Headlines

Zukunft der Banken

Zukunft der Banken
(Alain Rischard/editpress)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0.99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Die Welt verändert sich. Banken stellen sich die Frage, ob sie in Zukunft noch Geld verdienen werden. Sie sehen sich einer Gefahr durch sogenannte „disruptive technologies“ ausgesetzt. „Disruptive“ kann mit störend, spaltend, Unruhe stiftend oder zerstörend übersetzt werden.

Christian Muller cmuller@tageblatt.lu

Gemeint sind die Angebote neuer sogenannter FinTech („financial technologies“)-Unternehmen. Diese bieten dem Verbraucher neue, einfache Finanzdienstleistungen: etwa direkt über das Internet einen Kredit aufnehmen, mit dem Smartphone im Supermarkt bezahlen oder mittels Crowdfunding ein Projekt finanzieren. Die Banken verdienen an all dem nichts mehr.

Auch die großen US-Technologiekonzerne wie Apple, Facebook oder Google interessieren sich mittlerweile für das Geschäft mit den Bankdienstleistungen. Sie haben die technologischen Kenntnisse und hunderte Millionen Kunden. Sie könnten das Überweisen von Geld zwischen Kunden ermöglichen oder günstige Kredite für ihre Kunden aussuchen, indem sie die Angebote der Banken vergleichen.

Die Banken sind sich der Gefahr bewusst. Großbanken haben eigene Abteilungen gegründet, um die Entwicklung zu analysieren. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Laut internationalen Studien haben sich 40 Prozent von ihnen zum Einrichten eigener Firmeninkubatoren entschieden, während sich je 20 Prozent zur Errichtung von spezialisierten Fonds oder Partnerschaften mit Start-ups entschieden haben.

Auch der Finanzplatz Luxemburg will nicht überrascht werden. Die BGL BNP Paribas betreibt ihren eigenen Firmeninkubator. Die BIL will eine Rolle als Vermittler zwischen jungen Unternehmen und möglichen Investoren einnehmen. Themen wie Innovation und Erneuerung der IT-Systeme sind an der Tagesordnung. Die diesjährige ICT-Spring-Konferenz mit mehreren tausend Besuchern stand unter dem Motto „FinTech“. Jeder will die Gefahr als Chance sehen – und im Idealfall die Zukunft mitgestalten. Finanzminister Pierre Gramegna hat FinTech zu einer Priorität erklärt. Das Wirtschaftsministerium will einen „seed fund“ zur Finanzierung von Start-ups mit aufbauen. Die Promotionsagentur Luxembourg for Finance hat einen Standort-Luxemburg-FinTech-Werbefilm veröffentlicht.

Dennoch spielt Luxemburg kaum eine Rolle in der Branche. Weltweit wurde letztes Jahr eine Rekordsumme von zwölf Milliarden Dollar in FinTech investiert. Der Großteil (rund 80 Prozent) der Investitionen wurde in den USA getätigt. In Europa liegt Großbritannien an der Spitze. Die Nummer eins der Eurozone sind die Niederlande.

Zwei Argumente werden immer wieder erwähnt, warum Luxemburg nicht mit London mithalten könne: In Luxemburg – wie auch in der Großregion – herrsche ein Mangel an Spezialisten. Zudem gebe es ein Problem mit der Finanzierung: Wer bietet einem Start-up (das keine Immobilie als Kreditgarantie bieten kann) eine halbe Million, um den Erfolg einer Idee zu testen?

Dabei ist das Umfeld in Luxemburg wie geschaffen für FinTech: Das Land zählt über 140 Banken und ist der zweitgrößte Fondsplatz der Welt. Viel wurde in Infrastruktur, Datenspeicher und Sicherheit investiert. Einige internationale Größen wie Paypal oder Yapital (Bezahldienst der Otto-Gruppe) haben ihren Sitz hierzulande. Es entstehen neue Netzwerke, eine eigene FinTech-Gemeinde. Luxemburg muss nun seine eigene kleine Nische innerhalb des FinTech-Bereichs finden. Vielleicht eine vorbildliche Reglementierung für das Crowdfunding?