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Ärgern wir uns!

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Ärgern wir uns! Nicht über die Prinzenhochzeit; die gehört in die Kategorie der freudigen Ereignisse geordnet. Sondern über den Spott, den Spott, den die Damen und Herren aus den hohen politischen Kreisen mit ihren Wählern treiben, in Sachen Geld.

Man erinnere sich: 2008 hatten gierige Geschäftemacher mit Hilfe von Experten und Spezialisten in Banken und Börsen die Finanzwirtschaft in die große Krise getrieben. Damals gingen Tausende von Milliarden verloren. Die knüpfen dieselben Gauner ihren Opfern, den einfachen Zeitgenossen, wieder ab, mittels der Austerität, die sie den Staaten jetzt als Rezeptur verkaufen.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Die Austerität, welche die Luxemburger Regierung im Chor mit den anderen EU-Regierungen „Sparen“ nennt, ist im Endeffekt nichts anderes als eine Rückführung von Geldern an die Spekulanten. Sie schwächt die Wirtschaftsleistung (um erhebliche 0,3 bis 0,5 BIP-Prozent in Luxemburg, wie vorgestern vom Statec dargelegt), sie macht immer mehr Menschen abhängig von der Willkür der global agierenden Konzernführungen.

Das ist so gewollt.

Mit dem Arbeitslosenheer, das größer ist als jenes, das Hitlers Aufstieg erklären hilft, gewinnt das Patronat strategisch nutzbare Vorteile in der täglichen Rhetorik: Man senke die Kosten, mittels Lohn- und Steuerkürzungen, man lockere das Arbeitsrecht, man nehme den Leuten die Illusion auf eine gute Rente – die sollten sie privat finanzieren, bei teuren Versicherungsgesellschaften.

Darauf, auf den raschen Abbau der sozialen Marktwirtschaft, die sich zur gerechten Teilung der geschaffenen Mehrwerte bekannte, läuft Europas neue Politik hinaus. Sie produzierte bereits 30% arbeitslose Jugendliche im 27-Staaten-Durchschnitt, 55% in Griechenland, 53% in Spanien, 35% in Italien, 26% in Frankreich, 18% in Luxemburg sogar: Schämt euch, ihr Dauerkonferenzler, ihr Spesenritter, ihr Besserwisser, ihr Softies!

Denn wäret ihr keine, ließet ihr nicht zu, dass wegen der Profite einiger weniger die Lebenschancen von Millionen und Abermillionen gebrochen werden!

Erschwerend, belastend ist aus unserer Sicht die Verlogenheit, mit der die Umverteilung von unten nach oben betrieben wird.

Nehmen wir, ganz exemplarisch, den Luxemburger Staatshaushalt für 2013.

Er zeige ein Defizit von 1.292,9 Millionen Euro auf. Richtig! Aber sind im Defizit nicht die 1.738,4 Millionen eingerechnet, die, über die laufenden Ausgaben für den üblichen Betrieb, investiert werden sollen, in Projekte, von denen die heranwachsenden Generationen mehr haben als die jetzige?

Rechnet man diese 1.738,4 Millionen Sonderausgaben heraus, wie das vor einer Buchungsreform mit dem Budget extraordinaire Usus war, kommt ein Haushaltsüberschuss von 445,5 Millionen zutage!!!

Reicht dieser Überschuss, sollte er, für den Idealfall, nicht höher sein? Ja, sicher. Er könnte höher sein, wenn viele gut verdienende Unternehmen die Steuern bezahlen würden, die sie schulden, bevor ihre Consultants ihnen die Schlupflöcher zeigen. Denn die Lohnabhängigen, die Pensionäre, werden fiskalisch bis zum letzten Eurocent belastet, nicht wahr.

Stichwort Pensionen.

Ratingagenturen stellen die überaus hohen Reserven des Luxemburger Pensionssystems der relativ niedrigen öffentlichen Schuld gegenüber und loben „uns“. Und „wir“, d.h. die Regierung, erheben zum höchstaktuellen, ohne Verzug in der abstrusen Logik der Hochrechner zu lösendem Problem eine sogenannte Rentenreform, ein Unding, ein überheblicher Blick in die Zukunft, die es so nie geben wird wie heute prognostiziert.

Irgendwann ist Zahltag

Welch Arroganz, 2020 oder gar 2050 kalkulieren zu wollen, nach all den Blamagen der Demografen, die ihre halbe Kunstan der Luxemburger Ausnahmeversuchten!

Im Tageblatt wurde am Donnerstag auf Seite 35 ein außerordentlich erfolgreicher Luxemburger Industriemanager interviewt: Roland Junck, Geschäftsführer des Rohstoffebesitzers Nyrstar (Schweiz) und kurzzeitig, nach Mittals gelungenem Coup, erster Generaldirektor von Arcelor-Mittal.

„Das Wort ‹Acquis› ist das Gefährlichste, was es gibt: in einer Welt, die sich beständig verändert, nichts verändern zu wollen“, sagte er, auf Luxemburg blickend.

Richtig.

In der Geschichte mussten die Räuber, ob Kaiser, Könige, Kriegsherren oder raffende Businessmen, irgendwann ihre vermeintlichen „Acquis“ abgeben.