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Luxemburgs Wahlherbst

Luxemburgs Wahlherbst

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Der Luxemburger Wahlherbst rückt immer näher. Ein Votum bietet den Wahlberechtigten immer die Möglichkeit, die bestehenden politischen Kräfteverhältnisse neu zu definieren.

Diesmal ist es allerdings spannender, weil die etlichen Skandale der vergangenen Monate und die dadurch um mehrere Monate vorgezogenen Parlamentswahlen einen Bruch mit der Routine darstellen. Welches arithmetische Resultat sich letztendlich ergeben wird, entscheiden die Wähler am 20. Oktober.
Dann wird sich auch zeigen, welche Koalitionen (zu zweit oder zu dritt) möglich sind und welche Parteien gestärkt bzw. geschwächt aus der Wahl hervorgehen werden. Nicht ändern wird sich jedoch das Luxemburger Wahlsystem, welches das Prinzip der Proportionalität (durch die Aufteilung in vier Bezirke und den Berechnungsmodus) leicht verzerrt und somit zugunsten der größten Partei ausfällt. Das erklärt, warum die CSV mit rund 38 Prozent der Stimmen im Jahr 2009 ganze 26 Sitze im Parlament ergattern konnte und nicht 23, was 38 Prozent der Gesamtanzahl von Sitzen in der „Chamber“ repräsentieren würde.
Doch das politische Kräfteverhältnis in einem Land wird nicht alleine durch das Wahlergebnis der verschiedenen Parteien bzw. die Sitzverteilung in der Abgeordnetenkammer definiert. So stellen Gewerkschaften und andere zivilgesellschaftliche Organisationen eine wichtige außerparlamentarische Macht dar, die nicht wegzudenken ist. Und in diesem Herbst wird im Großherzogtum nicht nur ein neues Parlament gestimmt.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

Wahlrecht für alle und Soziales

Am 13. November finden außerdem Sozialwahlen statt. Dann schicken die Gewerkschaften ihre Kandidaten für die Besetzung der Salariatskammer (CSL) und der jeweiligen Personalvertretungen in den Unternehmen ins Rennen. Auch dieses Votum spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der Schaffung von Kräfteverhältnissen in der luxemburgischen Gesellschaft. Auch wenn (durch die außerordentliche politische Situation aufgrund der vorgezogenen Wahlen) den Sozialwahlen bislang in der Öffentlichkeit nicht dieselbe Aufmerksamkeit gewidmet wurde wie den stark mediatisierten Parlamentswahlen, kann man nur hoffen, dass sie diese dennoch durch die zeitliche Nähe der beiden Abstimmungen beeinflussen werden.
Denn während die Idee des sogenannten Ausländerwahlrechts, welches das Abstimmungsrecht bei den Parlamentswahlen nicht mehr am Kriterium der Nationalität, sondern des Wohnortes festmachen würde, in politischen und wirtschaftlichen Kreisen zunehmend an Zustimmung gewinnt, ist das Wahlrecht für alle bei den Sozialwahlen bereits eine Realität. Am 13. November dürfen nämlich 400.000 in Luxemburg beschäftigte Arbeitnehmer und Rentner die 60 Mitglieder des Plenums der CSL bestimmen, und dies unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft oder ihrem Wohnsitz.
Abgesehen von den Kriterien für die Stimmberechtigung werden die Sozialwahlen aber auch unweigerlich soziale Fragen wie Mindestlohn, Index-Erhaltung und die Lohnpolitik im Allgemeinen in den Vordergrund rücken. Diese Diskussionen werden mit großer Wahrscheinlichkeit auf den parteipolitischen Wahlkampf abfärben und dadurch einen Beitrag zu einer politischen Debatte, die sich auf für Luxemburg wichtige Inhalte fokussiert, leisten.