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Prinzip Hoffnung

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Nein, es soll an dieser Stelle nicht um Staatsfinanzen oder Pensionen gehen. Obwohl auch bei denen oft, egal wie die Zahlen und Projektionen aussehen, nach dem Prinzip Hoffnung argumentiert wird.

Gemeint sind die Perspektiven der Bio-Landwirtschaft in Luxemburg, mit denen sich die Abgeordneten am Mittwoch vor eher spärlich besetzten Rängen im Parlament befassten.

Léon Marx lmarx@tageblatt.lu

Die gesamte Landwirtschaft macht heute gerade noch 0,3 Prozent des BIP aus. Die Produktion der sechs Prozent Bio-Betriebe, die sich die Regierung bis 2013 als Ziel gesetzt hat, tendiert da statistisch gegen null.

Darf allein aufgrund derlei Überlegungen auch das politische Interesse an dem Sektor gegen null tendieren? Die Frage stellt sich – leider – nicht erst seit Mittwoch. Sie stellt sich seit Jahrzehnten. Und die CSV, die über Generationen hinweg unter Landwirtschaft nichts anderes als klassischen Ackerbau und Viehzucht verstand und sich gegen alles Neue und Fremde sperrte, hatte einen Redner in die Arena geschickt, der offenbar noch immer auf dieser Schiene fährt.

Aber auch ansonsten wurde im Hohen Haus von selbst ernannten Experten so manches erzählt, das so nicht stimmt. Richtig ist zweifellos, dass Bio gesünder, weil frei von Schadstoffen ist. Zu behaupten, dass Bio besser schmeckt, wie das der Interpellant machte, ist dagegen ziemlich gewagt. Zahlreiche Untersuchungen belegen – leider – das Gegenteil. Bio schneidet in der Sensorik oft schlechter ab.

Dank Glutamat und anderer chemischer Geschmacksverstärker schmecken Produkte aus der konventionellen, industriellen Produktion oft deutlich intensiver als Bio. Und das Steak von einem Mastbetrieb ist zarter als das vom Bio-Hof, das einige Monate länger herangewachsen ist. Feststellungen am Rande der Debatte, die letztlich aber doch symptomatisch sind für das, was in Luxemburg oft als hohe Politik „verkauft“ wird.

Nachfrage und Angebot …

Dass die Bio-Branche in Luxemburg boomt und der Handel jährliche Wachstumsraten von um die zehn Prozent vermelden kann, zeigt vor allem eins: Die Verbraucher sind mindestens so gut, wenn nicht besser informiert als viele unserer Politiker.

Und wie sieht es bei den Produzenten aus? Warum funktioniert das elementarste aller Marktgesetze, das von Angebot und Nachfrage, in der Landwirtschaft nicht? Warum liegt die Hemmschwelle, den eigenen Hof umzustellen, bei vielen Bauern so hoch? Genau auf diese Fragen gab es am Mittwoch leider kaum Antworten. Besseres Marketing, ein transparenteres Label-System, mehr Verarbeitungsbetriebe, das alles sind positive Ansatzpunkte, sie führen aber nicht zu mehr Produktion, sondern letztlich zu noch mehr Nachfrage, die nicht national abgedeckt werden kann. Und zu noch mehr Import, teilweise per Flugzeug vom anderen Ende der Welt. Das ist dann zwar Bio, aber sicherlich nicht mehr nachhaltig. Aber diese Debatte wird selbst von den Profis der Branche nur hinter vorgehaltener Hand geführt.

Die Interpellation über mehr Bio-Landwirtschaft am Mittwoch wurde vor allem vom Prinzip Hoffnung getragen. Bei der Suche nach Ursachen und Lösungen taten sich die Abgeordneten schwer. Dabei ist zumindest eine der Ursachen (siehe oben) nicht zu übersehen. Dass es über 25 Jahre dauerte, bis man sich politisch dazu aufraffte, eine moderne landwirtschaftliche Schule zu bauen, dazu aber nur einen Standort fand, der allenfalls als suboptimal bezeichnet werden kann – das Gesetzesprojekt wurde am Dienstag von den Abgeordneten votiert –, sagt vieles. Dass man diese Schule – ein technisches Sekundarlyzeum – abschätzig immer noch „Ackerbauschoul“ nennt, erklärt eigentlich alles.

Qualifikation und Weiterbildung in der Landwirtschaft wurden über Jahre hinweg in Luxemburg aus politischem Kalkül heraus als überflüssig und nicht wünschenswert betrachtet. Dass sich das irgendwann einmal rächen würde, war eigentlich abzusehen.

Der notwendige Mentalitätswechsel zeichnet sich bei den Jungbauern, die heute Betriebe übernehmen, ab; bis wann er abgeschlossen ist, wird sich aber nicht in Jahren, sondern in Generationen messen.