Headlines

L’Union fait la force

L’Union fait la force

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Am Donnerstag schreiten die Schotten zur Urne. Es könnte durchaus sein, dass sie, ce faisant, das Ende des Vereinigten Königreiches und mithin auch jenes des Union Jacks, einer der neben der Stars and Stripes und der Trikolore schlechthin – nämlich der französischen – prominentesten Flaggen dieser Erde, besiegeln werden.

Die Entscheidung liegt allein beim schottischen Wählervolk, und wie immer auch die Urnen sprechen werden, das Resultat ist zu respektieren.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

Eine grundsätzliche Frage bleibt: Dient es dem Vereinten Europa, wenn sich verschiedene seiner Mitgliedsnationen in ihre ethnischen oder regionalen Bestandteile auflösen? Die zweisprachige Devise des belgischen Staatswappens, „L’union fait la force/Eendracht maakt macht“, gibt in dieser Hinsicht zu denken. Würde Europa gegenüber etwa dem globalen Hegemon USA stärker werden, wenn in Brüssel zusätzlich zu den heutigen Mitgliedstaaten künftig auch noch Katalanen, Basken, Sarden, Padanier, Flamen, Wallonen, Schotten, Bretonen, Freedonier und Syldavier am Verhandlungstisch mit Zähnen und Klauen für die Interessen ihrer Kleinstaaten ringen würden? Wohl kaum.

Selbst entscheiden

Ja, wir sind uns dessen durchaus bewusst: Aus der Feder eines luxemburgischen Mikrostaatlers ist diese Feststellung schon ein starkes Stück, „a little bit rich“.

Sei’s drum. Sicher: Die Basken etwa sind von Geschichte, Sprache und Kultur her viel eher als eigenständige Ethnie zu betrachten als die Luxemburger, die ein eher zufälliges (wenn auch gewiss nicht durchwegs uninteressantes) Gemisch aus Ardenner-Lothringer-Moselländer Bauern sowie italienischen und portugiesischen Migranten darstellen. Wobei Letzterer Beiträge zum örtlichen Genpool wenigstens den ärgsten Auswüchsen hinterwäldlerischer („département des forêts“!) Inzucht Linderung verschaffen dürften. Unser Land ist zudem ein von den damaligen Großmächten am Konferenztisch zusammengeknetzelter Zufall der Geschichte und kein über tausend Jahre gewachsener eigenständiger Kulturraum.

Nun gewiss. Aber es gibt uns nun mal als souveränen Staat. Als Gründungsmitglied der EU, das es bei aller Winzigkeit sogar bis in den UNO-Sicherheitsrat geschafft hat. Und nichts verpflichtet uns, allein weil wir so lütte wären, für die Zerstückelung bestehender Nationen zu plädieren. Vor allem ist diese unsere Existenz bestimmt kein Argument für die Ansicht, dass es Europa besser ginge, wenn es in jene Kleinstaaterei zurückfiele, die über Jahrhunderte der Schaffung eines Deutschlandes oder Italiens im modernen Sinne im Wege stand.

Jedenfalls ist es keineswegs ausgemacht, dass die Schotten, sobald das Öl einmal alle sein sollte, besser dastehen werden, als sie dies als ein weitgehend autonomes Volk innerhalb des Vereinigten Königreichs tun würden. Aber das UK ist begrüßenswerterweise eine Demokratie, und so haben die schottischen Wähler ihr Schicksal am morgigen Tag souverän selbst in der Hand.