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Beitrag der Reichen

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Aus der Finanzkrise, die über den Atlantik nach Europa schwappte, ist fünf Jahre später nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine handfeste politische Krise geworden.

Die Unzufriedenheit der Bürger wächst, die Identifikation mit der Staatengemeinschaft ist nach dem x-ten Sparpaket und den Auswirkungen auf Beschäftigung und Zukunftschancen der Jugend immer weniger gegeben.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Ein gebürtiger Iraner, Diplomvolkswirt und Mitglied des Vorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), ist zurzeit auf Werbetour für eine Idee, die er einen neuen Marshall-Plan für Europa nennt und die Bedürfnisse der europäischen Länder und die Notwendigkeit zum wirtschaftlichen Aufschwung miteinander kombiniert. Dr. Mehrdad Payandeh versteht nicht, wieso seit Jahren nun die gleichen Rezepte von EU-Kommission und Rat gefordert werden sprich strikte Sparprogramme, die den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen, wobei klar ist, dass dies die betroffenen Länder nur tiefer in die Krise drückt und sie so den Weg aus derselben nicht finden werden. Dass man ein falsches Medikament ein Mal verabreicht, es sogar ein zweites Mal probiert, sei noch plausibel, dass dem Patienten aber Jahr für Jahr (wie gesagt seit 2008) das gleiche Gift verabreicht wird, sei nicht nachzuvollziehen, so der Volkswirtschaftler unlängst während einer Konferenz in Luxemburg.

Europa stehe vor einer Reihe Herausforderungen, die mit der aktuellen Reaktivität der Politik nicht gemeistert werden könnten. Da ist z.B. die ungelöste Umweltproblematik. Die CO2-Reduktionsziele können ohne gewaltige Anstrengungen nicht erreicht werden. Daneben steht Europa vor einem demografischen Problem. Die Europäer werden ständig älter (dies sowohl im Durchschnitt als auch absolut): Der Kontinent ist hierauf nur ungenügend vorbereitet.

Dies sind nur zwei der Bereiche, die Payandeh als Ansätze zu einer großen Investitionsanstrengung sieht, die – ähnlich dem Marshall-Plan – die Konjunktur ankurbeln könnte. Die DGB-Pläne zur Bekämpfung der Rezession, die Europa fit für die Zukunft machen könnten, sind bereits konkret berechnet worden. So sollen stabilisierende und schnell wirkende Maßnahmen, wie etwa eine Umweltprämie bei der Anschaffung neuer Haushaltsgeräte, zehn Milliarden Euro kosten, Investitionen in die Energiewende sollen jährlich mit 150 Milliarden zu Buche schlagen, die Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur soll jährlich mit zehn Milliarden finanziert werden, Investitionen von jährlich 20 Milliarden sollen in öffentliche und private Dienstleistungen (Altenpflege, Krankenhäuser, Sozialarbeit) fließen, Bildung und Ausbildung sollen mit jährlich 30 Milliarden bezuschusst werden, für altersgerechte Einrichtungen sieht der Plan jährlich sieben Milliarden vor und für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wasserressourcen sollen zwei Milliarden zur Verfügung stehen. All diese Ausgaben sind für die 27 EU-Staaten berechnet. Funktionieren könnte das System aber auch bei weniger teilnehmenden Ländern.

Bislang kaum Beteiligung der Reichen

Die Finanzierung soll durch eine einmalige Abgabe aller Junggesellen, die mehr als eine halbe Million Vermögen besitzen, und der Verheirateten mit mehr als einer Million auf der hohen Kante erfolgen. Mit diesen Geldern soll ein europäischer Zukunftsfonds gespeist werden, der dann auf weitere Einnahmen durch die Finanztransaktionssteuer zurückgreifen könnte.

Spätestens hier stünde Luxemburg dann abseits: Aus Rücksicht auf den Bankenplatz wird hierzulande keine solche Steuer erhoben.
Unsere Regierung spart lieber bei Mindesteinkommen und Sozialleistungen … und verabreicht seinen Bürgern das falsche Medikament weiter.