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Der Fluch der bösen Tat

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Die Angriffe am Sonntag und am Dienstag auf den Flughafen der pakistanischen Wirtschaftsmetropole Karatschi sind typisch für die Taliban und andere radikalislamische Erleuchtete: Das menschliche Leben hat a priori für sie keinen Wert.

Da sie im Namen ihres Gottes zu handeln vorgeben, maßen sie sich das Recht an, sich jederzeit zum Richter über Leben und Tod aufschwingen zu dürfen.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Für das pakistanische Regime bedeutet diese Attacke nichts anderes als den Fluch der bösen Tat. Seit Jahrzehnten haben die aufeinanderfolgenden Machthaber im „Land der Reinen“ die mörderischen Exzesse der Taliban billigend in Kauf genommen, weil ihnen diese Fanatiker im Kampf gegen Indien zuweilen sehr nützlich sein konnten. Die Islamisten führen zwar keine regelrechten Offensiven gegen die Nachbarn, doch durch ihre Aktionen und ihre schiere Präsenz schwächen sie die Stabilität der Grenzregion und halten die indischen Streitkräfte auf Trab.

Fans von Verschwörungstheorien glauben übrigens, hinter den Anschlägen von Karatschi die Hand Neu-Delhis ausmachen zu können, das die Taliban seinerseits dazu nutzen wolle, den moslemischen Erbfeind zu destabilisieren.

Friedensgespräche torpedieren

Pakistans Offizierskaste war lange Zeit der Ansicht, dass sie die Wilden aus den Bergen bei Bedarf lenken und kontrollieren könnte. Die Attacken von Karatschi haben aber einmal mehr deutlich gemacht, dass sich die Taliban in keiner Weise als Marionette irgendeiner fremden Macht verstehen und stets bereit sind, die Hand zu beißen, die sie füttert.

Und selbst wenn die nordwestlichen Stammesgebiete völkerrechtlich Teil Pakistans sind, heißt das noch längst nicht, dass die Taliban allein schon deswegen die Oberhoheit der pakistanischen Regierung anerkennen würden.

Pakistans Regierung hatte durchaus den Versuch gemacht, die Paschtunen aus den Stammesgebieten durch einen Friedensdialog an die Nation zu binden, doch könnte hinter den Attacken der letzten Tage durchaus die Absicht der radikalsten unter den Radikalen gestanden haben, eben diese Gespräche zu torpedieren.

Pakistans Streitkräfte und vor allem der mächtige Armee-Geheimdienst ISI („Inter-Services Intelligence“) haben im Hinblick auf die Radikalislamisten immer schon ein dreckiges doppeltes Spiel getrieben.

So hat im Ausland kaum jemand der Führung der Streitkräfte ihre Behauptung abgekauft, dass Osama bin Laden während Jahren unbehelligt im Schatten der Offiziersakademie von Abbottabad Unterschlupf finden konnte, ohne dass der ISI davon gewusst hätte.

Für die Stabilität und den inneren Frieden Pakistans jedenfalls sind die Anschläge der letzten Tage Gift. Und wenn die Taliban ankündigen, dass sie noch mehr und vor allem noch verheerendere Aktionen in Planung haben, steht zu befürchten, dass es sich dabei um mehr als bloße Aufschneiderei handelt.