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LEITARTIKEL: 100 Jahre und älter

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Der Glückwunsch der örtlichen Politprominenz und das Bild in den Lokalseiten der Zeitung belegen es: Ein 100. Geburtstag ist etwas Besonderes. / Tom Wenandy

Noch. Denn bald könnte zur Normalität werden, was derzeit sowohl für Frauen als auch für Männer noch die Ausnahme ist. Zumindest wenn man einem Forscherteam von der Universität von Süd-Dänemark in Odense Glauben schenken darf.
Die Altersforscher um Kaare Christiansen sagen nämlich in einem im vergangenen Oktober in der Wissenschaftszeitung The Lancet veröffentlichten Artikel voraus, dass mehr als die Hälfte aller Babys, die heute in reichen Ländern geboren werden, mindestens hundert Jahre alt werden. Vorausgesetzt, der seit 150 Jahren anhaltende Trend zu einer höheren Lebenserwartung hält an.
Dies scheint allerdings der Fall zu sein, erklären die Demografen unter Berufung auf Untersuchungen der Alters- und Krankheitsentwicklung in zahlreichen Industrienationen. Eine Verlangsamung des Anstiegs sei nicht zu erkennen, eine Altersobergrenze zumindest derzeit noch nicht in Sicht.
Die Zunahme an Lebenszeit, die vor allem auf eine bessere medizinische Versorgung, aber auch auf eine gesündere Ernährung und im Allgemeinen auf optimierte Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist, ist auch in Luxemburg zu erkennen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts konnte hierzulande mit Ausnahme der beiden Weltkriegsperioden ein konstanter Anstieg der Lebenserwartung registriert werden. Alleine zwischen 1982 und 2007, also in nur zweieinhalb Jahrzehnten, verlängerte sich laut Statec die Lebenszeit der im Großherzogtum lebenden Frauen von 76,7 auf 82,7 Jahre. Die Lebenserwartung bei Männern stieg in der gleichen Zeitspanne gar von 70 auf 77,6 Jahre.

Fluch oder Segen?

Was allerdings für einen Großteil der Bevölkerung (möglicherweise) als positive Entwicklung sprich als Segen wahrgenommen wird, könnte sich für den Staat (bzw. die westlichen Staaten) als Fluch entpuppen. Dies wäre dann der Fall, wenn die von den dänischen Forschern vorausgesagte Tendenz Wirklichkeit würde, wenn also drei Viertel der jetzigen Babys das 75. beziehungsweise die Hälfte das 100. Lebensjahr erreichen würden und die jeweiligen Regierungen sich nicht rechtzeitig auf die Situation eingestellt hätten. In jedem Fall, also auch dann, wenn der Altersanstieg langsamer als von den angesprochenen Wissenschaftlern prophezeit voranschreitet (nicht alle Wissenschaftler teilen die Meinung der oben genannten Expertengruppe), stellt die zunehmende Lebenszeit die politisch Verantwortlichen vor große sozialpolitische Herausforderungen. Vor allem in den Bereichen Gesundheit, Pflege und Renten müssen die bestehenden Systeme überdacht und gegebenenfalls angepasst werden. Zugegebenermaßen ist dies ob der vielen Unbekannten kein leichtes Unterfangen. In Bezug auf den Gesundheitsbereich z.B. weiß niemand, ob eine steigende Lebenserwartung auch mit zunehmender Gesundheit einhergeht. Einerseits wird die Zahl der Erkrankungen (insbesondere die der altersbedingten Erkrankungen wie Krebs, Diabetes oder Rheuma sowie Demenzkrankheiten) sicherlich zunehmen. Andererseits werden sowohl die Früherkennung als auch die Behandlungen weiter verbessert werden. Fest steht, dass nicht nur die Zahl der Leistungsempfänger, sondern auch die Bezugszeit der Leistungen ansteigen wird. Gleiches gilt für das Rentensystem.
Was unter dem Strich – auch und vor allem aus finanzieller Sicht – auf den Staat (und letzten Endes irgendwie auch auf den Bürger) zukommen wird, ist derzeit also nur schwer abzuschätzen. Wie in anderen Bereichen gilt aber auch bei der Bevölkerungsalterung: Je früher man sich mit der Problematik objektiv und unvoreingenommen auseinandersetzt, umso besser ist es und umso effizienter kann den möglichen ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen entgegengewirkt werden.

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