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«Hues de e Problem?»

«Hues de e Problem?»
(dpa-Archiv)

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Über kaum ein Thema wird mehr diskutiert als übers Auto. Wie groß, wie stark, wie durstig oder auch nicht, wie viel Platz, Strom, hybrid, Diesel, Benziner, erdgasbetrieben, Lederausstattung, Navi, Sicherheit, Sound usw., usf.

Ob per Leasing, gar direkt bar, mit Karte oder Überweisung, neu oder gebraucht angeschafft, sie rollen – oder stehen – allesamt tagtäglich im Straßenverkehr.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

Jeden Morgen, jeden Abend meldet der Verkehrsfunk Staus auf unseren doch kurzen Autobahnen. Vier Kilometer hier, sieben Kilometer dort. Unfall hier, Unfall dort. Umleitungen, Straßensperrungen usw.

Und sollte es dann mal rollen, spätestens dann merkt man, welche Rolle der Faktor Zeit im Straßenverkehr spielt. Der Kreisverkehr zum Beispiel ist ein beliebter Streitpunkt merkwürdiger Verhaltensweisen. Da wird überholt, der Blinker ist lediglich Dekoration am Auto, es wird viel zu schnell gefahren und viele glauben, sie seien der absolute „Master of the roundabout“.

Weiter geht es Richtung Autobahn. Da wird gedrängelt, da werden wartende Autos gefährlich rechts und links überholt, mit dem Trugschluss, in der Autoschlange werde es schon eine Lücke geben, in die man ausscheren kann. Wenn nicht, dann gibt es ja noch die Hupe, den Stinkefinger, den Griff an den Kopf, das Geschreie durchs geöffnete Seitenfenster.

Genau hinschauen!

Und wenn dann jemand schreit „Hues de e Problem?“, dann kann man mit absoluter Sicherheit davon ausgehen, dass es sich bei diesem Schreihals keinesfalls um einen besorgten Mitbürger handelt, der sich aus reiner Nächstenliebe für die Probleme anderer interessiert und sich dieser annehmen möchte, sondern um einen Autofahrer, bei dem sich Frust und Aggressionen derart aufgestaut haben, dass er sie nicht mehr im Griff hat. Jeder Mensch, der sich selbst beobachtet, kennt Momente in seinem Leben oder im Laufe des Tages, in denen er Mühe hat, sich unter Kontrolle zu halten. Diese persönliche Hemmschwelle kann infolge von Belastungen wie Angst oder dem Gefühl, unfrei zu sein und unterdrückt zu werden, also durch seelische Belastungen verschiedenster Art, herabgesetzt sein. Aggression ist so gesehen eine Art von Notwehr, um sich zu schützen. Man weist Anlässe oder Probleme heftig zurück, weil man nicht mehr in der Lage ist, sich ihrer anzunehmen und sie zu verarbeiten.

Aggression ist heute für viele leider das einzige Mittel, um Aufmerksamkeit zu erlangen, denn Verhalten, an dem nichts auszusetzen ist, wird kaum bis gar nicht mehr zur Kenntnis genommen. Weder im Elternhaus noch in der Schule und ebenso wenig im Verein oder im Berufsleben!

Hat man reichlich Aggression aufgestaut, kommt irgendwann der Moment, wo – zum Beispiel – das Auto diesen Aggressionen zu gehorchen hat. Und dieses Aggressionspotenzial begegnet auf der Straße so manchen Sorgen, Ängsten und Nöten, die mit der zunehmenden sozialen Schieflage einhergehen, die sich in vielen Bereichen ausgebreitet hat. Der Kampf ist vorprogrammiert.

Alles schönreden hilft nichts. Die Aggressionen (nicht nur im Straßenverkehr) nehmen deutlich zu. Wer das leugnet, schaut nicht genau genug hin.