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Der Fall Schleck

Der Fall   Schleck

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Mit dem Sieg von Bradley Wiggins ist die 99. Tour de France am Sonntag in Paris zu Ende gegangen, doch der Albtraum geht aus Luxemburger Sicht weiter. Die positive Dopingprobe von Frank Schleck ist eine Katastrophe für den Luxemburger (Rad-)Sport.

Im Urin des Mondorfers wurde ein Diuretikum gefunden. Das hat zwar keinen direkten Einfluss auf die Leistung, kann aber Doping verschleiern, weshalb es dann auch folgerichtig auf der Liste der verbotenen Substanzen steht. Wer sich mit einem Diuretikum erwischen lässt, ist selbst schuld, sagen die Experten.

Logo" class="infobox_img" />Philip Michel pmichel@tageblatt.lu

Dass einem Fahrer der Weltspitze so etwas passiert, ist verwunderlich. Es könnte in Anbetracht von Schlecks vielen Renntagen im Sattel und der daraus resultierenden Müdigkeit auf eine Panikreaktion à la Floyd Landis bei der Tour 2006 hindeuten. Aber auch Schlamperei bei einer anderen Dopingaktion ist denkbar.

Oder eben eine Vergiftungstheorie, auf die sich Frank Schlecks Verteidigung beruft. Jemand, vielleicht sogar einer aus dem Umfeld von RadioShack-Nissan-Trek, könnte Frank Schleck etwas untergejubelt haben.

Gerne würden wir das glauben, doch dann müssen wir auch an Alberto Contadors Theorie des verseuchten Kalbfilets glauben. Und an Dieter Baumanns Zahnpasta-Verschwörung. Oder aber an Gilberto Simonis Lutschbonbons aus Südamerika. Last but not least aber auch an die schwer kranke Schwiegermutter von Raimondas Rumsas.

Beweislast

Frank Schlecks Problem ist, dass er seine Vergiftungstheorie beweisen muss, um freigesprochen zu werden. Es ist ein wesentlicher Bestandteil der Doping-Bekämpfung, dass ein überführter Sportler seine Unschuld beweisen muss. Denn die Dopingjäger haben es in der Regel schon schwer genug, sind ihnen die Dopingsünder doch stets einen Schritt voraus. Die Dopingjäger können nur nach bekannten Mitteln zur illegalen Leistungssteigerung fahnden. Mit Argumenten wie „veraltetes Mittel“ oder „keinen leistungssteigernden Effekt“ muss also durchaus vorsichtig umgegangen werden.

Dass Alexander Kolobnew im vergangenen Jahr nach einer positiven Diuretika-Probe nicht gesperrt wurde, ist auch kein Anlass zur Hoffnung, konnte der Russe doch eine jahrelange chronische Erkrankung nachweisen.

Die Entwicklung des millionenschweren Hochleistungssports, und insbesondere die des Radsports in den letzten Jahrzehnten, ist ein weiterer Grund zur Skepsis: Die Liste der überführten Sportler ist ebenso lang wie die Liste der Skandale. Dass der Sport im Allgemeinen und der Radsport im Speziellen durch die Anstrengung im Kampf gegen Doping wie z.B. den Blutpass oder das Adams-System in den letzten Jahren sauberer geworden ist, ist wohl nicht von der Hand zu weisen. Den Generalverdacht hat das freilich nicht aus der Welt schaffen können, so bitter das auch für die (sauberen) Sportler sein mag.

Für Frank Schleck kommt erschwerend hinzu, dass er bereits in der Fuentes-Affäre ins Visier der Ermittler geriet. Zwar wurde das Doping-Verfahren von der Luxemburger Anti-Doping-Agentur ALAD aus Mangel an Beweisen eingestellt, Frank Schlecks Überweisung von fast 7.000 Euro an den Dopingarzt Eufemiano Fuentes aber bleibt eine Tatsache.

Aus dem Fall Schleck ist jedenfalls nur eine Woche nach dem positiven Dopingtest ein Kriminalstück geworden. Es ist ein schlechter Krimi aus Luxemburger Sicht, denn der Ausgang ist zum jetzigen Zeitpunkt vorhersehbar. Um die Vergiftungstheorie zu beweisen, bräuchte es schon Ermittlungsmethoden à la CSI, und die gibt’s nur im Fernsehen.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, doch sollte man realistisch bleiben. Doping scheint, wie vieles andere auch – trotz allen Protektionismus –, vor der luxemburgischen Grenze nicht halt zu machen.