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Der Sparwahn und die Folgen

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Dass die Luxemburger Regierung mit ihrer Austeritätspolitik ihren Beitrag zur Verschärfung der Finanz- und Wirtschaftskrise leistet, die wir der entfesselten Profitsucht verdanken, dürfte inzwischen außer Frage stehen.

Einige Minister gehen ja auf Distanz zu dem sogenannten Sparkurs, der nichts anderes ist als eine Würgeschlinge am Hals der mittelständischen Unternehmen. Diese leben nämlich von inländischen Aufträgen bzw. vom inländischen Konsum.

Alvin Sold asold@tageblatt.lu

Während erfolgreicher Jahrzehnte konnten viele Handwerks-, Handels- und Dienstleistungsbetriebe den Staat, die Gemeinden und andere öffentliche Institutionen zu ihrer verlässlichen Kundschaft zählen. Die Bestellungen waren regelmäßig und wachsend; man brauchte nicht um sein Geld zu bangen, auch wenn die Zahlung ihre Zeit nahm.

Seitdem die wegen der Staatsschuld verängstigten Koalitionspolitiker auf die forcierte Reduzierung des Budgetdefizits drängen, grassiert in den Verwaltungen die Tendenz, generell die Ausgaben zu kürzen, wo es halt geht.

Das ist natürlich nicht bei den Personal-, sondern bei den Konsumkosten der Fall, und sogar bei Investitionen, die verringert und/oder zurückgestellt werden. In eigener Sache möchten wir uns über die Spar-Streichung von Zeitungsabonnements und amtlichen Anzeigen ärgern.

Hat da jemand, hoch da oben, wo die Berufspolitiker-Luft so rein ist und alles Einkommen von selbst fließt, auch nur eine Minute einen Gedanken daran verschwendet, dass das vom Sparwahn der öffentlichen Hand geschädigte Gewerbe vielleicht dazu gezwungen wird, selbst zu sparen? Zumal die Steuern und Taxen rücksichtslos eingetrieben werden? Indem es entlässt?

Was dann, oh welch Absurdität!, zu Lasten der Allgemeinheit, der Staatskasse geschieht.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die rasend schnell steigende Arbeitslosenzahl größtenteils das Ergebnis der unsinnigen Politik dieser Regierung ist, die, anstatt sich auf die nationalen Interessen zu besinnen, auf dem EU-Parkett glänzen möchte und dafür so gern europäische Spitzenjobs annimmt.

Aber diese Luxemburger Fehlentwicklung wird so schnell nicht korrigierbar sein. Sie wurzelt nämlich in einer Eigenart, die nie thematisiert wurde, weil sie sich schleichend entwickelte. Ist jemandem aufgefallen, dass so gut wie keiner der Luxemburger Spitzenpolitiker jemals sein Brot in einem Privatbetrieb verdiente? Weder als Angestellter noch als Patron?

Typische Luxemburger Karrieren sind von Anfang an politische oder parapolitische. Man kommt von der Uni, man fällt einem Politchef auf, man tritt dessen Partei bei, wird rasch dies und das und dann, so, als wenn es die normalste Sache der Welt wäre, Abgeordneter, Minister, Staatsminister.

Pardon! Einigen, den ganz Großen, bleibt die Ochsentour via Parlament erspart; sie werden per Parteibeschluss in die Regierung katapultiert, wie jüngst die CSV-Hochschulministerin und vorher zahlreiche andere, darunter Juncker himself.

Ein derart vetternwirtschaftlich organisiertes System offenbart seine Schwächen jetzt. Da entscheiden solche über privatwirtschaftliche Zusammenhänge, die sie nur, bestenfalls, aus der Theorie kennen, aus Büchern, vom Hörensagen. Oder schlimmer noch, von Experten, deren Beruf es ist, Geld mit Ansichten und Gutachten zu Problemfällen zu verdienen, die sie studiert, aber nicht erlebt haben.

Das kann kein gutes Ende nehmen!

Die alten Tugenden

Wir wünschten uns, für den Wiederaufbau, die Rückkehr zu ein paar richtig Luxemburger Tugenden:

1. Man nehme sich die notwendige Zeit zum Finden der besten, allgemein akzeptierten Lösung, auch wenn das der exportorientierten Wirtschaft nicht passt. Luxemburg braucht den inneren Frieden und kann hier nur auf breitem Konsens stehen.

2. Man lasse der nicht exportorientierten Wirtschaft, den mittelständischen Betrieben mehr Luft zum Atmen. Vorrangig, indem der Konsum gefördert und die Verwaltung angewiesen wird, bei Steuer- und Taxenrückständen nur Forderungen zu stellen, welche realistisch sind.

3. Man kürze endlich die administrativen Prozeduren, die Investitionen hemmen und abtöten. Wie viele Arbeitsplätze, wie viel BIP könnte jetzt geschaffen werden, wenn, z.B., ohne Verzug mit dem Bau des Cactus Esch oder des neuen Hamilius begonnen würde?

Die beiden Paradebeispiele sind die Spitze eines gewaltigen Eisbergs, an dem laufend gute Projekte zerschellen. Schafft endlich die schnellen Wege, die vor jeder Wahl versprochen werden.

Es ist fünf vor zwölf, Leute!