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Stich ins Wespennest

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Zwischen 1990 und 1999 gab es das als "Förster-Affäre" bekannte Dossier, in das gleich zwei Journalisten verwickelt waren.

Sie stellten damals zahlreiche Vorfälle in den Wäldern Luxemburgs an den Pranger, mit dem Resultat, dass die beiden (es handelte sich um Tageblatt-Journalist Romain Durlet und um RTL-Journalist Marc Thoma) gleich von 63 Förstern vor Gericht gezerrt wurden. Die Prozessreihe endete in Straßburg, und dies zu Gunsten der Journalistenseite.

Roger Infalt rinfalt@tageblatt.lu

Damals hatten die beiden unzählige Beweise und Zeugenaussagen gesammelt, die klar und deutlich zeigten, was in Luxemburgs Wäldern wirklich los war. Zeugen sagten sogar vor Polizeibeamten aus, dass sie Abgaben an Beamten für jeden Baum leisten mussten, den sie pflanzen durften. Einer sprach davon, dass er in einem Jahr gleich 200.000 neue Bäumchen für den Förster X pflanzen konnte, unter der Bedingung, dass der Uniformierte einen Luxemburger Franken pro Baum erhielt.

Die Unterlagen liegen uns heute noch immer vor und beim Durchwandern mancher Wälder in den vergangenen Tagen kam uns dieses Dossier wieder in den Sinn. Vielerorts fanden wir umgesägte Bäume ohne Erkennungsnummer («Marteau de l’Etat»), wir begegneten Privatleuten mit Kettensägen, die Holz von Gemeinden bzw. Förstern gekauft haben sollen, wir trafen (vor allem belgische) Transportunternehmen, die irgendwo in einem Waldweg oder an Straßen entlang Baumstämme aufluden, und das sogar am Samstag- oder Sonntagmorgen, ohne die Anwesenheit eines «Kontrolleurs».

Nun will man uns weismachen, dass es sich hier um private Wälder handelt, in denen der Besitzer tun und lassen kann, was er will (was zudem so nicht stimmt), doch in vielen Fällen, die wir festgehalten haben, handelt es sich ganz deutlich um gemeindeeigene Wälder bzw. um Staatswälder.

Wir wollen und können zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Finger auf den einen oder anderen Verantwortlichen zeigen (ein genereller Verdacht liegt uns wirklich fern), doch nach ersten Berichten, die wir in den letzten Tagen im Tageblatt veröffentlichten, reißen die Informationen, die wir von Privatleuten, aber auch aus den Reihen von Forstarbeitern und Förstern erhielten, nicht ab. «Hier wird Geld mit Holzhandel gemacht, der komplett an der Kontrolle vorbeigeht, die eigentlich von Gesetzes wegen bestehen müsste», meinte ein Forstarbeiter am Samstag. Ein weiterer Kommentar eines Beamten lautete in etwa so: «Über verschiedene Vorgehensweisen wird von Amts wegen der Mantel des Schweigens gelegt. Die Kontrollorgane sprich Autoritäten schlafen. Warum das so ist, weiß ich nicht. Es gibt sicherlich Gründe dafür, doch die möchte ich aus Angst vor einer Entlassung nicht näher erläutern.»

Im Laufe weniger Tage haben wir viele Aussagen erhalten, die alle in die gleiche Kerbe schlagen. «In Luxemburgs Wäldern tut (fast) jeder das, was ihm gerade in den Sinn kommt und … was ihm am meisten Geld einbringt!» Der Steuerzahler schaut einmal mehr in die Röhre, denn erstens wird allem Anschein nach des Öfteren Holz auf eher dubiose Weise verhökert, andererseits werden öffentliche Gelder gebraucht, um Neuanpflanzungen vorzunehmen. In beiden Fällen ist der Steuerzahler der Gelackmeierte.

Wir sind uns bewusst, dass wir jetzt in ein Wespennest gestochen haben, wir (und längst nicht wir allein) sind uns aber auch bewusst, dass es so nicht weitergehen kann.