Vieles gefällt uns, zweifellos auch die Risikobereitschaft, die Rot-Blau-Grün in vielen Bereichen zeigt, der Schwung, der in Dossiers wie Nationalitätengesetz, Wahlrecht für Ausländer, Heirats- und Scheidungsrecht kommt, und zweifellos auch die überfällige Trennung von Staat und Kirche.
" class="infobox_img" />Robert Schneider rschneider@tageblatt.lu
Einige neue Ideen – wie die Klimabank, die es auch sozial Schwachen erlauben soll, in nachhaltige Baumaßnahmen zu investieren, die prinzipielle Bereitschaft zur Befragung der Bevölkerung via Referenden, die Absicht, junge Menschen bereits mit 16 per früheres Wahlrecht an die Politik heranzuführen, und einiges mehr – gefallen und stoßen kaum auf ernst zu nehmende Kritik.
Dass, wie unsere vergangene Woche durchgeführte repräsentative Meinungserhebung zeigte, die Bevölkerung zurzeit nicht gerade auf Schmusekurs mit der Regierung ist, liegt an einem massiv und generell empfundenen «Ras-le-bol», was das gebetsmühlenartig wiederholte und von keiner Regierungspartei in Frage gestellte Credo des Sparens betrifft. Dies wird durch die Tatsache untermauert, dass die Werte der Regierung nach der Erklärung des Staatsministers vom 14. Oktober und nach dem Deponieren des Haushaltes einen Tag später weiter fielen.
So waren vor dem 14. Oktober 58 Prozent der Bevölkerung unzufrieden mit der Regierung, nach Bettels Erklärung waren es 65,8 Prozent. Auf die Frage, ob die Regierung das Land auf die Zukunft vorbereiten könne, meinten vor dem Stichtag 40,1 Prozent, sie könne dies nicht, nach der Haushaltspräsentation stieg dieser Anteil auf 48,5. Anders formuliert: Weniger als ein Drittel der Bevölkerung traut der Regierung zu, die Probleme Luxemburgs lösen zu können. Dabei verwiesen die beiden DP-Politiker Bettel und Gramegna voller Stolz darauf, dass Luxemburg – ganz Musterknabe – sein Defizit reduziere und den Haushalt innerhalb der kommenden Jahre ausgleichen werde. Fast hätte man meinen können, Luc Frieden habe den Posten des Finanzministers nie aufgegeben. Dass mittlerweile selbst LSAP-Politiker wie der ansonsten um sein linkes Image bemühte Innenminister Dan Kersch die Erhöhung der Mehrwertsteuer nicht mehr als unsoziale Maßnahme, die vor allem kleine Einkommen belastet, sehen, gibt nicht nur zu denken, sondern mag eine der Ursachen für den massiven Liebesentzug der bereits arg gebeutelten Bevölkerung sein.
Selbstredend sind die Staatsbeamten nicht gerade glücklich über die Abschaffung verschiedener Privilegien, doch dies allein erklärt nicht, warum die Ablehnung der aktuellen Politik so groß geworden ist.
Die Erklärung liegt vielmehr – und das zeigte der fünfte Teil unserer Umfrage mit übergroßer Deutlichkeit – in der 0,5-Prozent-Abgabe, die weder im Koalitionsabkommen erwähnt noch im Vorfeld mit den Sozialpartnern besprochen worden war. 71 Prozent der Bevölkerung lehnen diesen weiteren Einschnitt in die Einkommen der Menschen ab. Auch wenn dieses zusätzliche Geld, wie Familienministerin und Erziehungsminister in einer eiligst einberufenen Pressekonferenz zu erklären versuchten, für sinnvolle Methoden der Kleinkindbetreuung eingesetzt werden soll, ist dieses halbe Prozent der Tropfen, der das Fass offensichtlich zum Überlaufen brachte. Rot-Blau-Grün sollte den Stimmungswandel ernst nehmen.
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