In Aleppo will man als Erstes den Krieg «einfrieren». Es soll keine Sieger oder Verlierer geben. Damit sind ein Waffenstillstand oder eine politische Lösung aber immer noch nicht in greifbarer Nähe.
" class="infobox_img" />Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu
Nachdem seine Vorgänger Kofi Annan und Lakhdar Brahimi kläglich gescheitert sind und Genf-II zum Sinnbild dieses Scheiterns wurde, nennt De Mistura seinen Vorschlag das «only game in town». Ist dem aber wirklich so?
Jüngsten Berichten zufolge versucht Moskau – eines der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und langjähriger Unterstützer des Assad-Regimes –, Damaskus parallel zu einer politischen Lösung zu bewegen.
Während Beobachter bei De Misturas Plan befürchten, dass Assad seine frei werdenden militärischen Ressourcen in Aleppo auf andere Kriegsschauplätze verlagern könnte, will Russland den Druck auf die verschiedenen syrischen Konfliktparteien erhöhen – allen voran auf das Assad-Regime.
Aktuellstes Beispiel: die Reise des russischen Vize-Außenministers Michail Bogdanow nach Syrien, in den Libanon und die Türkei. Wladimir Putins Sondergesandter für Syrien hat diplomatischen Quellen zufolge dort für eine politische Lösung im Syrien-Konflikt geworben. Dass ähnliche Signale aus dem Iran, einem weiteren Verbündeten des Assad-Regimes, kommen, lässt ebenfalls aufhorchen.
Demnach ist es kein Zufall, dass die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini neuerdings in der Syrien-Frage auf Russland und auf den Iran zugehen will. Kurz nachdem De Misturas Plan bekannt wurde, hat sie dafür plädiert, dass das Verhältnis zum Iran durch mehr als nur das Nukleardossier charakterisiert sein sollte. Man sei grundsätzlich dazu bereit, mit allen regionalen und internationalen Akteuren in Kontakt zu treten, die einen Einfluss auf die syrischen Konfliktparteien
hätten.
Mit Hinblick auf die Ukraine-Krise wirken diese Aussagen wie diplomatische Schizophrenie, da die Sanktionspolitik gegen Russland eine solche Kooperation kaum vereinfachen dürfte. Aus EU-Sicht besteht zudem das Risiko, dass Teheran aus solchen Annäherungsversuchen Kapital bei den Atomverhandlungen schlagen will. Allerdings hat der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und die Angst vor Exil-Dschihadisten, die nach Hause zurückkehren, die Spielregeln und Strategien verändert.
Mittlerweile übt man sich in Schadensbegrenzung, um zu verhindern, dass Syrien und Irak zu «failed states» wie Libyen werden. Es gibt also nicht nur De Misturars Plan, der das einzige «game» ist, sondern eine Vielzahl von Plänen, die nicht wirklich vereinbar scheinen.
Im Gegensatz zu den weitsichtigen Äußerungen von Mogherini halten Frankreich und Großbritannien immer noch an einem Regimewechsel in Damaskus fest – was angesichts der ohnehin chaotischen Situation einem Freifahrtschein für den IS gleichkommt.
Bleibt abzuwarten, welches «game» die meisten Anhänger findet und ob die Kriegsparteien sowie Vermittler gemeinsame Spielregeln definieren können. Ansonsten darf sich der nächste UN-Sondergesandte bereits in die Reihe stellen.
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