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Die dritte Macht

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„déi gréng“ verfügen in der Regierung zwar nur über drei Ministerien, darunter aber das wichtige Justizministerium. Seine Bedeutung erkennt man allein schon an der Tatsache, dass der zuständige Minister Félix Braz nur dieses Ressort verwaltet.

Liest man, was im Koalitionsabkommen darüber steht, ist es nicht verwunderlich, dass er nicht durch andere Nebensächlichkeiten abgelenkt wird.

Claude Molinaro cmolinaro@tageblatt.lu

„Modernisierung des Rechtsstaats“ ist das erste Kapitel lapidar überschrieben. Nicht mehr und nicht weniger. Dem Ministerium obliegen somit mehrere längst überfällige Reformen wie z.B. in Sachen Familien oder Strafrecht.

Vor allem soll das Justizwesen reformiert werden, was kein unbedeutendes Unterfangen ist. Die Unabhängigkeit der Justiz ist eine Bedingung „sine qua non“ in einem Staat, der sich demokratisch nennt. Die Justiz zu reformieren bedeutet, die Grundlagen unseres Rechtsstaats zu ändern. Unter anderem will die Regierung die Idee eines nationalen Justizrats weiterführen, der sich um die innere (Selbst-)Verwaltung des Justizapparates kümmern soll. Als der Gesetzentwurf von der vorigen Regierung ein erstes Mal vorgestellt wurde, liefen die Magistraten Sturm. Sie befürchteteten eine Politisierung der Justiz und sahen die Unabhängigkeit, die es doch zu wahren gilt, durch das Projekt in Gefahr. Auch die zweite Version, die im Februar vorigen Jahres vom damaligen Justizminister François Biltgen vorgestellt wurde, beruhigte die Magistraten nur bedingt.

Kritik der Magistraten

Das Regierungsprogramm nennt wenige Details, weder, was die Zusammensetzung noch, was die Kompetenzen eines Justizrats angeht. Es sollen ihm zwar mehrheitlich Magistraten angehören, aber auch Anwälte. Dieser Punkt hatte der „Groupement des magistrats luxembourgeois“ (GML) bereits als problematisch eingestuft, weil Magistrate so dem Druck von den Anwaltsbüros ausgesetzt werden könnten, die im Rat vertreten sind.

Ganz besonders aber wurden damals vom GML die eventuellen Kompetenzen des Justizrats kritisiert. In dem Projekt von François Biltgen war vorgesehen, dass der Rat auch für Klagen von Bürgern gegen Richter zuständig sein soll. Der GML kritisierte, dass so jeder gegen einen Richter klagen könnte, wenn er meine, dieser habe einen Fehler begangen. Angeklagte könnten so einen Prozess verschleppen.

Zu den Kompetenzen dieses Justizrats steht im Koalitionsabkommen: „Ses compétences feront l’objet d’une large concertation.“ Die Regierung scheint damit den Magistraten entgegenzukommen und bereit, die Kompetenzfrage zusammen zu klären.

Ihm komme es vor allem darauf an, dass die Justiz unabhängig arbeite, erklärte Félix Braz dem Tageblatt gegenüber. Das sei in Luxemburg zwar weitgehend der Fall, aber er strebe eine vollständige Unabhängigkeit gegenüber der Politik an. Das gehe mit weitgehenden Kompetenzen einher. Erst nachher soll man über die Zusammenstellung reden. Das sei zweitrangig.

Eine unabhängige Justiz ist im Interesse aller Bürger, genauso wie ein Justizrat mit weitreichenden Kompetenzen. Aber auch wenn ihre Kompetenzen geklärt und erweitert werden, könnte es schon noch von Bedeutung sein, wer dem Rat angehört. Es sind schließlich dessen Mitglieder, welche die Kompetenzen in der Praxis nutzen müssen, und hier geht es nicht um irgendeinen Verwaltungsrat, sondern um die dritte Macht im Staat.