei die Auflehnung gegen die weiße Vorherrschaft dagegen oft sehr einsam gewesen.

Bei einer Razzia im Hauptquartier des bewaffneten ANC-Flügels wurde Goldberg 1963 in Johannesburg verhaftet. Beim folgenden Rivonia-Prozess stand er mit Mandela und anderen ANC-Führern vor Gericht und wurde 1964 zu viermal lebenslänglich verurteilt.

Goldberg kehrte 2002 nach Südafrika zurück und wurde Berater eines Ministers, bevor er 2004 in den Ruhestand ging. Er war stolz, dass Südafrika eine „lebendige Demokratie“ geworden war. Doch immer wieder kritisierte er später auch, dass der regierende ANC nicht genug tue, um die anhaltend große Kluft zwischen Reich und Arm zu überwinden.

Während der von Korruptionsskandalen überschatteten Präsidentschaft von Jacob Zuma (2009-2018) wurde seine Kritik deutlicher. Der ANC habe als Organisation „Korruption, Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch“ den Weg bereitet, zürnte er 2016 und forderte Zumas Rücktritt. Dieser wurde 2018 schließlich aus dem Amt gedrängt.

Goldberg setzte sich in Südafrika für verschiedene Bildungsprojekte ein. Als bei ihm 2017 ein unheilbarer Lungenkrebs diagnostiziert wurde, begann er eine Kampagne, um an seinem Wohnort Hout Bay außerhalb von Kapstadt ein „Haus der Hoffnung“ zu finanzieren: ein Musikzentrum für benachteiligte Jugendliche. Er sah es als ein letztes Kapitel seines Einsatzes für das Land: „Ich habe mein Leben in Südafrika damit verbracht, dabei zu helfen, ein Land zu schaffen, in dem alle unsere Kinder träumen können und Hoffnung haben.“ (dpa)

Franz Sölkner
4. Mai 2020 - 12.59

@Fritz Weber. Danke für Deine Ergänzung. Wär fein von der Tageblatt-Redaktion zu erfahren, welche Gründe sie zu dieser Auslassung bewogen hat. Ein schlichtes Versehen wird es ja kaum gewesen sein. War es die Unterstützung der Realpolitik Israels, war es die Angst davor, in die Kritik der Pro-Israel-Lobby zu geraten, war es sonst etwas?

J.Scholer
3. Mai 2020 - 20.20

@Fritz Weber: Gut recherchiert.Humanismus ist , sich den Ungerechtigkeiten , Diskriminierungen zu widersetzen , egal von wem sie ausgehen.

Fritz Weber
3. Mai 2020 - 17.37

Danke für die posthume Würdigung dieses mutigen jüdischen Aktivisten! Aber sie zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Auslassung aus. Jeder aufmerksame Leser muss bemerken, dass zwischen "wurde [in Südafrika] 1964 zu viermal lebenslänglich verurteilt" und "Goldberg kehrte 2002 nach Südafrika zurück" eine eklatante inhaltliche Lücke besteht, umso mehr musste das dem Verfasser selbst bewusst gewesen sein. Ich schließe hiermit diese Lücke nach einem heutigen Kommentar des Ha'aretz-Journalisten Gideon Levy (übersetzt): "Goldberg wurde [nach seiner Entlassung] nach Israel geflogen, wo er eine kurze Zeit im Kibbuz seiner Tochter verbrachte, bevor er sich zur Abreise beeilte. Wie seine Kampfgefährten verabscheute er das, was hier geschah. Er sagte dem [israelischen] Historiker Tom Segev, dass Israel das Südafrika des Nahen Ostens sei und dass die Lösung an beiden Orten identisch sein sollte: ein Staat mit gleichen Rechten für alle."
Mag sein, dass nicht der Artikel-Verfasser, sondern die "tageblatt"-Redaktion diese inhaltliche Lücke durch Zensur verursacht hat. Das aber wäre gerade heute, am "Internationalen Tag der Pressefreiheit", besonders beschämend. Es wäre nicht "antisemitisch" gewesen, historisch korrekt und vollständig zu berichten, ungeachtet davon, welches Licht dies auf die jahrzehntelange Apartheid-Politik der israelischen Administration wirft. "Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar."