Headlines

Die tödlichen Wellen von «2Day FM»

Die tödlichen Wellen von «2Day FM»

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Eine Krankenschwester des King-Edward-Krankenhauses, in dem die schwangere Kate Middleton behandelt wird, bringt sich um, nachdem sie auf den "Fake" einer Radiosendung hereinfiel.

Millionen Briten sind entsetzt. Auch anderswo auf der Welt zeigt man sich schockiert. Ein «shitstorm» bricht über den australischen Radiosender «2Day FM» herein und vergrault die Anzeigenkunden, die sich bis dahin recht wenig für das Umfeld interessierten, in dem sie ihre Anzeigen platzierten. Zwei Animateure werden von der Antenne genommen. Von den Programmverantwortlichen bis hin zum Programmdirektor ist bislang nichts zu hören. Werden auch sie zur Verantwortung gezogen? Oder bleibt wieder mal alles an den Lampisten hängen? Mag sein, dass die Details solcher «Unterhaltungssendungen» nicht immer vom Chef abgesegnet werden. Und es bei der Fülle der Tagesaktualität auch gar nicht können. Dass ein Anruf, bei dem sich die Animateure als Queen Elizabeth II und Prinz Charles ausgaben nicht von dem Chef abgesegnet war, ist aber mehr als unwahrscheinlich.

Auf der Jagd nach der Quote hat es einen dramatischen Kollateralschaden gegeben. Dumm gelaufen … Aber soll man deshalb auf solche Formate verzichten? Ist es verantwortbar, dekadente Teile einer sich in der Krise befindlichen Gesellschaft mit noch dekadenteren Sendungen zu bedienen? Hätte man solche Formate nicht schon längst kritisch hinterfragen müssen? Drängende Fragen. Auch in anderen Ländern. Der Fall erinnert den Autor dieser Zeilen an eine Erfahrung, die rund zehn Jahre zurückliegt.

Eine schwer herzkranke Frau wurde damals Opfer eines «kalten Abrufs» eines Radiosenders. Ein verzweifelter Sohn, der die Sendung am Radio mit anhören musste, war danach gezwungen, sich ins Auto zu setzen und eine Stunde quer durchs Land zu fahren, um nachzusehen, wie es der Frau geht. Telefonisch war die Mutter nach der Radiosendung nicht mehr zu erreichen, weil aufgegeilte Zuhörer die Leitung blockierten. Die Frau hatte den Schockanruf glücklicherweise schadlos überstanden. Eine Freundin mit Notschlüssel hatte das «Radiospiel» ebenfalls gehört und prompt reagiert. Ein böser Brief an den Programmdirektor wurde nie beantwortet. Keine Entschuldigung. Nichts. Nicht mal eine Empfangsbestätigung. Die Sendung besteht – in etwas abgewandelter Form – noch immer.