Den Hardlinern und Siedlern hat er versprochen, dass es im Falle seiner Wiederwahl zu keiner Zwei-Staaten-Lösung kommen wird. Was im Kern stimmt und eine bodenlose Frechheit ist, dürfte aber in Wirklichkeit glücklicherweise nicht so glatt ablaufen. Der Populist hat zwar bislang alles dafür getan, um den Friedensprozess im Nahen Osten mit Füßen zu treten. Gleichzeitig kann er es seinem extremsten und damit gefährlichsten Wählersegment nicht einmal recht machen: Zu groß ist der Druck der internationalen Gemeinschaft auf Israel, die Zwei-Staaten-Lösung und somit die Friedensgespräche wiederzubeleben.
" class="infobox_img" />Dhiraj Sabharwal dsabharwal@tageblatt.lu
In Europa wächst etwa die Bereitschaft, Netanjahus Kolonialpolitik, die an fortschreitende Siedlungen gekoppelt ist, mit Sanktionen zu begegnen. Auch der US-Regierung von Präsident Barack Obama reicht es, von «Bibi» vorgeführt zu werden, obschon ihr aus innenpolitischen und wahltaktischen Gründen die Hände gebunden sind … Allerdings spricht es Bände, dass Obama Netanjahu gestern nicht einmal persönlich gratulierte, sondern diese undankbare Aufgabe seinem Außenminister überließ.
Wie verlogen Netanjahus bisherige Politik und vor allem sein Wahlkampf waren, veranschaulicht zudem die nüchterne Analyse des Generalsekretärs der Arabischen Liga. Niemand sollte im Ernst daran glauben, dass Netanjahu die Zwei-Staaten-Lösung wirklich komplett von der Agenda genommen habe, so Nabil el-Arabi. Er habe lediglich versucht, die extremen Wähler für sich zu gewinnen. Dem kann man nur beipflichten, denn Netanjahu verfolgt eine politische Vision, für die es keine Grenzen in Sachen rechte Ideologie gibt. Aber genau dies macht ihn so brandgefährlich. Einerseits spielt er mit den Interessen seiner Wähler und vermittelt somit den Eindruck, dass er irgendwann wieder vernünftig handeln könnte, da er «nur» Wahlkampf betreibt. Andererseits ist er tatsächlich zu allem bereit, um seine Macht der straffreien, entwürdigenden und militarisierten Politik zu zementieren: Selbst am Wahltag hat er gegen arabische Israelis Ressentiments geschürt und die rassistische Stimmung im Land angeheizt. All dies, um eine Wahl zu gewinnen und ein Land zu regieren, das er in einen innen- wie außenpolitischen Scherbenhaufen verwandelt hat.
Selbst wenn Netanjahu viele Wähler am Ende durch seinen Angst-Diskurs für sich gewinnen konnte, bestehen die sozialen und wirtschaftlichen Probleme im Land weiterhin. Aber auch die Nachbarschaft Israels ist unter seiner Herrschaft nicht sicherer geworden. Über 2.200 mehrheitlich palästinensische Zivilisten wurden im letzten Gaza-Krieg getötet – Elend, Leid und Radikalisierung auf dem kleinen, zerstörten Flecken Land sind das Verdienst Netanjahus, der all den Hardlinern von Hamas, Hisbollah und den Muslimbrüdern in die Hände gespielt hat.
Dass «Bibi» die Ängste der Menschen ausnutzt, aber über die Ursprünge dieser Angst – die von ihm selbst provozierte Gewalt – hinwegtäuscht, ist nicht nur feige und zynisch, sondern die brandgefährliche Realpolitik eines Blenders.
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