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Auf dem falschen Gleis

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Nächste Woche wird eine entscheidende für die Zukunft des europäischen Zugverkehrs sein. Am 25. Februar soll das EU-Parlament nämlich in erster Lesung über das sogenannte vierte europäische Eisenbahnpaket abstimmen.

Was auf den ersten Blick technisch und kompliziert erscheinen mag, beinhaltet eine ganze Menge politischen Zündstoff. Die Gewerkschaften laufen Sturm und verweisen auf die Gefahren einer kompletten Marktöffnung auf der Schiene.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

Das Eisenbahnpaket sieht u.a. die Trennung zwischen Eisenbahnbetrieb und Infrastruktur vor. Das führt zu einer Fragmentierung und bedeutet folglich das Ende der integrierten Bahngesellschaften, wie auch die Luxemburger CFL eine ist. Zudem soll der Personenverkehr auf der Schiene vollständig liberalisiert werden, was die Tür für einen Ausschreibungswettbewerb groß öffnet sowie den öffentlichen Bahnverkehr unter Druck setzt und gefährdet.

Die Europäische Union stellt damit eindeutig die falschen Weichen. Sie fördert und fordert bereits seit etlichen Jahren das Voranschreiten der Liberalisierung (die oftmals den ersten Schritt zu einer Privatisierung darstellt) des Schienenverkehrs. Infolge der Liberalisierungspolitik wurden in Europa in den letzten zwei Jahrzehnten Hunderttausende Arbeitsplätze abgebaut und die sozialen Bedingungen der Beschäftigten haben sich oftmals verschlechtert. Die Weiterführung einer solchen Politik in einer Zeit steigender Arbeitslosigkeit und dramatisch hoher Jugendarbeitslosigkeit ist schlichtweg unverantwortlich. Gerade was den Schienenverkehr betrifft, gibt es vielsagende Präzedenzfälle. Das Beispiel England hat deutlich gezeigt, wie Liberalisierung und Privatisierung zu erheblicher Verschlechterung führen können.

Der Transport ist eine wichtige Dienstleistung und beinhaltet auch eine soziale Komponente. Die erwogene Trennung von Betrieb und Infrastruktur wird zusammen mit der geplanten Marktöffnung weitere negative Auswirkungen auf die Beschäftigung im europäischen Bahnverkehr sowie für die Arbeitsbedingungen der Angestellten haben, denn es ist mit Auslagerungen, einer Zunahme prekärer Arbeitsformen sowie steigendem Druck auf die Arbeitnehmer zu rechnen. Neben den sozialen Aspekten werden auch die Qualität des Angebots, die Preise und die Sicherheitsbedingungen durch eine solche Politik nicht verbessert. Im Gegenteil.

Nicht zu unterschätzen ist auch das Risiko der Rosinenpickerei. Liberalisierung und Privatisierungsstrategie enden nämlich damit, dass die privaten Unternehmen sich die potenziell rentablen Aktivitäten, die Profit generieren, herausnehmen und dem Staat dann der kostenaufwändige Rest überlassen wird.

Die EU sollte also zügig einen Richtungswechsel vollziehen. Die Liberalisierungspolitik bei der Bahn sollte außerdem nicht als isoliertes Problem betrachtet werden. Sie ist symptomatisch für eine unsoziale Politik, mit der die EU endlich brechen muss. Die Liberalisierung aus blinder Ideologie in allen möglichen Bereichen immer weiter voranzutreiben und zu forcieren, ist zweifelsohne der falsche Weg.

Soziale Politik statt neoliberales Credo

Das vierte Eisenbahnpaket ist demnach Teil einer generellen politischen Ausrichtung. Zu dieser Ausrichtung gehören ebenfalls die destruktive Austeritätspolitik sowie die sogenannten Strukturreformen, die zum Synonym für Sozialabbau geworden sind.

Anstelle eines irrsinnigen neoliberalen Credos müsste europaweit und auch in den EU-Institutionen auf die Wichtigkeit und die Stärkung der sozialen Dimension gesetzt und gepocht werden.