Headlines

Respekt und Gerechtigkeit

Respekt und Gerechtigkeit

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Neunzig Prozent: Das ist der Anteil der Arbeitnehmer im Reinigungssektor, die Frauen sind. Ein solches Bild zeichnet sich nur in sehr wenigen Wirtschaftbereichen ab.

Die über 9.000 Angestellten der Reinigungsbranche sind in ihrem Arbeitsalltag mit einer Reihe von Herausforderungen konfrontiert. Die Arbeitsbedingungen sind schwierig. Die Beschäftigten arbeiten oftmals Teilzeit, haben flexible Arbeitszeiten und erhalten Gehälter, die nur geringfügig über dem sozialen Mindestlohn liegen.

Michelle Cloos mcloos@tageblatt.lu

Die Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag sind komplett blockiert. Beim Reinigungspatronat finden die Angestellten kein Gehör und kein Verständnis für ihre Forderungen und Kritiken.

Im Kampf für die Anerkennung ihrer Berufserfahrung hatten die Reinigungkräfte vergangenes Jahr eigentlich einen deutlichen Sieg eingefahren. Das Gerichtsurteil vom 27. Juni 2013 entschied, dass eine Person nach zehnjähriger Berufspraxis im Bereich Gebäudereinigung ein Anrecht auf den qualifizierten Mindestlohn hat.

Das Urteil schaffte einen Präzedenzfall, der weitgehende Konsequenzen haben sollte. Doch bis heute sind die Löhne der langjährigen Beschäftigten des Reinigungssektors nicht nach oben angepasst worden.

Dass die Tausenden von Beschäftigten mittlerweile mit ihrer Geduld am Ende sind und für bessere Arbeitsbedingung und bessere Löhne kämpfen, ist folglich nicht nur nachvollziehbar, sondern ganz einfach notwendig.

Die gerechte Entlohnung und die Anerkennung der geleisteten Arbeit sind nämlich auch schlichtweg eine Frage des Respekts.

Die Vergessenen

Eine Frage des Respekts und der Gerechtigkeit ist auch – in einer ganz anderen Domäne – der Umgang mit den Flüchtlingen und Migranten in der EU. Wenn die Bewegungs- und Reisefreiheit innerhalb von Europa eine der großen Errungenschaften der Europäischen Union darstellt, so sterben dennoch jedes Jahr Tausende von Menschen vor den EU-Außengrenzen. Eine erschreckende Realität, die allerdings nicht die dementsprechende Aufmerksamkeit erhält.

Die Migranten sind sicherlich die großen Vergessenen. Sie haben keine mächtigen Lobby-Gruppen, die ihre Anliegen in Brüssel verteidigen. In den Ländern, aus denen sie zu flüchten versuchen, stehen sie vor einer völligen Perspektivlosigkeit. In ihrer Verzweiflung sind sie sogar dazu bereit, ihr Leben aufs Spiel zu setzen in der Hoffnung, es bis nach Europa zu schaffen. Jene, denen das gelingt, stehen schnell wieder vor der nächsten Enttäuschung. Denn sie finden sich dann als Außenseiter in einem fremden Land wieder, in dem sie oftmals nicht als hilfsbedürftige Menschen, sondern als lästiges Problem angesehen und behandelt werden. Auf dieses tragische Schicksal unzähliger Menschen und die dramatischen Folgen der EU-Flüchtlingspolitik machen derzeit über hundert Flüchtlinge und Migranten mit ihrem Protestmarsch von Straßburg nach Brüssel aufmerksam. Derzeit passieren sie übrigens in Luxemburg.

Egal in welchen gesellschaftlichen, politischen und sozialen Bereichen, es sind die Ideen von Respekt, Solidarität und Gerechtigkeit, die es ermöglichen, eine humane und erstrebenswerte Gesellschaft zu schaffen und am Funktionieren zu halten.