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So geht das grausame Spiel

So geht das grausame Spiel
(Tageblatt-Archiv)

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Nachdem sie 1. die Casino-Banker mit Steuerzahlers Geld gerettet hatten, um die sogenannte systemische Krise zu verhindern,

2. dieselben Banker mit deren Komplizen (Rating-Agencies, Consultants, Experts) die Kreditfähigkeit einzelner EU-Staaten in Frage stellen ließen,
3. somit die Groß-Spekulation über den Euro auslösten, bei der einige Milliardäre demnächst Rekordprofite einstecken könnten,
übergaben die politischen Missmanager Europas, unter der Führung des Tandems Merkozy, ihre Budgetpolitik an die EU-Kommission.
Diese ist nun befugt, aufgrund der von den einzelnen Regierungen eingereichten, langfristig ausgelegten Prognosen, verbindliche Empfehlungen zu machen, solche, die natürlich so klingen, wie die Austeritätsprediger sie brauchen.
Das grausame Spiel ist abgekartet: Man will, im Sinne der neoliberalen Wirtschaft, den Staat schwächen, indem ihm Sparprogramme auferlegt werden.
Weniger Staat, weniger Anteil des Staates am Bruttoinlandsprodukt, bedeutet im Endeffekt mehr Spielraum, mehr Rendite für die privaten Investoren. Welche, wenn sie es denn wollten, Arbeitsplätze schaffen könnten. Was sie in der Regel im postindustriellen Westen aber nicht mehr tun: Anderswo ist die Rendite garantiert höher.
Dem Staat werden, mit bester Salamitaktik, Ressourcen für eine fortschrittliche, ausgleichende Sozialpolitik entzogen. Luxemburg solle, so die EU-Kommission in ihrem gestrigen Gutachten, sein Lohnsystem „reformieren“. Klartext: Weg mit dem Index, weg mit dem Mindestlohn.
Und da wäre, aus Brüsseler Sicht, die absolut notwendige Renten„reform“, mit dem Topthema längere Arbeitszeit.
Es kann nicht oft genug wiederholt werden, dass das Luxemburger Rentensystem, weil auf dem Umlageverfahren und nicht auf Kapitaleinlagen fußend, ein prinzipieller Vertrag zwischen Generationen ist, ohne festgeschriebene Leistungen.
Die angehäuften Reserven genügen als Zeitpuffer für Anpassungen, die eventuell in 10 oder 20 Jahren notwendig würden. Aber den Versicherern, deren Lobbys äußerst professionell die europaweite Strategie ihrer Herren durchziehen, geht es heute, sofort, um die Erschließung neuer Profitquellen.
Wer hat den gutgläubigen Brüsseler Funktionären all die Grausamkeiten eingeflüstert, denen sie jetzt, mahnend, fordernd, den Anschein der europäischen Legitimität geben?
Ja wer?
Unsere Regierung.
Sie bestellte ein Papier bei ihrem „Comité de prévision“, das Eckwerte enthielt, die bereits überholt sind. Ende März ging man noch von einem BIP-Rückgang im Jahr 2011 aus und folglich von einer Rezession im Jahr 2012.
Heute wissen in Luxemburg einige Hundert Leute, darunter vielleicht Minister und Abgeordnete, dass das Zahlenwerk wie zumeist nach oben zu korrigieren ist. Zwischen 2006 und 2010 unterschätzte das Finanzministerium, eine CSV-„chasse gardée“, die Steuereinnahmen gegenüber den Budgets um 2 888 Millionen Euro, nach Abzug von 376 Mio. auf dem Krisenhöhenpunkt, 2009.
Im ersten Quartal 2012 kassierte Frieden bereits 13 Prozent mehr Steuern und Taxen, 322 Millionen, als 2010. Ein Vergleich mit 2011 würde hinken, weil 2011 Sondereinkommen zu buchen waren.
Warum täuscht die CSV-LSAP-Regierung Brüssel mit überholten Daten?
Weil sie Brüssel braucht, um das Terrain für ihre Gefälligkeitspolitik zu beackern, welche sie den so forsch auftretenden Patronatsverbänden anbieten möchte?

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Unverantwortliche Geschäfte

Wahrscheinlich ist das die plausible Erklärung für ihre Abkehr vom bewährten Luxemburger Modell.
Auf wen hört die Luxemburger Politik heutzutage? Nicht so sehr auf die Träger der Grundstrukturen der nationalen Wirtschaft (Handel, Handwerk, Industrie, Dienstleistung) und auf die Gewerkschaften, sondern auf zwei oder drei Exponenten des Finanzplatzes, die uns zeigen möchten, wo’s langgeht.
Apropos: Man lese die Kurzmeldung auf Seite 39 im gestrigen Tageblatt. Ackermann, der scheidende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, habe den Ruf seines Hauses „mit der Finanzierung von ökologisch und sozial unverantwortlichen Geschäften massiv beschädigt“.
Dazu, anstatt zum Luxemburger Index und anderen Luxemburger sozialen Eigenarten, möchten wir den Chef der luxemburgischen Filiale der Deutschen Bank einmal hören!