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Es besteht Klärungsbedarf

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Auf den Frequenzen von Radio DNR wird zum 1. Februar noch kein neues Programm aufgeschaltet. Dies verlautete jetzt aus informierten Kreisen.

Das nationale Radioprogramm von Saint-Paul, DNR, trägt sich wirtschaftlich nicht mehr. Ende November 2013 erfolgte nun die Ankündigung, dass ab Februar 2014 in einem 50/50-Joint-Venture von Saint-Paul und RTL über das bisherige DNR-Sendernetz ein neues, von RTL produziertes französischsprachiges Programm mit RTL2-Versatzstücken ausgestrahlt werden solle. Das Vorhaben an sich wie auch die recht selbstbewusste Ankündigung desselben mit festem Startdatum im Februar lösten zahlreiche skeptische Reaktionen aus. Denn die Geschichte hat nicht nur einen Haken.

Das ursprüngliche DNR-Lastenheft sieht ein mehrheitlich luxemburgischsprachiges Programm vor: Kann dieser Sachverhalt so mir nichts, dir nichts dadurch umgangen werden, dass beim geplanten frankophonen Programm nachts ein paar Stunden auf Luxemburgisch gesendet wird, um den Auflagen gerecht zu werden? In einem Radio-100,7-Gespräch vor einigen Wochen machte RTL-Chef Alain Berwick keinen Hehl daraus, dass er dies als mögliche Praxis in Erwägung ziehe.

Neben der Sprachklausel stellte und stellt sich noch immer die Frage, ob das betreffende Sendernetz bei Aufgabe eines Programms und gleichzeitigem Wechsel der Eigentumsverhältnisse nicht öffentlich neu ausgeschrieben werden müsste. Und des Weiteren, welche Rolle in den Planungen die Hochleistungsfrequenz 107,7 MHz spielt, die bislang per separate Konzession von DNR genutzt wird, zusätzlich zum eigentlichen DNR-Netz (102,9/104,2/+94,3 MHz).

In den letzten Verlautbarungen von politischer Seite ging die Rede von „drei Frequenzen“. Ob damit das ursprüngliche DNR-Netz plus die noch nicht aktive 94,3 gemeint ist oder der jetzige Frequenzblock samt 107,7-Konzession, wurde nicht präzisiert. Auf Letzteren schielen die Antragsteller wohl eher.

Dies alles muss vor dem Hintergrund einer dritten, ganz entscheidenden Frage gesehen werden, die schon im November, kurz nach Bekanntwerden der Pläne, Corinne Cahen (DP) im Parlament stellte: Muss man sich nicht grundsätzlich Sorgen um die Radiovielfalt in Luxemburg machen, die das Mediengesetz vom 27. Juli 1991 ja eigentlich garantiert sehen möchte? In der Tat würde durch den DNR-RTL-Deal die ohnehin schon breitbandige Präsenz der RTL-Gruppe noch weiter ausgebaut, eine Quasi-Monopolstellung wäre die Folge – genau das, was durch die Rundfunk-Liberalisierung ab den 1990er Jahren eigentlich aufgebrochen werden sollte.

Zurzeit befasst sich die neu gegründete „Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel“ (ALIA) mit der Bearbeitung des Saint-Paul-RTL-Antrags – und es ist begrüßenswert, dass das Dossier etwas genauer unter die Lupe genommen und nicht einfach durchgewinkt wird.

Darf RTL alles, was es „besser“ kann?

Am 12. Januar äußerte sich ALIA-Präsident Thierry Hoscheit in einem Interview auf Radio 100,7 dementsprechend: „Das Dossier DNR/RTL muss neu aufgearbeitet werden.“ Auf die etwas provokative Frage des Redakteurs, ob die ALIA denn den Antrag noch rechtzeitig vor dem geplanten Programmstart werde gutheißen können, rückte Hoscheit die Verhältnisse zurecht: „Die Gesellschaften, die das Radio machen wollen, müssen sich nach dem Rhythmus der Autoritäten richten.“ Gewisse Genehmigungsprobleme seien nicht von der Hand zu weisen. – Und wenn das neue Programm denn doch auf Sendung gehen würde, ohne die Prozedur abzuwarten? Antwort: „Sie können das tun, werden dann aber die Konsequenzen tragen müssen.“

Wie sollte dies auch anders sein, sagt sich hier der Beobachter, schließlich leben wir ja in einem Rechtsstaat, dessen Einrichtungen uns vor Wildwest-Methoden schützen sollen.

„Fait accompli“ vs. korrektes Verfahren

Bleibt demnach zu hoffen, dass die ALIA als Genehmigungsinstanz das letzte – und vor allem richtige – Wort haben wird. Auch für den Fall, dass bei einem eventuellen „avis défavorable“ RTL bereit wäre, vorzupreschen und für das geplante französischsprachige Programm kurzerhand die eigene Frequenz 93,3 MHz vom deutschsprachigen Programm zu „klauen“.

Dieser von RTL-CEO Berwick für den „Notfall“ ebenfalls angedachte Schachzug ergäbe allerdings nur dann einen Sinn, wenn Richtdiagramm und Leistung dem neuen Zielgebiet angepasst würden. Und dies würde ein neues Koordinierungsverfahren nach sich ziehen.

107,7 als Schlüssel zu einer Teillösung?

Wie erwähnt, dürfte RTL besonders an der 10-kW-Frequenz 107,7 MHz interessiert sein. Dieses Interesse ist nicht neu, dachte der Gigant doch schon vor 20 Jahren an eine UKW-Ausstrahlung seines französischen Programms vom Sender Düdelingen aus.

Im Zuge der Liberalisierung der Radiolandschaft wurde daraus nichts – die Frequenz blieb vorläufig in der Schublade. Bis 1999 ausgerechnet DNR deren Nutzungsrecht erhielt.

Die Vermutung liegt also nahe, dass RTL jetzt die Chance wittert, dass umgekehrt, nach zig Jahren, doch noch ein Schuh draus werden könnte. Es kann nämlich durchaus sein, dass die Konzession für diese „fréquence à haute puissance“ in einer separaten Betrachtung nicht allen Auflagen des ursprünglichen DNR-Netzes entsprechen muss. Ergo: Hier, aber nur hier, dürfte dann ein rein französischsprachiges Programm ausgestrahlt werden.

Im Sinne eines gesunden Medienpluralismus – und nicht zuletzt auch, um eine unsinnige großflächige Mehrfachversorgung (102,9+107,7 MHz!) zu verhindern –, drängt sich jedenfalls eine Teilung des bisherigen DNR-Blocks auf. Der Spielraum für mehr Vielfalt und die Begrenzung von Monopolstellungen blieben somit halbwegs garantiert. Denn sollte das Frequenzpaket integral dem „RTL2Lux“-Projekt zugesprochen werden, könnte dies u.U. auch die Wettbewerbshüter der EU-Kommission auf den Plan rufen.

Für Mitte Februar sind weitere Unterredungen auf Ebene der ALIA bzw. mit den Antragstellern geplant. Dass es bis dann schon zu einer definitiven Entscheidung durch die Behörde kommt, darf bezweifelt werden. Doch mit Schnellschüssen ist in dieser Sache auch niemandem gedient. Ebensowenig wie mit selbstherrlichen Alleingängen.