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Eine Branche denkt um

Eine Branche denkt um
(dpa)

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Das Verkaufen traditionsreicher Qualitätsmedien an Milliardäre schürt Ängste. Eine Profession fürchtet sich vor dem Verramschen der stolzen Printerzeugnisse zu Niedrigstpreisen.

Washington Post, Newsweek, Boston Globe, Berliner Morgenpost und Hamburger Abendblatt: Die Mediendeals der vergangenen Monate ließen Journalisten um den Globus aufhorchen. Als sei der ohnehin steigende politische Druck auf die Pressefreiheit nicht groß genug – Großbritanniens Premier Cameron und die Zerstörung der Guardian-Festplatten lassen grüßen –, muss die Zeitungsbranche zurzeit eine Vielzahl von Herausforderungen bewältigen.

dsabharwal@tageblatt.lu

Als Erstes sei hier die konjunkturelle Flaute genannt. Sie wird oft von der Werbebranche als Vorwand genutzt, um Anzeigenpreise zu drücken. Oder um Kooperationen ganz aufzugeben und sich über PR-Fachfrauen und -männer in die redaktionellen Inhalte zu schleichen. Was zum Glück meistens scheitert. Dennoch sinken die für den Journalismus zur Verfügung stehenden Einnahmen massiv wegen besagter Rückzugstaktik. Eine weitaus komplexere Herausforderung ist jedoch mit dem branchenübergreifenden Wettbewerbsdruck verbunden.

Technologischer Fortschritt

Im direkten Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit und Werbegelder mit Suchmaschinenbetreibern und sozialen Netzwerken wird in den Redaktionen der Gürtel enger geschnallt. Hinzu kommt der technologische Fortschritt, der an einen kontinuierlichen Medienwandel gekoppelt ist. Im Zeitalter der Tablets und Smartphones müssen sich die Zeitungshäuser dieser Welt neu erfinden. Die Mär vom Ende des Journalismus sei aber an dieser Stelle endgültig aus dem Weg geräumt.

Blogger und Bürgerjournalisten mögen neue Diskussionsforen bieten. Algorithmen eröffnen ihrerseits nie da gewesene Arbeitsmethoden und führen zu einer intensiveren Verbreitung journalistischer Beiträge in der Online-Sphäre: In den innovativsten Häusern dieser Welt wird der „Data-Journalismus“ fleißig getestet. Aber all diese Innovationen sind auf professionell ausgebildete und kreativ arbeitende Menschen angewiesen. Diverse empirische Studien beweisen, dass der viel gepriesene „citizen journalism“ massiv bei den etablierten Qualitätsmedien abkupfert. Blogs sind wiederum nützlich, wenn es darum geht, Nischenpublika zu bedienen.

Eine ernsthafte Orientierung der Bürger kann jedoch nur durch eine die Komplexität reduzierende, kritische, relevante und vielfältige Berichterstattung geleistet werden. Dazu sind Blogger nicht in der Lage. Und müssen es auch gar nicht sein. Ein einzelner Journalist kann dies auch nicht. „Eierlegende Wollmilchsäue“ gibt es nicht. Stark aufgestellte Redaktionsteams sind dazu aber sehr wohl in der Lage. Deshalb stellt sich die Frage, ob die mehrheitliche Finanzierung über Anzeigenerlöse noch zukunftsfähig ist.

Das Zeitungsaufkaufen durch Milliardäre, von denen man sich erhofft, dass sie sich als Mäzene entpuppen, kann jeweils nicht eine globale Lösung für die Zeitungsbranche sein. Einer internationalen Entwicklung gilt es deshalb entgegenzuwirken – Qualitätsverluste bedingt durch knappe Ressourcen. Journalistische Qualitätseinbußen rächen sich. Nur ein qualitätsbewusstes Publikum, das seinem Medium vertraut, wendet sich nicht von ihm ab. Eine Studie der TU Ilmenau beweist es: „Entgegen weitläufiger Annahmen ist die Fähigkeit zur Qualitätsbeurteilung bei allen Mediennutzern in etwa gleich ausgeprägt.“ Man kann Lesern unabhängig von ihrem soziodemografischen Hintergrund in Sachen Nachrichtenqualität nichts vormachen.
Das motiviert.