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LeserbriefZur Lage in Spanien

Leserbrief / Zur Lage in Spanien

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Ein Leserbrief von Jeanne Munzen

Ich schreibe eigentlich nie Leserbriefe, aber jetzt muss ich meinen Ärger mal loswerden. Aus dem Freundeskreis weiß ich etwas besser über Spanien Bescheid, aber im Tageblatt lese ich seit Wochen immer nur Regierungspropaganda über Puigdemont und was der gerade an seltsamen Sachen macht oder nicht macht. Und wie letzten Montag immer schön spöttisch über unwichtige Details im Unterton.

Nein, Puigdemont ist nicht mit spanischem Pass eingereist – schon mal von Schengen und dessen Vertrag gehört? O.k., Arrimadas kann man als eigentliche Wahlsiegerin bezeichnen, doch bei dem enormen Druck durch Justiz, Medien und Zentralregierung sind die «Separatisten» bei jenen Wahlen sicher nicht die von Ihnen immer wieder so implizierten Verlierer. Wieso schreiben Sie aber von verfassungstreuen Abgeordneten rund um die Position der PP und erwähnen nie, dass Podemos Verfassungsklage gegen deren exzessive Anwendung des Artikels 155 eingelegt hat? Dass viele Juristen kritisch sehen, dass sie damit Neuwahlen ausgerufen haben und eine gewählte Regierung abgesetzt haben, wozu 155 nicht explizit berechtigt? Die Verfassungsväter haben 1978 nämlich abgewehrt, dass die Franquisten eben diese Rechte da reinschreiben.

Genauso habe ich bei Ihnen noch nicht gelesen, dass der «Verfassungsfreund» Rajoy gegen den Willen seines Staatsrates das Verfassungsgericht anrief, um im Vorfeld die Wiederwahl von Puigdemont verbieten zu lassen. Was rechtlich eigentlich nicht möglich ist, da Puigdemont bisher sein passives Wahlrecht besitzt, und ein weiterer bedenklicher Eingriff in die Autonomie und Rechte eines demokratischen Parlaments ist.

Das Verfassungsgericht hat sich deshalb zu einem komischen bürokratischen Kompromiss entschieden und den kritischen Einwurf Rajoys vertagt, was etliche Juristen beurteilen, dass mittlerweile Katalonien in rechtlichem Niemandsland ist und Medien von einem «juristischen Limbo» durch beide Seiten schreiben.

Dass der klare Wahlverlierer PP als schlechteste Partei mit 4,23 lächerlichen Prozent ohne jegliche demokratische Legitimation und ohne Kontrolle seit drei Monaten regiert, dass sie seit über zehn Jahren weiterhin mit immer mehr rechtlichen Mitteln jede Lösung verhindern, was erst die Eskalation machte, statt eine politische Lösung zu suchen. Dass sie sich gegen den rechtskonservativen Konkurrenten Cuidadanos auf dem Rücken Kataloniens duellieren, dass sie einen von ihnen berufenen Richter in einem zentralen Korruptionsfall der PP abberufen, da er sich traute, den involvierten Rajoy als Zeugen vor Gericht zu zitieren, von all dem lese ich bei Ihnen nichts.
Wieso?

Weismann
21. Oktober 2019 - 21.42

Bravo und danke für den aufrüttelnden Kommentar.