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Wem gehört Luxemburg?

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Theoretisch gehört Luxemburg dem Staatsvolk, welches seine Vertreter in freien Wahlen wählt. In Wirklichkeit gehört Luxemburg aber der seit Jahrzehnten dominierenden Partei: Sie tut und lässt, was sie will.
Dem widerspricht überhaupt nicht, dass die CSV bislang in der vorzeitig abgebrochenen Legislatur „nur“ 26 von 60 Abgeordneten stellte.
Mit einem kleinen Koalitionspartner, der im Ernstfall pariert, lassen sich die gesteckten Ziele leichter erreichen als mit der absoluten Mehrheit. Das weiß ein alter Fuchs wie Juncker bestens.

Er stellt sich auf den Verlust von Restsitzen ein, die der CSV 2009 zufielen (es waren drei), und wird darin keine Niederlage erkennen, sondern eine Bestätigung.
Und sollte es so kommen, dass er in seiner melodramatischen Rolle des von den Sozis verratenen Landesvaters noch dazugewänne, was keineswegs auszuschließen ist, kann der CSV-Staat generalstabsmäßig gefestigt werden, sei es mit der DP oder den Grünen im Schlepptau.

Die, wie dieser Tage offensichtlich wird, keineswegs eine Dreierkoalition mit der LSAP als die einzige nach der Misswirtschaft und den Skandalen mögliche Lösung betrachten. Für eine solche wären 32 Mandate das absolute Minimum, und dieses Minimum wäre nur erreichbar, wenn das hypothetische Trio drei Sitze dazubekäme.
Die Ausgangslage lautet: 13 LSAP, 9 DP, 7 „gréng“, also 29.

Die LSAP hält nicht die besten Karten für den Sprung nach vorn. Ihr ist, während der Zeit, als sie nicht gegen die Austeritätspolitik der Juncker und Frieden aufmuckte, in der Gestalt der „Lénk“ ein Konkurrent entstanden, der, laut letzten Umfragen, auf Erfolgskurs fährt. Es bleiben den LSAP-Spitzen, allen voran dem Duo Schneider-Asselborn, nur noch wenige Tage, um mit glaubhaften Argumenten die vielen quasi verlorenen Wähler zurückzugewinnen, denen die Unterwürfigkeit ihrer Partei säuerlich aufstieß.

Bettel ist nicht Thorn, und Meisch ist nicht Mart. Die heutige DP möchte, und das ist nachvollziehbar nach neun Jahren auf der Oppositionsbank, an die Macht, aux affaires, wie der Franzose sagt. Deshalb äußern ihre Sprecher sich am liebsten zweideutig, in Wenn-und-Aber-Sätzen, die ihnen nicht anlastbar wären, wenn das Wahlergebnis sie in Richtung CSV triebe.

„déi gréng“ vergleichen sich gerne mit den deutschen Realo-Grünen, die im Saarland ohne Skrupel mit der CDU und der FDP eine Jamaika-Allianz gegen die erstgewählte Partei, die SPD, bildeten. Wie könnten sie Junckers Appell widerstehen, wenn er sie in sein Spiel einbezöge?

Obige Überlegungen gehen davon aus, dass große Teile der Wählerschaft weder Juncker noch Frieden, noch ihre Partei mit dem Niedergang des Luxemburger Einflusses in Europa, mit den roten Zahlen im Staatsbudget, mit der explodierenden Arbeitslosigkeit, mit der allgemeinen „Flemm“ in Verbindung bringen. Die CSV-Medien, zu denen man oft und öfter RTL zählen darf, stellen die politischen Fehlleistungen als Naturereignisse dar.

Es sind keine Naturereignisse, sondern logische Ergebnisse schlampiger Politik. Juncker steht breitbeinig da; er versucht den Spagat zwischen seinem europäischen und seinen luxemburgischen Träumen; er tanzt auf zwei Hochzeiten, hoffend, dass Merkel ihm 2014 die Van-Rompuy-Nachfolge anböte. Sein Vize Frieden laviert zwischen staatspolitischen Pflichten und Business-Lüsten. Er hat die große Welt bereist, er glaubt nicht mehr an das kleine, so schwer „reformierbare“ Luxemburg.

Schreiben Sie es!

Vor diesem Hintergrund erscheint die Empfehlung von OGBL-Präsident Reding an die Gewerkschaftsmitglieder (darunter einige Zehntausend Luxemburger Wahlberechtigte), nicht CSV zu wählen, angemessen und sinnvoll. Wer CSV wählt, wer diese Trittbrettfahrer-Partei der EU-Konservativen unterstützt, fördert die Umverteilung von unten nach oben, legt Hand an bei der Zerschlagung des Sozialstaates.

Offen bleibt aber, gerade nach Redings Statement, die Frage, wen, welche Partei der Gewerkschafter bzw. der Sympathisant wählen könnte, wählen sollte. Zu was engagierte sich die LSAP, wenn sie regierte?
Schreiben Sie es kurz und bündig in einem offenen Brief, Herr Spitzenkandidat Schneider, und lassen Sie Jean Asselborn gegenzeichnen.