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Gegen eine Intervention

Gegen eine  Intervention

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Die ganze Welt blickt auf Ake Sellström und seine UN-Waffeninspekteure in Syrien: Ihre Suche nach Spuren eines Chemiewaffeneinsatzes soll in der Frage nach einer militärischen Intervention entscheiden.

Und hier beginnen bereits die Probleme. Das Mandat der Waffeninspekteure sieht überhaupt nicht vor, die Täter zu identifizieren. Aber für alle am Konflikt beteiligten Parteien ist unabhängig von der Untersuchung bereits klar, an wessen Händen Blut klebt …

Die NATO-Achse um die USA schielt auf das Assad-Regime. Russlands Verbündete beschuldigen die syrischen Oppositionskämpfer, mahnen aber, zumindest auf die Ergebnisse der Waffeninspekteure zu warten. Dennoch sieht es danach aus, dass das internationale Völkerrecht wieder mit Füßen getreten wird. Die USA, Großbritannien und Frankreich scheinen den UN-Sicherheitsrat umgehen zu wollen. Dort sind es die zwei Veto-Mächte China und Russland, die mit ihrer zum Teil legitimen Blockadehaltung jegliche militärische Angriffe gegen Syrien verhindern – und gleichzeitig aber die banalsten Sanktionen und humanitären Forderungen torpedieren. Alleine hieran zeigt sich, dass das UNO-Organ seiner friedensstiftenden Rolle schon lange nicht mehr gerecht werden kann. Weltpolizei spielen noch immer die USA. Auch wenn Barack Obama nicht die gleichen hegemonialen Ansprüche wie George W. Bush vertritt, muss er sich im Falle einer Intervention die Kritik gefallen lassen, nicht anders als sein Vorgänger im Irak gehandelt zu haben.

Afghanistan, Irak, Libyen …

Auch dieser hat ohne rechtmäßige Basis ein Land überfallen und in den Abgrund gestürzt. Bleibt abzuwarten, ob die Waffeninspekteure und ihre Befunde respektiert werden. Niemand will erneut ein den Kriegstreibern in die Hände spielendes C-Waffen-Märchen aufgetischt bekommen.

Doch selbst im (unrealistischen) Fall einer rechtmäßigen, vom UN-Sicherheitsrat abgesegneten Intervention ist die militärische Gewalt keine sinnvolle und langfristige Lösung zur Befriedung Syriens – und der gesamten Region, die vom Zusammenbruch bedroht ist. Man erinnere sich an einige der „glorreich“ gescheiterten Interventionen der jüngeren Zeitgeschichte: Irak, Afghanistan, Libyen … Leidtragende sind und waren Zivilisten, die nach den Interventionen in Failed States zurückgelassen wurden und Extremisten zum Opfer fielen. Das Resultat der NATO-Gewalt lautet politische Destabilisierung und das Entfesseln terroristischer Kräfte in nie da gewesenen Dimensionen. Wie so oft sei daran erinnert, dass eigentlich das Gewaltverbot der UN-Charta das sinnvollste Prinzip der internationalen Diplomatie sein müsste.

Politische Verhandlungen, wie sie im Sinne der geplanten Genf-II-Konferenz vorgesehen sind, haben die größte Wirkung auf die Konfliktparteien. Sie verkleinern die Kluft zwischen den Veto-Mächten und nehmen jenen den Wind aus den Segeln, die Syrien als Stellvertreterkrieg zu ihren eigenen Gunsten instrumentalisieren. Und sie sind im Sinne der Zivilbevölkerung, verursachen sie doch keine Kollateralschäden – welch entwürdigender Begriff der Militärapparatschiks.

Demnach sind alle Verweise auf die völkerrechtliche „Schutzverantwortung“ und die Rechtsfigur der „humanitären Intervention“ im Falle Syriens mit größter Vorsicht zu genießen. Erstens, weil damit die Autorität der Vereinten Nationen weiterhin untergraben wird, wenn der UN-Sicherheitsrat umgangen wird. Zweitens, weil jede militärische (NATO)-Intervention letztlich der Verteidigung nationaler geopolitischer und wirtschaftlicher Interessen dient. Den eigenen. Nicht den syrischen.