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Den Fortschritt wählen

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Die Chance ist historisch: Nach dem frühzeitigen Aus der großen Koalition (hauptsächlich, wenn auch nicht nur, durch die von CSV-Ministern – allen voran dem Staatsminister – verantworteten Skandale bedingt) kann Luxemburg sich endlich vom Mief mehrerer Jahrzehnte befreien; sofern die wählenden Bürger dies denn wollen.

Die Beispiele, wie verkrustend sich die politische CSV-Vorherrschaft auf das Leben in Luxemburg auswirkt, sind Legion.

Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu

Gesellschaftspolitisch müsste Luxemburg endlich in die Realität des 21. Jahrhunderts hineinwachsen, müsste sich öffnen für neue Partnerschaftsformen (Stichwörter Homo-Ehe, Scheidungsrecht), sich öffnen für andere überfällige Reformen, die da heißen Trennung von Kirche und Staat, Modernisierung des Strafvollzugs, Drogenpolitik, die den Betroffenen hilft, statt sie zu kriminalisieren, Bürgerbeteiligung und Mitspracherecht auch außerhalb der Wahltermine, Informationszugang, Rolle der Monarchie … Dies alles geht nicht, oder nur unzureichend, mit den CSV-Konservativen, dies zeigten die vergangenen 35 Jahre, während denen Luxemburg abgehängt wurde, sich relativ zu anderen Staaten rück-, statt fortschrittlich entwickelte.

Keine Emanzipation der Bürger

Und nicht nur gesellschaftspolitisch ist ein CSV-geführtes Luxemburg kein emanzipatorisches Gefüge. Es ist vielmehr ein Land, in dem sich die Schere zwischen Arm und Reich weiter öffnet, ein Staat, der den Reichen gibt und den Benachteiligten weniger geben möchte (siehe Junckers Aussagen zu RMG-Empfängern und das christlich-soziale Wahlprogramm, das höhere Mehrwertsteuersätze vorsieht, sowie den programmatisch ausgedrückten Wunsch nach „selektiver“ Sozialpolitik).

Die gleichen Politiker, die in den Ländern Südeuropas eine neue Armut (inklusive Hunger, fehlender medizinischer Versorgung für ganze Bevölkerungsschichten und extrem hoher Arbeitslosenraten) durch blinde Sparpolitik mit provozierten, wollen nun erneut die Luxemburger Politik bestimmen.

Der OGBL, der in den letzten Jahren notwendigerweise zur größten außerparlamentarischen Opposition im Lande heranwuchs, rief auf, die CSV nicht zu wählen.

Dieser Aufruf war notwendig, die Strategie der sich gerne als staatstragend sehenden Partei ist eine der Angst und ihre Wirtschaftspolitik eine der Austerität.

Stabile Verhältnisse gebe es nur mit der Liste 8, so die landesweit plakatierte Aussage, die unterstellt, Luxemburg verfalle ohne CSV in Anarchie und Chaos.

Es wäre wohl nach ’74-’79, als das Land das letzte Mal aufatmen konnte, einen Versuch wert.

Frische Luft, Modernisierung der Gesellschaft und fortschrittliche Politik gibt es nur mit fortschrittlichen Parteien, und die stehen nicht rechts, nicht einmal in der Mitte.