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(Kein) Recht auf Wohnung?

(Kein) Recht auf Wohnung?

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In Art. 11, Nr. 1 der Internationalen Konvention über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 16. Dezember 1966 heißt es: „Die Teilnehmerstaaten dieser Konvention erkennen das Recht eines jeden auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie einschließlich angemessener (…) Wohnung (…) an.“
Obwohl das Recht auf eine Wohnung nicht im Grundrechte-Katalog des Grundgesetzes aufgeführt ist, wurde es in mehreren Landesverfassungen in der einen oder anderen Form festgeschrieben.

Das „Recht auf eine angemessene Wohnung“ sollte als das Recht auf eine eigene, abgeschlossene Wohnung in ausreichender Größe angesehen werden. Dazu gehören natürlich Möglichkeiten, am gesellschaftlichen – kulturellen, sozialen und politischen – Leben teilzunehmen. Das Menschenrecht auf Wohnung kann aber nicht durch die Unterbringung in Obdachlosenasylen, Heimen oder Behelfsunterkünften verwirklicht werden.

Natürlich wird dieses Recht dort zur Farce, wo Menschen aufgrund ihres Einkommens überhaupt keine oder nur geringe Chancen haben, eine angemessene und für sie bezahlbare Wohnung zu finden. Es wird aber auch dort zur Farce, wo die Preise für Wohnungen derart hoch sind, dass sich ein immer größerer Teil der Bevölkerung, selbst bei einigermaßen guten Löhnen im Vergleich zum benachbarten Ausland, eine eigene Wohnung nicht leisten kann. Beispiel Luxemburg.

Theorie und Praxis

Zur Verwirklichung dieses Rechts muss also zunächst die entsprechende materielle Basis geschaffen werden. Dazu gehört mindestens der Neubau von preiswerten Wohnungen – und zwar in beträchtlichem Umfang.

Und bereits an dieser Stelle kollidiert das in internationalen Konventionen, Landesverfassungen u.ä. festgeschriebene Recht auf eine Wohnung mit dem ebenfalls garantierten Recht, mit Hilfe von Wohnungseigentum Vermögen zu bilden und zu mehren.
Die Wohnung ist also – zumindest in unseren Breitengraden –
 ein menschliches Grundbedürfnis,
 ein bis zum heutigen Tag nicht verwirklichtes Menschenrecht und
 ein Mittel zur Erhöhung des Vermögens.

Welcher Stellenwert hier in Luxemburg jedem der drei Punkte eingeräumt wird, geht klar aus folgenden Szenarien hervor:
1) Der „Fonds du logement“ oder die „Société nationale des habitations à bon marché“ kaufen alte Häuser auf, wollen sie niederreißen oder umfassend neugestalten (siehe Beispiele in Colmar-Berg und Diekirch, um nur diese zu nennen), doch der SSMN („Service des sites et monuments nationaux“) bekommt plötzlich Wind davon, sieht in alten Gemäuern ebenso plötzlich unbedingt erhaltenswerte Bausubstanz. Die CSV-Kulturministerin klassiert … und schon ist es passiert. Die in solchen Fällen verlangte „rénovation douce“ kostet eine Unmenge an Geld, die genannten Gesellschaften haben dieses Geld nicht, und wenn ja, müssten sie die Unkosten auf die späteren Käufer oder Mieter abwälzen, was die Mieten und Preise natürlich in die Höhe treibt. Da der Staat das Geld für die Instandsetzung der klassierten Häuser ebenfalls nicht hat, fristen die Gemäuer über viele Jahre hinweg ein desolates Dasein und bleiben leer stehen. Kurzum: Von „billigem Wohnen“ kann nicht die Rede sein und die Betroffenen schauen weiter in die Röhre.
2) Eine Gemeinde im Norden des Landes trifft die Entscheidung, die kommunale Gebühr für leer stehende Häuser von 500 auf 1.500 Euro jährlich zu erhöhen. Es stellte sich nämlich heraus, dass die 500-Euro-Gebühr nicht hoch genug war, um die Eigentümer dazu zu bewegen, Mitmenschen in ihren unbewohnten Häusern Wohnraum zu bieten. Der CSV-Innenminister lehnte diese Gebühr jedoch ab, mit der Begründung, in der Höhe käme diese Gebühr einer Steuer gleich und die Gemeindeväter hätten nicht über Steuern dieser Art zu entscheiden.
Man darf gespannt sein auf das nächste CSV-Wahlprogramm …