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High Noon vertagt

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Seit einer Woche wurden wieder fleißig Wetten darauf abgeschlossen, dass nun bald im Euroland Ruhe einkehren würde. Die Aktienkurse waren gestiegen, Italien und Spanien mussten weniger Zinsen zur Refinanzierung bezahlen. Es herrschte Euphorie an den Märkten, bis sie am Donnerstagwieder in einen manischen Zustand verfielen.

Dabei sollte laut führenden Vertretern der klassischen Wirtschaftstheorie und eminenten Taxifahrern doch alles so rational ablaufen auf den Märkten, aber „Spaß“ beiseite …

Logo" class="infobox_img" />Sascha Bremer sbremer@tageblatt.lu

Auslöser waren die Aussagen Mario Draghis vor einer Woche. Der Notenbank-Chef hatte ein direktes Eingreifen der EZB angedeutet – zumindest sahen es die meisten Kommentatoren so. Jedenfalls hatte er behauptet, dass die EZB innerhalb ihres Mandats „alles Erforderliche“ tun werde, um den Euro zu erhalten. Mehr noch. Fast alle führenden Politiker Europas – die Montis, die Merkels, die Schäubles und die Junckers – stimmten zumindest in diesem Punkt mit ein. Ein solcher Satz verpflichtet ja zu nichts. Es kamen zudem Gerüchte auf, dass die Eurozone durch die beiden Rettungsschirme EFSF und ESM gemeinsam mit der EZB eine konzertierte Aktion planen würde. Die Gerüchte wurden u.a. von Jean-Claude Juncker noch weiter befeuert.

Bislang bleibt es allerdings bei den Gerüchten. Denn sehr schnell stellte sich die Deutsche Bundesbank quer. Und es wurde wieder mal offensichtlich bewusst, was man eigentlich schon lange weiß: Deutschland will nicht so recht, und zwar mittlerweile sogar ganz allein. Zumindest was die Wiederaufnahme der Anleihekäufe angeht. Die Isolation Deutschlands ist zwar ein Punktsieg für Draghi. Sie zeigt jedoch auch, dass die politischen Differenzen zwischen Deutschland und den anderen großen europäischen Nationen noch nicht ausgeräumt sind.

Wie soll man jedoch die offensiven Worte von Draghi bewerten, die, da jetzt ja (noch?) keine Taten folgen, die Glaubwürdigkeit der EZB untergraben? Wurde er von Deutschland und besonders vom Chef der Bundesbank, Jens Weidmann, in die Schranken gewiesen, oder wollte er durch eine bewusst herbeigeführte Zuspitzung nur jedem – allen voran Deutschland – zeigen, was passieren wird, wenn nicht bald tatsächlich eine konzertierte Aktion stattfindet – nämlich ein Crash der Finanzmärkte?

Deutschland getrieben von den Märkten

Komischerweise hat die Situation auch etwas Beruhigendes. Entgegen dem, was am Freitag (03.08.12) in wohl einigen deutschen Tageszeitungen stehen wird, werden nicht Draghi und die EZB von den Märkten getrieben, sondern paradoxerweise Deutschland. Die neuerliche Panik an den Börsen ist nämlich nicht die Konsequenz davon, dass die EZB gestern etwas entschieden hat. Sie ist die Konsequenz davon, dass eben auf Druck Deutschlands nichts gemacht wurde. Deutschland lässt nämlich zu, dass die EZB zwar mit dem Schießeisen drohen darf. Nur schießen darf keiner.

Die Reaktion der Märkte jedoch ist ein Zeichen dafür, dass die gesamte Strategie „Geld gegen Leistungen“ dabei ist, fehlzuschlagen. Vieles deutet darauf hin, dass man sich dessen in Berlin auch bewusst ist. Nur weiß man anscheinend noch nicht, wie man rhetorisch den Dreh gegenüber der Bild und den Stammtischen hinbekommt. Man fragt sich eigentlich, wie lange dies noch geht. Man kann sich jetzt auf einen sehr heißen August einstellen.